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Schwarzer Tod, Die Pest im Mittelalter


Illustration einer mittelalterlichen Szene während der Pestepidemie

Illustration einer mittelalterlichen Szene während der Pestjahre

Der Schwarze Tod ist die Bezeichnung für eine Beulenpest-Pandemie im Mittelalter, welche 1346/47 ausbrach und 1353 endete. Laut Historikern starben, während der Pestjahre, schätzungsweise 25 Mio. Menschen.

Der Schwarze Tod gilt als eine der tödlichsten Pandemien der Geschichte, bei der etwa ein Drittel der europäischen Bevölkerung starb. Andere Quellen deuten an, dass in einigen Gebieten sogar bis zu 50 % der Menschen starben. Auch die absoluten Todeszahlen variieren, je nach Quelle, so dass bis zu 50 Mio. Todesopfer denkbar wären.

Auf den deutschen Gebieten waren Städte, wie Hamburg, Nürnberg, Bremen und Köln besonders betroffen. In den Ostgebieten fielen die Todeszahlen geringer aus.

Was war der Schwarze Tod

Der Schwarze Tod war ein Ausbruch der Beulenpest in Europa des Spätmittelalters. Auslöser der Krankheit ist ein Bakterium, namens Yersinia pestis. Dieses Bakterium bewirkt, dass die Lymphknoten anschwellen und die Lymphgefäße infiziert werden.

Überträger des Bakteriums sind Flöhe, welche sich auf Nagetieren – insbesondere Ratten – befinden. Dabei tritt der Floh lediglich als Zwischenwirt auf, welcher das Pestbakterium mit sich führt.

Beißt der Floh ein Wirbeltier, werden die Bakterien vom Floh auf das Wirbeltier übertragen. Da sich Flöhe oftmals im Fell von Nagetieren aufhalten, gelten Ratten und Mäuse als Krankheitsüberträger – obwohl der Floh eigentlich die Krankheit überträgt.

Von der Hausratte, welche oftmals als Kulturfolger des Menschen auftritt, springt der Floh auf den Menschen über, beißt diesen in die Haut und infiziert so seinen Endwirt.

Ist der Mensch erst einmal infiziert, ist eine Übertragung auf andere Menschen – ohne Flöhe als Zwischenwirte – möglich. Die Bakterien verbreiten sich dann über Tröpfchen, welche beim Husten, Nießen oder Sprechen als Aerosole ausgepustet werden. Der Schwarze Tod wurde überwiegend von Mensch zu Mensch übertragen, hatte seinen Ursprung aber im Flohbiss.

Eine Untersuchung der Pest von Bombay (1905) hat ergeben, dass der Floh zuerst die Wanderratte angriff, nach etwa 10 Tagen auf die Hausratte übersprang und schließlich nach einem Monat die Sterblichkeitsrate beim Menschen ihren Höhepunkt erreichte.

Welche Krankheitssymptome zeigte die Pest im Mittelalter

Das Krankheitsbild einer Beulenpest im Mittelalter begann mit Husten und Schnupfen. Bereits nach wenigen Stunden eines Flohbisses waren die ersten Symptome erkennbar. Begleitet wurden die allgemeinen Erkältungserscheinungen von Kopf- und Gliederschmerzen, sowie Fieberschüben.

Im späteren Krankheitsverlauf kommen Bewusstseinsstörungen hinzu. Dadurch, dass die Lymphgefäße und Lymphknoten stark anschwellen, bilden sich bei der Beulenpest größere Schwellungen auf der Haut. Diese Pestbeulen, auch Bubonen genannt, können ein Durchmesser bis zu 10 cm erreichen.

Warum hieß die Pest im Mittelalter auch Schwarzer Tod

An der Stelle eines Flohbisses schwellen die Lymphgefäße derart an, dass sich die ersten Pestbeulen dort einstellen. Im späteren Krankheitsverlauf ist der menschliche Körper mit diesen Drüsenanschwellungen überwuchert.

