Stadtstaaten Italiens
Die italienischen Stadtstaaten waren zahlreiche unabhängige Staaten, welche auf dem Territorium des heutigen Italiens existierten. Jene Stadtstaaten entstanden in der Spätantike, überdauerten das Mittelalter und schlossen sich im 19. Jahrhundert zu einem Nationalstaat zusammen.
Während des Mittelalters war die italienische Staatenwelt kulturell, wirtschaftlich und politisch geteilt. Viele Stadtstaaten wurden zu Handelsrepubliken, Seemächten oder Herzogtümern mit eigener Agenda. Jener Wettbewerb beflügelte die Renaissance, den Humanismus, bewirkte aber auch – dass Italiens Stadtstaaten gegenüber dem Norden militärisch zurückhingen.
In der italienischen Geschichte wird die Bestrebung zur Auflösung der autonomen Stadtstaaten und zur Schaffung eines Nationalstaates als Risorgimento bezeichnet.
Inhalt
- 1 Steckbrief
- 2 Was waren die italienischen Stadtstaaten
- 3 Wie entstanden die italienischen Stadtstaaten
- 4 Welche Sprache sprach man in den italienischen Stadtstaaten
- 5 Welches waren die wichtigsten italienischen Stadtstaaten
- 6 Wofür waren die italienische Stadtstaaten bekannt
- 7 Warum verloren die italienischen Stadtstaaten an Bedeutung
- 8 Was kam nach der italienischen Staatenwelt
Steckbrief

italienische Stadtstaaten im 15. Jahrhundert (Renaissance)
Bedeutung: | Epoche in der Geschichte Italiens |
Zeitraum: | 10. bis 19. Jahrhundert |
Vorgänger: | Antike: Römische Reich, Weströmische Reich Frühmittelalter: Barbarenreiche |
Nachfolger: | Königreich Italien (1861) |
Was waren die italienischen Stadtstaaten
Die italienischen Stadtstaaten waren mehrere Kleinstaaten, welche auf dem Staatsgebiet des heutigen Italiens existierten. Einige dieser Stadtstaaten entstanden am Ende der Antike, blühten während des Hochmittelalters auf und hatten während der italienischen Renaissance ihren kulturellen Höhepunkt erreicht. Sie überdauerten die Moderne und schlossen sich 1861 zum Königreich Italien zusammen. Jenes Königreich war der erste Nationalstaat in der Geschichte Italiens.
Wie entstanden die italienischen Stadtstaaten
Die italienische Staatenwelt entstand im Zuge des Untergangs Westroms am Ende der Antike. Zunächst entstand auf der italienischen Halbinsel das Ostgotenreich, welches aber von den Byzantinern erobert wurde.
Politische Teilung Italiens
Nach dem Gotenkrieg (553/54 n.Chr.) konnten die Byzantiner das Gebiet nicht halten. Und so fielen die Langobarden in Norditalien ein und errichteten dort ebenfalls ein germanisches Stammesreich.
Im Süden Italiens breiteten sich die Vandalen aus, welche ihr Reich bis ins 6. Jahrhundert halten konnten.
Erst im 8. Jahrhundert eroberte Karl der Große das Langobardenreich im Norden Italiens und integrierte dieses ins Karolingerreich (Frankenreich).
Im Jahr 756 entstand in Mittelitalien der Kirchenstaat. Jener Staat berief sich auf eine Schenkungsurkunde, welche der Frankenkönig Pippin III. (Vater Karls) ausgestellt haben soll.
Durch die Pippinsche Schenkung erhielt der Papst das Recht, eigene Ländereien zu besitzen und zu verwalten. Außerdem trat der Papst als Lehnsheer auf, welcher Territorien des Kirchenstaates an weltliche Fürsten vergeben konnte. Im Gegenzug schworen die Lehnsmänner dem Papst ihre Gefolgschaft.
Als dann das Frankenreich im Jahr 843 n. Chr. (Vertrag von Verdun) geteilt wurde, ging Norditalien an das Ostfrankenreich.
