Geschichte der Pest: Die 3 großen Pestwellen der Menschheitsgeschichte
Die Geschichte der Pestseuchen begann bereits in der Urgeschichte. Älteste Nachweise eines Pesterregers fand man auf Skeletten, welche etwa 5000 Jahre alt sind. Allerdings waren die Bakterien, welche die Pest auslösten noch nicht so virulent und entwickelten ihr genetisches Erbmaterial erst im Verdauungsapparat der Flöhe über viele Generationen hinweg.
Doch im Altertum bzw. der Antike sind erste Pestausbrüche mit pandemischen Ausmaß überliefert. Eine der bedeutendsten Pestausbrüche war die Justinianischen Pest, welche 541 n.Chr. zuerst in Ägypten ausbrach und bis zum Jahr 770 andauerte und weite Teile Europas erfasste. Diese Pestepidemie verhinderte, dass Kaiser Justinian I. die alte Ordnung des römischen Reiches (Ostrom bzw. Byzanz und Westrom) nicht wiederherstellen konnte. Indirekt sorgte diese Pestkatastrophe auch dafür, dass die Antike endgültig endete und dass Mittelalter begann.
Im Mittelalter gab es zahlreiche Pestausbrüche, welche aufgrund ihrer Symptomatik auch als Schwarzer Tod bezeichnet wurden. Pestepidemien reichten bis ins 20. Jahrhundert und wurden erst mit der Erfindung von Antibiotika sicher bekämpft. In Gegenden, wo Menschen viele Nagetiere halten, können heute noch Pestepidemien auftreten. So etwa in Südamerika, wo man Meerschweinchen als Vieh zum Schlachten hält.
Inhalt
Was ist die Pest
Die Pest ist eine Krankheit, welche durch Bakterien (Yersinia pestis) ausgelöst wird. Je nach Symptomen wird zwischen Beulenpest, Lungenpest oder abortiver Pest unterschieden. Letztere ist die harmloseste Variante, bei welcher zwar Fieber und eine Schwellung der Lymphknoten auftritt – aber nach der Bildung von Antikörpern gut abheilt. Die beiden anderen Pestvarianten sind durchaus aggressiver und führen nach Auftreten der ersten Symptome schnell zum Tod (2 bis 5 Tage).
Überträger der Pestbakterien sind Flöhe, welche sich auf Nagetieren einnisten und dann die Bakterien verbreiten. Eine Untersuchung der Pest von Bombay (1905) hat ergeben, dass der Floh zuerst die Wanderratte angriff, nach etwa 10 Tagen auf die Hausratte übersprang und schließlich nach einem Monat die Sterblichkeitsrate beim Menschen ihren Höhepunkt erreichte.
Der Floh ist demnach das Zwischenglied bei der Übertragung von Ratte auf Mensch. Eine
direkte Mensch-zu-Mensch-Ansteckung ist dann über Tröpfcheninfektion möglich, welche beim Sprechen, Niesen und Atmen auftritt.
Wann war die erste Pestwelle
Die erste dokumentierte Pestwelle betraf das Sassanidenreich (Perserreich) und seinen Erzrivalen, das Oströmische Reich bzw. Byzantinische Reich. Diese Pestepidemie wurde später nach Kaiser Justinian I. benannt und dementsprechend als Pest des Justinian oder Justinianischen Pest bezeichnet. Sie begann 541 n.Chr. und die erste Welle endete 549 n.Chr.
Kaiser Justinian I. erkrankte selbst an der Pest, wurde aber ausgiebig behandelt und überlebte.
Der Pesterreger war eine Variante des Pestbakteriums (Yersinia pestis), welche allerdings im 8. Jahrhundert ausgestorben ist. Demnach waren spätere Pestwellen auf andere Varianten des Pestbazillus zurückzuführen.
Die Pandemie forderte in ihrer ersten Welle circa 25 Mio. Todesopfer. Da die Pestepidemie mit dieser Pestvariante aber noch zwei Jahrhunderte andauerte, nehmen Forscher an – dass die Justinianischen Pest bis zu 50 Mio. Menschen dahinraffte. Einige Historiker geben 100 Mio. Todesopfer an.
Wie breitete sich die erste Pest aus
Die Hauptstadt Ostroms war Konstantinopel, Dreh- und Angelpunkt des Reiches und zugleich Verbindungsstätte zwischen Europa und Vorderasien. Vom Hafen Konstantinopels wurden Waren verladen, um auf der Seidenstraße nach Asien transportiert zu werden oder auf Schiffen ins Mittelmeer oder Schwarze Meer verschifft zu werden.