An den Lymphknoten kommt es zu inneren Blutungen, welche durch die Haut einen schwarz-blauen Schimmer abgeben. Durch diese schwarzen Verfärbungen auf der Haut wurde der Krankheitsbeginn diagnostiziert, was zur Namensgebung führte.

Allerdings bezeichnete niemand die Krankheit während der Pestjahre als Schwarzen Tod. Auch das Adjektiv „schwarz“ tauchte in keiner europäischen Sprache auf. Populär wurde die Bezeichnung erst im 15. und 16. Jahrhundert, als man in Schweden und Dänemark begann – die Pestpandemie des Mittelalters so zu beschreiben.

Die dänische Bezeichnung „den sorte død“ wurde in der Folge ins Isländische („svarti dauði“), ins Französische („la mort noire“) oder ins Deutsche („der Schwarze Tod“) übersetzt.

In den Pestjahren bezeichnete man die Pandemie stattdessen als „Großer Tod“ (lateinisch: magna mortalitas) oder „Große Pest“.

Was war besonders an der Pest im Mittelalter

Die Pest ist eine Krankheit, welche wohlmöglich schon in der Urgeschichte auftrat. Älteste Pestspuren fand man bspw. bei Skeletten, die 5000 Jahre alt sind. Und schon im 14. Jahrhundert v.Chr. gab es im Hethiter-Reich eine Krankheitswelle, welche Historiker als Pest deuten und die Pestgebete von König Muršili II. sind überliefert.

Die erste große Pestwelle – welche historisch überliefert ist – erreichte Europa im 6. Jahrhundert und wird als Justinianischen Pest bezeichnet, da der byzantinische Kaiser Justinian I. ebenfalls daran erkrankte. Diese Pest begann im Sassanidenreich (Perserreich) und in der byzantinischen Hauptstadt Konstantinopel.

In den Pestjahren zwischen 541 und 549 tötete die Krankheit etwa ein Fünftel der Bevölkerung in Konstantinopel. Da die Hauptstadt des Byzantinischen Reiches ein Handelszentrum war, breitete sich die Pest über den Hafen von Konstantinopel im gesamten Mittelmeerraum aus, wütete dort 2 Jahrhunderte und kostete circa 25 Mio. Menschen (nach Schätzungen – nicht belegt) das Leben .

Auslöser der Justinianischen Pest war eine Variante des Pestbakteriums (Yersinia pestis), welche im 8. Jahrhundert ausstarb. Die Pest des 14. Jahrhunderts ging demnach auf eine andere Variante des Pestbazillus zurück. Forscher gehen davon aus, dass sich das Pestbakterium in den Mägen von Flöhen evolutionär entwickelte und so eine weitaus tödlichere Variante im Spätmittelalter hervorbrachte.

Wie viele Menschen starben an der Pest im Mittelalter

In den Pestjahren zwischen 1346 und 1353 starben in Europa etwa 25 Mio. Menschen. Aufzeichnungen des englischen Königshauses zeigen, dass durch den Großen Hunger von 1315 die allgemeine Lebenserwartung von 35,28 Jahren (aus dem Jahr 1276) auf 29,84 Jahren sank. Während der Pestwelle sank die allgemeine Lebenserwartung noch weiter und erreichte einen Mindestwert von 17,33 Jahren.

Wie schnell starben die Menschen an der mittelalterlichen Pest

An der Beulenpest starben etwa 80 % der Infizierten innerhalb der nächsten Tage. Einige Medizinhistoriker nehmen an, dass die Beulenpest zu einer regionalen Lungenpest wurde. Krankheitssymptome sind Atembeschwerden und blutiger Auswurf. Die Sterblichkeitsrate der Lungenpest liegt bei 90 bis 95 Prozent innerhalb der nächsten Tage.

Dass die Beulenpest auch Anzeichen einer Lungenpest gehabt haben könnte, beschreibt der Benediktinermönch Lodewijk Heyligen in einen Brief an den Brügger Domkapitel vom 27. April 1348. Dort schildert er die Schrecken des Schwarzen Todes und nennt Krankheitssymptome. In den Brief wird berichtet, dass die Hälfte der Bevölkerung von Avignon an der Pest gestorben und dass 11.000 Opfer auf einem neuen Friedhof bestattet worden seien.