Aus dem Ostfrankenreich ging 962 das Heilige Römische Reich hervor. Erster Kaiser dieses Reichs war Otto der Große. Auch dieser Kaiser sicherte dem Kirchenstaat seinen Schutz zu. Demnach war die Kaiserkrone des Heiligen Römischen Reiches ganz eng mit dem Papst und dem Kirchenstaat verknüpft. Sämtliche Kaiser erhielten ihre Legitimation erst durch die Krönung des Papstes.
Streben nach Autonomie
Da in ganz Italien noch die römischen Handelswege existierten, bestand ein reger Informations- und Warenaustausch zwischen den Gemeinden. Gleichzeitig war Italien durch die Alpen im Norden geschützt und war somit isoliert von der kaiserlichen Macht. Außerdem haben auch die römischen Verwaltungsstrukturen überdauert, wodurch lokale Selbstständigkeiten entstehen konnten.
Norditalien gehörte rechtlich zum Heiligen Römischen Reich und wurde als Reichsitalien bezeichnet. Die Kaiserkrone des Reiches wurde aber immer an deutsche Herrscher vergeben, weshalb Norditalien zunächst auf mehr Mitbestimmung und später auf Autonomie drängte.
Die Alpen schützten Norditalien vor einer Invasion der römisch-deutschen Kaiser, weshalb es zu einer zunehmenden Selbstverwaltung kam. Gleichzeitig drängten die Kaiser darauf, ihre Kontrolle und Einfluss in Italien zu stärken.
In Mittelitalien übte der Kirchenstaat seinen Einfluss aus, welcher je nach Papst und Kaiser mal mehr und mal weniger mit dem Heiligen Römischen Reich im Einklang agierte.
Viele Staaten drangen nach der wirtschaftlichen Selbstständigkeit nun auch auf politische Autonomie.
Erste Staaten entstanden in Norditalien (Mailand, Venedig, Bergamo, Brescia, Bologna oder Padua). Im Jahr 1167 gründeten die Städte in Norditalien den Lombardischen Bund, um sich gegenüber den Kaiser des Heiligen Römischen Reiches zu behaupten.
Südlich des Kirchenstaates entstand bereits im 7. Jahrhundert das Herzogtum Neapel als byzantinische Provinz. Regiert wurde die Provinz von einem militärischen Befehlshaber und wurde recht schnell zu einem unabhängigen Staat (de-facto Herrschaft).
Welche Sprache sprach man in den italienischen Stadtstaaten
Die italienische Sprache gehört zu den romanischen Sprachen, welche aus dem Lateinischen heraus entstand.
Mit dem Untergang des Weströmischen Reiches (476 n.Chr.) wurde die Lateinische Sprache als Amtssprache weitergeführt. In der Bevölkerung entwickelte sich eine Vulgärsprache, welche als Vulgärlatein (lateinisch: volgare = zum Volk gehörend) bezeichnet wird. Diese unterschied sich deutlich vom Hochlatein als Gelehrtensprache.
Aus diesem Vulgärlatein entwickelte sich die romanische Sprachfamilie, welche regional noch unterschiedlich war. So unterschied sich das toskanische Vulgärlatein in Mittelitalien vom Ligurischen oder vom Lombardischen.
Erst den Humanisten (Dante Alighieri, Giovanni Boccaccio) gelang es im 14. Jahrhundert, eine einheitliche italienische Literatursprache zu etablieren. Diese überwanden den regionalen Dialekt (Toskanisch), legten das Sprechlatein ab und etablierten eine Volkssprache für Italien. Zuvor sprach man:
- Toskanisch in Florenz und der Toskana (Mittelitalien)
- Emilianisch und Romagnolisch in der Emilia-Romagna (Norditalien)
- Ligurisch in Ligurien (Nordwestitalien)
- Venezisch in Venetien (Nordostitalien)
- Lombardisch in der Lombardei (Norditalien)
- Piemontesisch im Piemont
Alle diese Regionalsprachen haben ihren Ursprung in der Italo-romanische Sprachen, welche Dante Alighieri als Si-Sprache bezeichnete (abgeleitet vom italienischen Si für ja). Nach dem Renaissance-Humanismus (14. und 15. Jahrhundert) etablierte sich das Neuitalienische zunehmend. Und nach der italienischen Staatsgründung (1861) wurde die Vereinheitlich der Sprache systematisch vorangetrieben.