Konstantinopel war demnach eine zentrale Stätte, wo Kulturen aufeinandertrafen, Waren und Wissen ausgetauscht wurde. Aber es wurden auch Krankheiten ausgetauscht.
Nachdem die Pest den Hafen von Konstantinopel im Frühjahr 542 erreichte, wurde die Krankheit samt Waren auf Schiffen verladen. Schiffsratten und Besatzung waren die Überträger. Und so erreichte die Pest schließlich sämtliche Häfen im Mittelmeerraum und wanderte später landeinwärts nach Kleinasien oder in den Westen nach Griechenland bis Italien.
Was war die zweite Pestwelle
Die zweite große Pestwelle traf Europa im Spätmittelalter. Noch im Hochmittelalter wuchs die Bevölkerung in Europa drastisch an. Grund war eine Überproduktion an Nahrungsmitteln.
Als 1346 die Zweite Pestwelle auftrat, war die Seuche so verheerend, dass man die Zeit als Großes Sterben oder Große Pest bezeichnete. Aufgrund der Krankheitssymptome wurde die mittelalterliche Pestwelle auch als Schwarzer Tod bezeichnet.
Das Besondere an der mittelalterlichen Pest war, dass sie in ihrer Potenz (Ausbreitung, Sterblichkeit) über sechs Jahre anhielt. Es war der tödlichste Krankheitsausbruch in der Geschichte und Historiker nehmen an, dass die Sterblichkeitsraten bei über 70 oder 80 Prozent lagen. Ein Drittel der europäischen Weltbevölkerung starb in den Pestjahren zwischen 1346 und 1352.
Woher kam die zweite Pestwelle
Man nimmt an, dass die Pest von den Mongolen eingeschleppt wurde. Die Stadt Kaffa auf der Krim-Halbinsel im Schwarzen Meer war im 13. Jahrhundert eine Außenstützpunkt der Republik Genua.
Die Goldene Horde (Mongolen) belagerten die Stadt in den 1340-er Jahren. Unter den Belagerern brach 1346 die Pest aus. Die Pestleichen wurden auf Katapulte gelegt und über die Stadtmauern Kaffas geschossen. Als die italienischen Kaufleute aus Kaffa flohen, nahmen sie den Schwarzen Tod unwissend mit auf ihre Handelsschiffe.
Zunächst breitete sich die Seuche im Schwarzmeerraum aus und wurde wieder auf Schiffen und Transportkisten beladen. Da die Handelsschiffe und das dort befindliche Getreide von Menschenhand entladen wurde, wanderten die Pestflöhe von Schiffsratten auf das Entladungspersonal und sorgten so dafür, dass sich die Krankheit in den Zielhäfen ausbreiten konnte.
Was war die dritte Pestwelle
Mitte des 19. Jahrhunderts tauchte die Pest ein drittes Mal auf. Keimzelle des Ausbruchs war die chinesische Provinz Yunnan. Erste Ausbrüche in dieser Provinz reichen ins 18. Jahrhundert zurück.
Über mehrere Jahrzehnte blieben die Ausbrüche im Südwesten Chinas lokalisiert, bevor sich die Krankheit über Handelsrouten und Schiffswege ausbreitete. Diese dritte Welle dauerte bis etwa 1960 an.
In den USA ereignete sich 1924 in Los Angeles ein letzter großer Ausbruch. Im Jahr 1959 sank die Anzahl der Todesfälle auf 200 pro Jahr, weshalb die Pandemie als beendet galt. Einen größeren Pestausbruch dieser Variante gab es dann 1994 in Indien mit 52 Todesfällen.
Wie wurde der Krankheitserreger der Pest entdeckt
Bei der Pest werden die Pestbakterien durch einen Flohbiss übertragen. Diese wandern dann über die Lymphgefäße zum Lymphknoten, wodurch dieser anschwillt. Als die Pest 1894 in Hongkong ausbrach, gelang es dem schweizerisch-französischen Arzt Alexandre Yersin, das Bakterium (Yersinia pestis) zu isolieren.
Zuvor hatte es der japanische Bakteriologe Kitasato Shibasaburō ebenfalls isoliert. Da aber die Erstbeschreibung des Japaners ungenau war und Zweifel zur Krankheitsursache zuließ, wurde das Pestbakterium (Yersinia pestis) nach dem Europäer Yersin benannt.