Wo brach die Pest des Mittelalters zuerst aus

Die Justinianischen Pest verschwand 770 n.Chr. aus Europa und mit ihr die Variante des Pestbazillus (Yersinia pestis). Historikern ist nicht ganz klar, weshalb die Pest für fast 600 Jahre aus Europa verschwand, um dann urplötzlich wieder aufzutauchen.

Einige Historiker nehmen an, dass die Islamische Expansion (ab den 630-er Jahre) zu einer Abschottung Europas führte, weshalb Europäer diese Krankheit als ausgerottet glaubten. Gestützt wird diese These dadurch, dass ab 632 die Meeressstraße zwischen dem Indischen Ozean und dem Roten Meer durch die Araber blockiert wurde, was einen Austausch zwischen christlicher Mittelmeerwelt und Asien erschwerte.

Dennoch kam die Pest 1346 nach Europa zurück. In der Forschung ging man lange davon aus, dass die Pest in China zwischen 1330 und 1340 schon aktiv war. Neuere Untersuchungen deuten allerdings daraufhin, dass die eigentliche Keimzelle im Schwarzmeerraum (heutige Ukraine) liegen könnte.

Auf der Krim-Halbinsel unterhielt die Republik Genua einen Handelsstützpunkt, namens Kaffa (heute: Feodossija). Diese Hafenstadt wurde 1345/46 von den Mongolen (Goldene Horde) belagert, welche die ganze Krim wieder unter ihrer Kontrolle bringen wollten. Bereits 1345 erkrankten die Menschen in Sarrai, der Hauptstadt der Goldenen Horde.

Laut Berichten aus Kaffa sollen die Belagerer ihre Seuchentoten auf Katapulte gelegt und über die Stadtmauern gefeuert haben. Die Einwohner Kaffas sollen die Toten ins Meer geschmissen haben. Als dann die Kaufleute aus Kaffa ihre Schiffe bestiegen, um ihre Handelsrouten zu befahren, nahmen sie die Seuche mit – ohne es zu wissen.

Dass die Goldene Horde die Pesttoten als biologische Waffe eingesetzt haben, gilt als umstritten. Jedoch gilt die Pestroute von Kaffa über das Schwarze Meer ins Mittelmeer als weitestgehend gesichert.

Wo und wie breitete sich der Schwarze Tod aus

Allgemein kann man sagen, dass die Beulenpest im Mittelalter große Teile Eurasien und Nordafrika erreichte. Von Kaffa befuhren die Patrizier die Häfen von Messina auf Sizilien, wo die Pest 1347 als Erstes in Europa ausbrach. Von Italien ausgehend, verbreitete sich die Pest weiter.

Im nächsten Jahr kam es zu Pestausbrüchen in Südfrankreich und Norditalien. Im Jahr 1349 war die Pest über ganz Mitteleuropa verbreitet und erreichte 1350/51 auch die äußeren Teile von Nordeuropa und Skandinavien.

Im Osten brach die Pest zuerst in Konstantinopel (1347) aus. Von dort verbreitete sie sich über die Handelsrouten der Seidenstraße in Richtung Osten (Griechenland) und Westen (Anatolien). Der erste afrikanische Hafen, in welchem die Pest ausbrach, war Alexandria. Dort legte 1347 ein Leichenschiff an, gesteuert von einigen Überlebenden.

In Polen war die Pest wohlmöglich nicht so schlimm. Dies zeigen polnische Chroniken, in welchen die Seuche kaum erwähnt wird. Auch dass die Zahlung des Zehnten während der 1340-er und 1350-er Jahre konstant blieb, lässt Historiker vermuten, dass Polen weitestgehend verschont blieb.