Welches waren die wichtigsten italienischen Stadtstaaten
Während der Frühen Neuzeit wurde die Politik Italiens weitestgehend durch fünf große Stadtstaaten bestimmt. Diese waren:
- die Republik Florenz
- das Herzogtum Mailand
- die Republik Venedig
- der Kirchenstaat und Rom
- das Königreich Neapel
Republik Florenz
Die Republik Florenz war das Zentrum der Wollindustrie, später des Bankwesens und der Kultur. In Florenz begann die Frührenaissance und es war Zentrum des Humanismus.
Republik Venedig
Die Republik Venedig ging immer einen Sonderweg in der italienischen Staatenwelt. Nach dem Zusammenbruch der antiken Welt wurde Venedig eine Provinz des Byzantinischen Reiches und später eigenständig.
Die Kontakte zu den Byzantinern behielt Venedig allerdings. So bestand ein andauernder Seehandel zwischen Konstantinopel und Venedig, wodurch orientalische Waren nach Europa kamen. Und Venedig hatte das Handelsmonopol auf diese Waren.
Unter den italienischen Stadtstaaten galten die Venezianer als griechisch-geprägte. Mit griechisch war byzantinisch gemeint, da die griechische Kultur im Byzantinischen Reich überlebte und fortbestand. So wurde auch die Renaissancekunst Venedigs von den Florentinern als griechisch herabgewürdigt.
Herzogtum Mailand
Das Herzogtum Mailand wurde bis 1447 von den Viscontis regiert, welche sich in einer Abstammungslinie zu den Langobarden sahen. Nach dem Tod des letzten Visconti regierten die Sforzas das Herzogtum. ´
Das Herzogtum umfasste die Lombardei, sowie Teile von Piemont, Venetien, Emilia-Romagna und der Toskana. Es war ein Zentrum der Ingenieurskunst, Metallverarbeitung und Kunst.
Zwischen dem Norden Italiens (Mailand) und Mittelitaliens (Toskana, Florenz) bestand ein ständiger Kulturkampf. So versuchten die Viscontis und Sforzas stets ihren Einfluss auf Staaten Mittelitaliens auszudehnen. Diese gehörten aber zur Einflusssphäre der Republik Florenz.
Kirchenstaat
Der Kirchenstaat erhielt seine Legitimation durch die Pippinsche Schenkung, welche bei der Kaiserkrönung Otto I. im 962 bestätigt wurde. Demnach trat das Heilige Römische Reich als Schutzmacht des Kirchenstaates ein.
Viele weltliche Herrscher waren um die Gunst des Papstes bemüht, da dieser einen Herrscher anerkennen oder als illegitim erklären konnte. Falls ein Herrscher vom Papst als unrechtmäßig bestätigt wurde, war dies ein Zeichen an dessen Nachbarn, das Land erobern zu dürfen.
Außerdem rief der Papst zu den Kreuzzügen auf, welche nicht nur ins Heilige Land stattfanden. So rief bspw. Papst Martin IV. im Jahr 1284 zum Aragonesischen Kreuzzug gegen König Peter III. von Aragón auf. Weitere Mittel des Papstes seine Macht durchzudrücken, waren der Kirchenbann.
Königreich Neapel
Das Königreich Neapel entstand infolge der Vesperkriege von 1282 bis 1302. Zuvor gehörte Neapel zum Königreich Sizilien, welches den ganzen Teil Süditaliens umfasste.
Regiert wurde Sizilien bis dahin von den Staufern. Aber nachdem Kaiser Friedrich II. im Jahr 1250 starb, fiel das Heilige Römische Reich in eine Krise.
Der damalige Papst Clemens IV. wollte die Krise nutzen, um die Staufer aus Süditalien zu vertreiben. Deshalb versprach er dem Franzosen Karl von Anjou (Bruder von König Ludwig IX. von Frankreich) das Gebiet in Süditalien. Daraufhin eroberten die Franzosen das Königreich Sizilien im Jahr 1268.
Während der Anjou-Zeit kam es dann zu Aufständen, welche durch den König von Aragon und den Staufern angetrieben wurden. Der Vesperaufstand sorgte dafür, dass das Königreich Sizilien zweigeteilt wurde. König Karl I. von Anjou wurde erster König von Neapel.