Zwei Ausbreitungswellen in Europa

Historiker haben zwei Ausbreitungswege rekonstruiert. Die erste Ausbreitungsroute begann in Genua. Die Schiffe erreichten Genua, wo sich die Pest verbreitete. Doch in Genua wurden die Schiffe neu beladen und die Besatzung schleppte die Krankheit in andere Zielhäfen. So gelang die Pest von Genua nach Marseille (Südfrankreich). Von dort folgte sie dem Flusslauf der Rhone (Flussverkehr) bis nach Languedoc und Montpellier.

Schließlich erreichte die Pest im März 1348 die Stadt Toulouse, im Mai Paris und im August auch Carcassonne und Bordeaux. In Avignon (Papstresidenz bis 1376/77) hielt sich die Pest über sieben Monate. Der oben erwähnte Brief des Benediktinermönchs Lodewijk Heyligen schildert das Ausmaß der Tragödie.

Die zweite Ausbreitungswelle ging vom Hafen in Venedig aus. Über den Landweg verbreitete sich die Pest nach Norden, überquerte den Brenner nach Österreich. Dort erreichte der Schwarze Tod zuerst Kärnten, dann die Steiermark und erst dann die Stadt Wien.

Warum war der Schwarze Tod nicht in Afrika oder Amerika

Der Kontakt zu Amerika wurde erst durch die Entdeckung Amerikas, etwa hundertfünfzig Jahre später (1492), hergestellt. Somit konnte es keine Übertragung in die Neue Welt geben.

In Afrika wütete die Pest definitiv in Nordafrika. Auch da sind Opferzahlen bekannt. Aber die Wissenschaft, welche das Mittelalter untersucht, wird durch eine europäische Weltsicht betrieben. Für Afrika nimmt man lediglich Sterberaten zwischen 40 und 60 Prozent an, obwohl Quellen dazu fehlen.

Was war das Besondere am Pestausbruch in Wien

Wien gilt als einzige Stadt während der Pestjahre, wo die Sterbenden das letzte Sakrament erhielten. Dies zeigt, dass es Wien irgendwie gelang, die gesellschaftliche Ordnung auch in den Pandemiejahren aufrechtzuhalten.

Was waren die Ursachen für die Mittelalterliche Pestseuche

Über die Ursachen der mittelalterlichen Pest existieren mittlerweile einige Ergebnisse zu DNA-Untersuchungen, mathematischen Modelle und Alternativerklärungen.

Klimawandel und Murmeltiere

Zwischen dem 9. und 13. Jahrhundert erlebte die Welt einen Klimawandel, welcher als Mittelalterliche Warmzeit bezeichnet wird. Diese Warmzeit bewirkte, dass im Hochmittelalter die Nahrungsproduktion und damit auch die Bevölkerung anstieg. Gleichzeitig stieg auch die Population an Nagetieren an, welche an den menschlichen Lebenswandel angepasst sind.

Im Jahr 1279 ging in China die Song-Dynastie unter. In Nordchina etablierten sich zuerst die Jurchen-Dynastie und später die Mongolen. Gleichzeitig bewirkte eine saisonale Dürre in Asien, dass Nagetierpopulationen aus der Steppe in dicht besiedelte Gebiete flohen.

Als ursprüngliche Krankheitsüberträger werden Murmeltiere genannt, welche den Pestfloh und somit auch Bakterium Yersinia pestis übertrugen. Wohlmöglich folgten die Nagetieren den Mongolen, welche in der Folgezeit bis nach Europa vordrangen.

Diese Theorie geht davon aus, dass die Krankheit endemisch existierte – bevor es zur Pandemie kam. Dazu legte 1898 der französische Arzt Paul-Louis Simond eine Studie vor. Er experimentierte mit Ratten und dem Beulenpest-Bakterium. Dabei stellte er fest, dass einige Rattenflöhe ebenfalls am Bakterium starben.

Bei der sterbenden Flohpopulation wirkten die Bakterien verstopfend auf den Darm. Dies hatte zur Folge, dass die Tiere beim Biss aufstoßen würden und somit sehr viel Bakterien auf die Wunde ausspeien, wodurch die Last der Krankheitserreger sehr hoch wird. Somit sterben nur die Wirtstiere mit hoher Bakterienlast. Die überlebenden Wirtstiere halten die Krankheit endemisch und sorgen dafür, dass Floh und Bakterium nicht regional aussterben.

Falls aber die Wirtstiere (Nagetiere) sterben, sucht sich der Pestfloh einen neuen Wirt und springt auf den Menschen über.

DNA-Analysen

Genetische Analysen zeigen, dass sich das Bakterium Yersinia pestis vor etwa 2.600 Jahren im Tian-Shan-Gebirge an der Grenze zum heutigen Kirgisistan und China entwickelt hat. Wohlmöglich bewirkten unterschiedliche Wirkungen auf die Nagetiere, dass das Bakterium über lange Zeit endemisch blieb.

Untersuchungen an Leichen, welche der Pest im Mittelalter zum Opfer fielen, zeigen dass das Pestbakterium vom ursprünglichen Bakterium aus dem Tian-Shan-Gebirge abstammen müsse. Auch die erste Pestwelle im Byzantinischen Reich geht auf den gleichen Bakterienstamm zurück.

Warum konnte sich der Schwarze Tod über ganz Europa ausbreiten

Handelsembargo und Getreidelagerung

Die Ukraine ist heute die Kornkammer Europas. Und schon im Mittelalter wurden sämtliche Getreidevorkommen aus Kaffa bezogen.

Der Aufstieg von Janibek Khan zum Anführer der Goldenen Horde ab 1342 ließ den Konkurrenzdruck zwischen Genua und Venedig neu entflammen. Beide Republiken versuchten neue Getreideabkommen und Lieferverträge auszuhandeln. Als dann aber ein Untertan von Janibek ermordet wurde, verhängte der Mongole ein Handelsembargo und griff die Stadt Kaffa im Jahr 1345/46 an.

Dies hatte zur Folge, dass Getreide erst einmal länger eingelagert wurde. Dies ermöglichte Ratten und anderem Getier im Getreidelager zu gedeihen. Durch den Frieden, welchen Venedig und Genua im Jahr 1347 schlossen, wurde das Embargo aufgehoben und die Pest konnte sich über Handelswege verbreiten.

Im Jahr 2021 konnte die Historikerin Hannah Barker beweisen, dass die Aufhebung der genuesischen Handels-Blockade zur schnellen Verbreitung der Pestbakterien beitrug.

Besonderheiten bei der Getreideentladung

Als die Genueser mit ihren Schiffen Kaffa verließen, gelangte die Krankheit ins Handelsnetzwerk des Mittelmeerraums. Das Getreide wurde per Hand auf die Schiffe geladen und auch per Hand entladen. Und die Getreideläger der Schiffe waren Vorratskammer für Schiffsraten. Somit gerieten die Hafenarbeiter bei der Entladung unmittelbar in Kontakt mit Schiffsratten, mit deren Flöhen und dem Pestbakterien.

Mangelnde Hygiene

Die Hygiene gilt wohlmöglich als wichtigste Erfindung der Medizingeschichte. Zwar wurden Maßnahmen zur Hygiene bereits im römischen Reich ergriffen, indem man Aquädukte, Thermen und Kanalisationen anlegte, jedoch war die Müllentsorgung nicht organisiert. Und daran hat sich im Mittelalter nicht viel verändert.

Die Menschen warfen im Mittelalter ihre Fäkalien und Abfälle auf die Straße, wodurch sich Ungeziefer sammelte und Krankheitserreger breitmachten.

So ist es auch nicht ungewöhnlich, dass im mittelalterlichen Paris mehrere Straßennamen von merde, dem französischen Wort für „Scheiße“, inspiriert wurden. Es gab die Rue Merdeux, die Rue Merdelet, die Rue Merdusson, die Rue des Merdons und die Rue Merdiere, sowie eine Rue du Pipi.