In der Folge kam es immer wieder zu Konflikten um die Erbfolge in Neapel, welche sich schließlich in den Renaissancekriegen von 1494 entluden.
Das Königreich Neapel war berühmt für seine Kunstförderung, durch seine Literatur, Musik und Philosophie. Die Stadt Neapel (Hauptstadt) war im Spätmittelalter eines der belebtesten Orte weltweit.
Wofür waren die italienische Stadtstaaten bekannt
Die ganze italienische Staatenwelt war über das Mittelalter bis zum Ende der Moderne politisch geteilt. Vereint waren die Menschen dennoch in ihrer Kultur und der gemeinsamen Vergangenheit. Insbesondere die ruhmreiche Vergangenheit und das Römische Reich wurde hochgehalten.
Trotz dieser Einheitlichkeit bezeichneten sich die Bürger in Florenz als Florentiner und die Bürger in Venedig als Venezianer. Der Aufbau einer gemeinsamen nationale Identität (Italiener) war erst nach der Gründung des italienischen Königreiches von 1861 möglich.
Im Folgenden werden die Besonderheiten und Errungenschaften, welche die italienische Staatenwelt so einzigartig machten, einzeln erläutert.
Konkurrenz ums Römische Erbe
In ganz Europa hatte man den Untergang des Römischen Reiches nicht verkraftet. So wurden immer wieder Versuche unternommen, die Antike wiederzubeleben. Außerhalb Italiens gelang dies Karl dem Großen, welcher die karolingische Renaissance im Bildungswesen vollzog. Unter Karl dem Großen sollte die lateinische Sprache wiederbelebt werden, genauso wie der Baustil und das Verwaltungswesen.
In Italien trauerte man der ruhmreichen Zeit des Römischen Reiches besonders nach. Denn dort lag mit der Stadt Rom schließlich der historische Kern dieses Großreiches.
Da aber jeder Stadtstaat eigenständig regiert und verwaltet wurde, wollte jede Gemeinde für sich beanspruchen, das Erbe Roms anzutreten. Es entstand ein Wettstreit zwischen Stadtstaaten. Jeder Stadtstaat wollte den Nachbarn in Kultur, Wirtschaftsleistung und Innovationskraft übertreffen.
Dieses Konkurrenzdenken hatte bewaffnete Konflikte zur Folge, führte aber auch dazu – dass die einzigartige Renaissancekultur nur in Italien entstehen konnte.
Handel und Seemacht
Im 11. Jahrhundert waren Amalfi, Venedig, Ancona, Genua, Pisa und Ragusa bereits autonome Seerepubliken. In ihren Schiffswerften wurde eine Flotte erbaut, welche die Seefahrt im Mittelmeer dominieren sollte.
Das Herzogtum Amalfi in Süditalien etablierte sich während des Ersten Kreuzzuges in Ägypten. Dorthin wurden Eisen, Holz und Sklaven gegen Gold getauscht. Mit dem Gold wurden Seide, Purpur und Baumwolle aus Ägypten, Konstantinopel und der Levante gekauft.
In Amalfi wurde bereits 958 der erste Herzog gewählt. Fortan dominierte das Herzogtum ein Jahrhundert lang den Seehandel im Mittelmeer, bevor Amalfi 1073 seine Unabhängigkeit an die Normannen verlor.
Auch die Republik Genua und die Republik Pisa erlangten ihre Unabhängigkeit während des Ersten Kreuzzuges. Beide Staaten vertrieben die Araber aus Sardinien und genossen Handelsrechte in der Levante.
Zwischen Pisa und Genua kam es 1118 zu einem vierzehnjährigen Krieg, welchen Genua gewinnen sollte. Beide stritten über die Seemacht im Mittelmeer und beanspruchten die Inseln Korsika und Sardinien.
Nach dem Krieg blieb nur noch Venedig als größter Konkurrent Genuas übrig. Es kam zu vier Seekriegen. Den letzten der vier Seekriege, den sogenannte Chioggia-Krieg (1378 – 1381), konnte Venedig für sich entscheiden.
Im 14. Jahrhundert stieg die Republik Venedig zur größten Seemacht in Italien auf. Ihren Wohlstand und Einfluss verdankte Venedig ebenfalls den Kreuzzügen.
In Konstantinopel, Thrakien und den Nordwesten Kleinasiens installierten die Venezianer zusammen mit den Franken ein Lateinisches Kaiserreich (1204 – 1261). Dadurch kontrollierte die Seerepublik den Seehandel im Schwarzen Meer und im Mittelmeer.
Viele Staaten in Italien waren abhängig von den Venezianische Waren, weshalb die Republik die Einfuhrpreise bestimmen konnte. Jene wirtschaftlichen Macht wurde von den Dogen in Venedig in politische Macht umgemünzt, so dass das politische Geschehen auf der italienischen Halbinsel von Venedig mitbestimmt wurde.
Ausbruch der Pest
Die Pest des Mittelalters wird als Schwarzer Tod bezeichnet. Erstmalig in Europa brach diese Beulenpest im Jahr 1346 in Messina auf Sizilien aus.
Mitgebracht wurde die Pest von Händlern, welche aus Kaffa (heute: Feodossija) kamen. Die Stadt liegt auf der Halbinsel-Krim im Schwarzen Meer und war damals ein Handelsstützpunkt der Republik Genua.
Man nimmt an, dass die Mongolen für den Pestausbruch in Kaffa verantwortlich waren. Denn die Stadt wurde 1345/46 von der Goldenen Horde belagert. Vermutlich spannten die Soldaten tote Körper auf Katapulte und schossen diese über die Stadtmauern von Kaffa. So wurde ein Leichnam zur biologischen Waffe.
Handelsschiffe brachten dann die Pesterreger von Kaffa nach Messina. Von Italien ausgehend, breitete sich die Beulenpest über ganz Europa aus. Nur wenige Orte, wie bspw. Prag, wurden verschont. Zwischen 1346 und 1353 starben etwa 25 Mio. Menschen durch den Schwarzen Tod.
Handwerkskunst und Produktion
Der Wollhandel und die Wollproduktion wurden im 13. Jahrhundert von Italien dominiert. Ein Zentrum des Wollhandels war die Republik Florenz.
Länder Nordeuropas holten zu Beginn des 14. Jahrhunderts immer weiter auf. Und als die Beulenpest 1346 sich über Italien ausbreitete, verloren die italienischen Stadtstaaten ihre Vormachtstellung bei der Wolle.
In England blühte die Wollindustrie auf. Doch im 15. Jahrhundert erlebte Italien eine neue Blüte der Wollindustrie, wodurch der alte Vorteil (Mittelmeerküste) wieder zum Tragen kam.
Neben der Wollindustrie war Italien auch stark in der Herstellung von Kerzen, Glaswaren und Keramik. Die Seerepubliken brachten Seide nach Europa, wodurch Spitzen hergestellt worden – welche europaweit gefragt waren.
Urbanisierung
Zwischen dem 11. und dem 15. Jahrhundert hat sich das Pro-Kopf Einkommen in den italienischen Stadtstaaten verdreifacht. Ein Grund war der Überseehandel, aber auch eine starke Urbanisierung.
Im 15. Jahrhundert bewohnten bereits etwa 20 Prozent alle Einwohner der italienischen Halbinsel in Städten und größeren Ballungsräumen. Dadurch wurde Italien zur stärksten urbanisierten Gesellschaft seiner Zeit.
Banken und Finanzwesen
Um die Wirtschaft dynamisch zu halten, wurden Wechselgeschäfte bereits im 12. Jahrhundert in Genua vollzogen. Dabei wurden Wertpapiere ausgestellt, wonach ein Gläubiger zu einem bestimmten Zeitpunkt eine festgelegte Zahlung von einem Wechselnehmer erhalten sollte. Dadurch wurde der Handel und die Bezahlung zeitlich entkoppelt, wodurch zeitlich bedingte Zahlungsengpässe umgangen wurden.
Um 1250 gründete die Patrizierfamilie Bardi in Florenz eine Bank, namens Compagnia dei Bardi. Zwischen 1250 und 1346 vergab die Bank diverse Kredite an Könige, Handelsunternehmen und Produktionsbetriebe. Durch die Kreditvergabe an weltliche Herrscher konnte die Familie politischen Einfluss nehmen. So wurde bspw. an Karl von Anjou ein Kredit vergeben, wodurch sich die Florentiner seinen Schutz erhofften.