Überall roch es nach Fäkalien der Hausbewohner, aber auch nach Ausscheidungsprodukten des Viehs, welches über mittelalterlichen Straßen getrieben wurde. Schweine, Pferde, Kühe oder Schafe rannten durch die Orte, ließen dort etwas fallen oder urinierten dorthin. Niemand machte dies weg.

Dass Hygiene diverse Krankheiten verhindert, kam erst mit den wissenschaftlichen Durchbrüchen in der Keimtheorie im 19. Jahrhundert auf. Wegbereiter und Pioniere auf dem Gebiet waren Luis Pasteur und Ignaz Semmelweis. Erst durch ihre Arbeit wurden Sauberkeit und Hygiene in der Medizin zunehmend wichtig.

Was glaubten die Menschen im Mittelalter über den Schwarzen Tod zu wissen

Noch im 19. Jahrhundert glaubten Mediziner, dass die Ursachen für Krankheiten wie Pest oder Cholera in der Luft liegen. Die Theorie des „üblen Dunstes“ geht auf Hippokrates von Kos (um 460–375 v. Chr.) zurück, welcher die Luftverschmutzung als Miasma bezeichnete. Laut der Miasma-Theorie des Mittelalters war die Pest eine Krankheit, welche durch Gestank verursacht wurde.

In einem Bericht der Medizinischen Fakultät von Paris hieß es, dass eine Planetenkonjunktion bevorstehe, welche die Luft verschmutzt habe und dadurch die Pestepidemie auslöste.

Einige Gelehrte sahen in der Pest ein Martyrium für Gläubige und eine Strafe für Nichtgläubige. Laut diesen Predigern kamen Gläubige ins Himmelreich oder Paradies, wenn sie die Pestqualen überstanden haben.

Was unternahmen die Menschen gegen den Schwarzen Tod

Quarantäne und Abschottungen

Obwohl die Durchbrüche in Keimtheorie noch nicht gemacht waren, glaubten die Menschen an Krankheitserreger, welche man nicht sehen konnte. Heute fassen wir Bakterien und Viren als Mikroorganismen zusammen. Im Mittelalter war die Miasma-Theorie verbreitet, wonach schlechte Luft eine Krankheit auslösen konnte.

Während der Pestjahre wurden bspw. Pestleichen nicht an öffentlichen Plätzen verscharrt, sondern außerhalb der Stadt. Ihr Hab und Gut wurde verbrannt. Auch Quarantäne wurde verordnet, wodurch Kranke dauerhaft von Gesunden getrennt wurden. Menschen mit finanziellen Mitteln versuchten im Sommer die Städte zu meiden und zogen sich aufs Land zurück.

Schiffe, welche im Verdacht standen, die Pest einzuschleppen – wurden nicht entladen und unter Quarantäne gestellt. In Frankreich betrug die Quarantänezeit 40 Tage. Das Wort „Quarantäne“, welches im Deutschen verwendet wird, stammt aus dem Französischen „quarantaine de jours“ und bedeutet: „vierzig Tage“.

Anzunehmen ist aber, dass die Quarantäne nicht die Franzosen, sondern die Venezianer (italienisch: Quarantena) erfunden haben. Im Jahr 1374 verbot Venedig die Hafeneinfahrt für pestverdächtige Schiffe und nannte dies: quaranta giorni (vierzig Tage).

In Mailand wurden dank Abschottungsmaßnahmen, welche die Obrigkeit verhängte, nur 3 Haushalte infiziert. Der Rest blieb verschont.

Pestärzte mit Schnabelmasken

Pestdoktoren, auch Schnabelärzte genannt, waren spezielle Ärzte, welche Pestkranke behandelten. Solche Ärzte genossen hohes Ansehen, waren mit Privilegien ausgestattet und wurden meist von der Stadt bezahlt.

In manchen Städten waren die Pestdoktoren so wichtig, dass diese Höchstpreise verlangen konnten. Um nach einem Heilmittel gegen die Pest zu forschen, durften Pestärzte auch Leichen observieren – was ansonsten unmöglich war.

Im Jahr 1350 bezahlte Barcelona eine beachtliche Summe an Lösegeld, an einen Kidnapper – welcher ihren Pestdoktor entführt hatte.

Um sich vor dem Pestgeruch (Miasma) zu schützen, hielten sich Pestärzte diverse Duftstoffe vor die Nase. Meist verwendeten sie Wacholder, Zitrone oder Minze.

Die Pestmaske sollte die Atemwege noch besser schützen und gleichzeitig die Duftstoffe permanent vor die Nase halten. Aber solchen Schnabelmasken waren lediglich in Frankreich und Italien verbreitet und dort ebenfalls eine Ausnahme.

Illustration eines Pestarztes mit Schnabelmaske

Illustration eines Pestarztes mit Schnabelmaske

Die Assoziation von heute, dass ein Pestarzt immer eine Schnabelmaske trug – geht auf Illustrationen von Jean-Jacques Manget (1721) und Thomas Bartolin (1661) zurück. Während des Schwarzen Todes waren die Masken kaum verbreitet.

Zu der Pestbehandlung eines Pestdoktors gehörte der Aderlass – welcher seit der Antike als Allheilmittel zur Blutwäsche eingesetzt wurde. Außerdem setzten Pestdoktoren diverses Getier (Blutegel, Frösche) auf die Pestbeulen, um die Balance der Körpersäfte wiederherzustellen.

Oftmals waren Pestärzte keine ausgebildeten Mediziner und dienten lediglich der Datenerfassung. So konnte ein Stadt, aufgrund ihre Pestärzte feststellen, wie viele Patienten es gab und wo diese lebten. Dies wurde dann in den Chroniken erwähnt. Eine Stadt ohne Pestarzt hatte diese Datenerfassung nicht. Dies ist ein Grund, weshalb es heute kaum Daten über die Pest in Osteuropa, Asien und Afrika gibt.

Hausmittel

Um den Pestgeruch (Miasma) fernzuhalten, wurden Möbel mit Essig beschmiert. Auch die Kranken wurden mit Essig eingerieben, um den Totenduft fernzuhalten.

Die Menschen wandten sich aber auch wohlriechenden Düften zu. Sämtliche Öle, Puder und Parfüme wurden entwickelt, um eine Abwehr gegen den Pestduft zu sein. Der Mediziner Nostradamus entwickelte Rosentabletten, um gegen die Pest vorzugehen.

Geißlerzüge

Die Menschen, welche den Tod vor Augen hatten, wollten ihre Seele heilen. Die Bruderschaft der Geißler entstand, um ihnen das zu ermöglichen. Dazu versammelten sich Menschengruppen auf öffentlichen Plätzen, um Selbstbestrafungszeremonien abzuhalten.

Die Menschengruppen bestanden aus Personen unterschiedlicher gesellschaftlicher Stellung und Abstammung, vereint in der Idee zur Selbstgeißelung. Mit stachelbespickten Peitschen schlugen sie sich selbst, sprachen dabei Gebete und flehten um Seelenheil.

Geißlerdarstellung in der Konstanzer Weltchronik, Handschrift aus dem 15. Jahrhundert

Geißlerdarstellung in der Konstanzer Weltchronik, Handschrift aus dem 15. Jahrhundert

Die Bruderschaft der Geißler zog von Stadt zu Stadt, um neue Mitglieder zu rekrutieren. Durch ihre öffentliche Darbietung lösten sie eine Hysterie bei Bauern, Klerikern und im Adel aus. Tausende traten der Bruderschaft bei, so dass sie sich aufteilen musste. Eine Gruppe reiste in den Norden und eine in den Süden Europas.

Selbst der Papst konnte die Geißlerzüge nicht stoppen und erst als die Todeszahlen niedriger wurden, verflachte auch die Pesthysterie.