Im 14. Jahrhundert hatte neben den Bardi auch die Familie Peruzzi, die Familie Acciaiuoli, die Familie Albizzi, die Familie Scali eigene Bankhäuser.
Die Familie Medici waren eigentlich Wollhändel, welche durch Exporte nach Spanien und Frankreich zu Geld gekommen waren. Doch 1397 eröffnete Giovanni di Bicci de Medici in Florenz eine eigene Bank.
Zu dieser Zeit dominierte die Albizzis das Kreditgeschäft in Florenz, hatten politischen Einfluss und Macht. Doch letztlich konnten sich die Medici in Florenz durchsetzen, wurden später zu de-facto-Herrschern in Florenz und ab 1531 offiziell zu Herzögen der Toskana.
Die Medici-Bank war im 15. Jahrhundert die größte und angesehenste Bank in Europa. Sie hatte Zweigstellen in Venedig und anderen italienischen Stadtstaaten. Außerdem existierten Zweigstellen und Tochtergesellschaften in Genf, Brügge, London und Avignon.
Frühkapitalismus
Die Medici-Bank lieferte einen bemerkenswerten Beitrag zum modernen Finanzwesen, da sie die doppelte Buchführung standardisierte – wodurch Lastschriften und Gutschriften separat geführt worden. Dadurch wurde die zeitliche Entkopplung von Zahlung und Produktbereitstellung organisierter, was den Frühkapitalismus befeuerte.
Der Frühkapitalismus setzte auf eine markorientierte Wirtschaftsordnung. Fortan orientierten sich alle Marktteilnehmer an den Bedürfnissen, welche am Markt nachgefragt worden.
Die alte Naturalwirtschaft wurde verdrängt. Stattdessen wurde die Lohnarbeit eingeführt und Pachtverträge ersetzten das Lehnswesen des Mittelalters. Die Händler organisierten die Produktion, indem sie Rohstoffe an Heimarbeiter verteilten und die fertigen Produkte dann verkauften.
Kunst
Die Renaissancekunst etablierte sich zuerst in Florenz. Die Republik gilt deshalb als Wiege der Renaissance.
Als Initialzündung der Renaissancekunst wird der Künstlerwettbewerb zwischen Lorenzo Ghiberti und Filippo Brunelleschi im Jahr 1401 gewertet. Beim Wettbewerb sollte eine Relief (Isaaksopfer) für die Portaltür des Baptisteriums in Florenz gefertigt werden. Mit der Portaltür wollte Florenz seine Nachbarn kulturell übertreffen und zeigen, dass die Florentiner das Erbe des Römischen Reiches antreten.
Lorenzo Ghiberti gewann den Wettstreit und stellte die Paradiespforte des Baptisteriums der Kathedrale von Florenz her.
Der unterlegene Filippo Brunelleschi widmete sich fortan einer neuen Perspektivtechnik, welche für Reliefs, Malerei, Architektur und Skulptur der Renaissancezeit bedeutend werden sollte. Jene Perspektive wird als Zentralperspektive bezeichnet, wodurch die Geometrie in die Kunst einfloss. Fortan war es möglich, dreidimensionale Strukturen zu erschaffen, welche lebensecht wirken sollten.
Der erste Maler, welcher diese neue Technik umsetzte, war Masaccio. Dieser malte 1426 das Trinitätsfresko in der Santa Maria Novella in Florenz. Dieses Bild gilt als erste Konstruktion unter Verwendung der Zentralperspektive.

Masaccio Fresko Dreifaltigkeit (Trinität), Bildnachweis der Redaktion: Bill Perry / Shutterstock.com
Fortan strebten die Renaissancekünstler in Italien danach, jene Perspektivtechnik immer weiter zu verfeinern. Dies gelang Leonardo da Vinci, welcher neben den dreidimensionalen Strukturen auch das Zusammenspiel von Licht und Farben einfließen ließ. Sein Bild „Dame mit dem Hermelin“ von 1489/90 brachte die psychologische Wende in der Renaissancemalerei.
Während der ganzen Frührenaissance blieb Florenz ein kulturelles Zentrum. Doch dann wurden die Medici im Jahr 1494 aus Florenz vertrieben. Damit fiel die finanzielle Unterstützung der Künstler durch die Medici weg, wodurch Künstler – wie Michelangelo – nach Rom abwanderten.
Die Hochrenaissance vollzog sich dann in Rom und Venedig, bevor die Florenz in der Spätrenaissance wieder zum Zentrum wurde. Während der Hochrenaissance bereisten sämtliche Künstler Nordeuropas die italienische Halbinsel, um die italienischen Werke zu studieren. Mit der Italienreise von Albrecht Dürer (1501) beginnt die nördliche Renaissance in Mitteleuropa.
Mäzenatentum
Ein ausgeprägtes Mäzenatentum wurde von der Familie Medici in Florenz betrieben. Sie unterstützten Künstler und Philosophen finanziell und stellten sie unter ihren Schutz. Dadurch konnten sich die Künstler frei entfalten, erhielten Aufträge von den Medici und wurden zu Hofkünstlern.
Das System verbreitete sich über ganz Italien, wodurch Künstler in die verschiedenen Stadtstaaten als Hofkünstler gelangten und sich die Renaissancekunst von Mittelitalien in den Norden und nach Süden verbreitete.
So malte bspw. Leonardo da Vinci zunächst in Florenz, bevor nach Mailand ging und sich in die Dienste der Sforzas stellte. In Mailand wurde dann das Letzte Abendmahl für das Dominikanerkloster Santa Maria delle Grazie gefertigt.
Philosophie und Staatswesen
Zu den prägendsten Philosophen Italiens zählte Niccolo Machiavelli (1469 – 1527). In seinen Werken untersucht er politische Macht analytisch. Dabei orientierte er sich nur an Fakten, welche empirisch nachweisbar waren.
Laut dem Machiavellismus ist dem Mächtigen jedes Mittel erlaubt, um seine Macht zu behalten. Dabei kann der Mächtige auch auf Anstand und Moral verzichten. Mitunter wird den Unanständigsten und Unmoralischsten auch die größte Macht zuteil.
Während der Aufklärung bezogen sich Gelehrte oftmals auf Machiavellis Menschenbild, welches nicht mit Humanität, Gerechtigkeit und Vernunftstreben des Menschen vereinbar war. In der Psychologie wird Machiavellis Machttheorie heute noch als Persönlichkeitsmerkmal aufgegriffen.
Neben Machiavelli war auch Giovanni Pico della Mirandola (1463 – 1494) bedeutend. Er formulierte eine Rede über die Würde des Menschen, welches zum Schlüsselwerk des Humanismus wurde. Damit lieferte er einen frühen Beitrag in der Geschichte der Menschenrechte.
Der Begründer der platonischen Akademie in Florenz war Marsilio Ficino (1433 – 1499). Er übersetzte die Werke des antiken Philosophen Platons und machte diese somit für Nachwelt verfügbar. Durch sein Werk wurde die christliche Lehre mit der platonischen Philosophie verknüpft.
Zu den Innovationen des Staatswesens gehörte die Republik, welche als Wiederbelebung der Römischen Republik verstanden wurde. Die italienischen Republiken standen im klaren Gegensatz zu den Monarchien im Norden Europas. Es wurden Räte gewählt und bestätigt. Allerdings wurden die italienischen Republiken oftmals von Patriziern korrumpiert, welche ihre Geldmittel nutzten, um sich politischen Einfluss zu erkaufen.
Proto-Reformation
Eine Vorstufe zur eigentlichen Reformation von 1517 in Wittenberg fand zwischen 1494 und 1498 in Florenz statt. Nach der Vertreibung von Piero di Lorenzo de’ Medici aus Florenz ergriff der Bußprediger Savonarola die Macht.
Er versuchte aus Florenz einen Gottesstaat zu formen, weshalb auch viele Künstler abwanderten und Florenz seine Bedeutung als Zentrum der Frührenaissance verlor. Aber Girolamo Savonarola erinnerte an die Verfehlungen der Menschen und der Kirche. Für Martin Luther lieferte er deshalb einen bedeutenden Beitrag für die Reformation.