Tanzwut

Eine zweite hysterische Massenerscheinung war die Tanzwut. Dabei hielten sich Gläubige an den Händen, kreischten und tanzten krampfhaft stundenlang. Es wirkte so, als würden sie die Realität um sich herum nicht mehr wahrnehmen.

Nachdem sie stundenlang tanzten, fielen die Tänzer irgendwann erschöpft zu Boden und litten unter Ermüdungserscheinungen. Doch die Tanzwütigen erholten sich schnell und tanzten erneut.

Illustration der Tanzwut bzw. Tanzpest: Die Wallfahrt der Fallsüchtigen nach Meulebeeck, Kupferstich von Hendrik Hondius nach einer Zeichnung von Pieter Bruegel dem Älteren aus dem Jahre 1564.

Illustration der Tanzwut bzw. Tanzpest: Die Wallfahrt der Fallsüchtigen nach Meulebeeck, Kupferstich von Hendrik Hondius nach einer Zeichnung von Pieter Bruegel dem Älteren aus dem Jahre 1564.

Laut Angaben der Tanzwütigen eröffnet der ausgiebige Tanz neue spirituelle Möglichkeiten, um Seelenheil zu finden oder Gott näher zu kommen. Die Tanzhysterie erfasste die deutschen Städte, breitete sich dann bis nach Belgien und Frankreich aus. Mitunter Tausende nahmen an einer Tanzveranstaltung teil.

Welche gesellschaftlichen Auswirkungen hatte der schwarze Tod auf die Menschen

Judenverfolgung und Pestpogrome

Schnell wurden Juden für die Pest verantwortlich gemacht und als Brunnenvergifter gebrandmarkt. In der Folge kam zu Judenverfolgung, Pogromen und Massenmord.

Die Pestpogrome blieben nicht auf eine Stadt beschränkt- sondern breiteten sich genauso wie die Pest von Süden nach Norden aus. So begannen die Pestpogrome an den Mittelmeerhäfen in Südfrankreich und gingen weiter nach Norden.

Beim Basler Judenpogrom am 16. Januar 1349 wurden bis zu 70 Menschen ermordet. In Speyer wurden am 22. Januar 1349 bis zu 400 Juden ermordet. Und in Straßburg sterben am 14. Februar etwa 2.000 Menschen.

Naturwissenschaftliche und philosophische Fragen

Am Ende der Pestjahre stellten sich Philosophen die Frage nach dem Warum und Naturwissenschaftler stellten die Frage nach einem Heilmittel.

Antibiotika, welches bei bakterieller Erkrankung hilfreich ist, wurde erst im 20. Jahrhundert erfunden. Und die Erfindung des Penicillins durch Alexander Fleming gilt als zweiter Meilenstein der Medizin (nach Hygiene). Jedoch strebten die Gelehrten nach Wissen über menschliche Gesundheit und Anatomie.

Im darauffolgenden Jahrhundert wird die Renaissance ein neuer Höhepunkt dieses Strebens darstellen, welche die Kernfragen der Philosophie und Wissenschaft zu beantworten sucht.

Krisenwahrnehmung

Die Pestjahre des Schwarzen Todes gelten als eine von drei großen Katastrophen des Spätmittelalters, welche die gesellschaftlichen Strukturen erschütterte.

Der Pest ging eine Hungerkatastrophe in den Jahren 1315 bis 1317 voraus, welche bereits sozialen Unruhen schuf. An die Pestjahre schloss sich die mittelalterliche Eiszeit an, weshalb das Spätmittelalter in der Wahrnehmung späterer Generationen als eine Zeit der großen Not- und Missstände wahrgenommen wird.

Alle drei Krisen des Mittelalters bewirkten zum Einen, dass die Blütezeit des Hochmittelalters endete und das Bevölkerungsniveau vor dem 14. Jahrhundert erst wieder im 16. Jahrhundert erreicht werden sollte. Außerdem bewirkten sie, dass die Gelehrten der Renaissance bei ihre Geschichtseinteilung sehr nüchtern auf das Mittelalter blickten, die Neuzeit beginnen lassen und die Antike wiederbeleben wollten.


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