Wissenschaft und Technik
Venedig war als Hafenmetropole ein Zentrum für den Warenaustausch, aber auch für den Austausch von Wissen und Innovationen. In Mailand versuchten die Sforzas ein Zentrum für Ingenieurskunst und Technik zu etablieren. Und in Rom befanden sich die päpstlichen Bibliotheken und Akademien.
Galileo Galilei, der Begründer der modernen Physik, wirkte in Florenz und Pisa.
Girolamo Cardano lieferte einen wichtigen Beitrag für die Mathematik, indem er Wahrscheinlichkeitsrechnungen aufstellte und den Binomialsatz einführte.
Luca Pacioli erfand die doppelte Buchführung und machte so den Frühkapitalismus möglich.
Der Anatom und Maler Andrea Vesalius revolutionierte die Anatomie, indem er präzise Zeichnungen des menschlichen Körpers anfertigte. Und der neapolitanische Optiker Giovanni Battista della Porta fertigte eine Frühform der Camera Obscura an.
Warum verloren die italienischen Stadtstaaten an Bedeutung
Für den Niedergang der italienischen Staatenwelt kommen sowohl politische als auch wirtschaftliche Faktoren zum Tragen.
Wirtschaftliche Faktoren
Der bedeutendste wirtschaftliche Faktor war die Entdeckung Amerikas im Jahr 1492 durch die Spanier. Zwar war Christoph Kolumbus ein gebürtiger Italiener aus Genua, reiste aber unter spanische Flagge nach Amerika.
Durch die Entdeckung der neuen Welt verlagerten sich das Welthandelszentrum von Venedig oder Genua zur Atlantikküste nach Lissabon und Antwerpen. In Europa wurden Spanien und Portugal zu neuen Seemächten und verdrängten die Venezianer von den Handelsrouten.
Außerdem wurde 1453 das Byzantinische Reich durch die Osmanen erobert, wodurch für die Mittelmeerstaaten der wichtigste Handelspartner wegbrach.
Politische Faktoren
Durch den Konkurrenzkampf innerhalb der italienischen Staatenwelt wurden Kriege befeuert. So schloss der Mailänder Ludovico Sforza 1494 ein Abkommen mit König Karl VIII. von Frankreich. Das Ziel der Allianz war, das Königreich Neapel zu erobern. Damit begannen die Renaissancekriege.
Während dieser Kriege bildeten sich immer neue Allianzen zwischen den italienischen Stadtstaaten, dem Kirchenstaat, Frankreich, Spanien und dem Heiligen Römischen Reich. Letztlich trugen sich diese Kriege auf dem Gebiet der Italiener aus, wodurch das Land zerrüttet und verwüstet hinterlassen wurde.
Ein trauriger Höhepunkt war die Plünderung Roms (Sacco di Roma) im Jahr 1527 durch die Truppen von Kaiser Karl V.. Die Plünderung war der Anfang vom Ende der italienischen Renaissance.
In den nächsten Jahrhunderten verlor Italien seinen Einfluss und geriet unter die Herrschaft der europäischen Großmächte. So regierten die Habsburger den Norden, die Spanier den Süden. In der Mitte Italiens blieb der Kirchenstaat ein wichtiger Akteur. Der Spanische Erbfolgekrieg (1701 – 1714) zwischen Österreich (Haus Habsburg) und Frankreich (Haus Bourbon) regelte den Rest. Danach bekam das österreichische Haus Habsburg den Norden zugesprochen. Der Süden blieb im Besitz des spanischen Hauses der Habsburger.
Als Napoleon Bonaparte 1796 seinen Italienfeldzug begann, endete dies mit Ausrufung französischer Republiken auf italienischen Boden. Napoleon ließ sich zum König von Italien krönen und seine Revolutionsrepubliken dienten als Aufmarschgebiet.
Was kam nach der italienischen Staatenwelt
Die Napoleonischen Kriege endete 1813 durch die Völkerschlacht bei Leipzig. Nach dem Wiener Kongress (1814/15) etablierte sich in Italien eine nationale Stimmung, welche nach Einheit zielte. Diese Phase wird als Risorgimento bezeichnet.
Sämtliche Staaten im nördlicheren Europa waren bereits Nationalstaaten und somit veränderte sich auch das Staatsverständnis in Italien. Als dann 1861 das Königreich Italien gegründet wurde, traten alle italienischen Stadtstaaten dem Königreich bei.