Karolingerreich
Das Karolingerreich oder Karolingische Reich (800 – 887) war eine Phase des Frankenreichs im Frühmittelalter. Jenes Reich erstreckte sich in West- und Mitteleuropa und wurde mit der Kaiserkrönung Karl des Großen (800) begründet. Für die Geschichte ist es deshalb bedeutet, da das Karolingerreich das erste westeuropäische Kaiserreich seit der Antike war.
Das Frankenreich wurde zu dieser Zeit durch die Karolinger-Dynastie regiert. Diese stellte seit dem Jahr 751 die Könige der Franken und seit 774 auch die Könige der Langobarden. Mit dem Beginn des Karolingischen Reichs wurde die Merowingische-Dynastie im Frankenreich abgelöst.
Die Kaiserkrönung Karl des Großen stand in Tradition zum Römischen Reich, weshalb die Reichsgründung als Möglichkeit gesehen wurde, das Weströmische Reich (Untergang 476 n.Chr.) wieder zu beleben und Westeuropa rechtlich vom Byzantinischen Reich (Ostrom) zu lösen. Auch aufgrund dieser Reichsgründung wird Karl der Große als Vater Europas (pater Europæ) bezeichnet. In einigen Quellen wird das Karolingische Reich als Vorstufe des Heiligen Römischen Reiches betrachtet, weshalb die Geschichtsdarstellung dieses Großreich als Ursprung der deutschen und französischen Geschichte gleichermaßen sehen.
Inhalt
- 1 Steckbrief
- 2 Was war das Karolingerreich
- 3 Was ist der Unterschied zwischen Karolingerreich und Frankenreich
- 4 Wie entstand das Karolingerreich
- 5 Welche Gebiete eroberte das Karolingerreich
- 6 Wie groß war das Karolingerreich
- 7 Wie kam es zum Zerfall des Karolingerreiches
- 8 Wurde das Karolingerreich nochmals vereint
- 9 Was wurde aus dem Karolingerreich
Steckbrief
Name: | Karolingerreich, karolingische Reich, Imperium Romanum, Universum Regnum, Romanorum sive Francorum Imperium, Imperium Christianum |
Bedeutung: | erstes legitimes Nachfolgereich des Römischen Reichs |
Historische Epoche: | Frühmittelalter |
Hauptstadt: | Metz und Aachen |
Landesfläche: | 1.200.000 km² |
Bevölkerung: | Zwischen 10 und 20 Mio. |
Währungen: | Denar (Karolingische Münzsystem) |
Religion: | Christentum |
Sprachen: | Amtssprachen: Mittellatein Verkehrssprachen: Fränkisch, Altgalloromanisch, Altfranzösisch, Altsächsisch, Althochdeutsch, Altholländisch, Altfriesisch, Gallo-Italische Sprachen, Altokzitanisch, Slawische Sprachen, Vulgärlatein |
Beginn: | 25. Dezember 800 (Kaiserkrönung Karl des Großen) |
Ende: | 17. November 887 (Absetzung Karl des Dicken) |
Bedeutende Herrscher: | Kaiser: Karl der Große (742–814) Ludwig der Fromme (778–840) Karl III. der Dicke (839 - 888) |
Teilung: | Vertrag von Verdun (10. August 843) Teilung von Prüm (19. September 855) |
Vorgänger: | Frankenreich (Merowingerreich) Königreich der Langobarden Awaren-Khaganat Sachsenreich |
Nachfolger: | Westfrankenreich Mittelfranken Ostfrankenreich Heiliges Römisches Reich |
Untergang: | -17. November 887: Absetzung Karl III. (der Dicke) -13. Januar 888: Kaiser Karl III. stirbt. In den Kämpfen um seine Nachfolge zerfällt das Frankenreich endgültig. -29. Februar 888: Odo von Paris wird unter Umgehung des Thronanspruchs König des Westfrankenreichs. Damit wird erstmals kein Karolinger westfränkischer König. -Berengar I. aus dem Geschlecht der Unruochinger wird durch Bischof Anselm von Mailand in Pavia zum König der Langobarden in Reichsitalien (Mittelfranken) gekrönt. |
Was war das Karolingerreich
Das Karolingerreich ist eine moderne Konvention. Das bedeutet, dass niemand im 8. oder 9. Jahrhundert das Frankenreich so nannte. Stattdessen wählte man lateinische Begriffe – wie „universum regnum“ („das ganze Reich“), „Romanorum sive Francorum imperium“ („Reich der Römer und Franken“) oder „imperium christianum“ („christliches Reich“).
Da sich das Karolingische Reich als einzig legitimer Nachfolgestaat des Römischen Reiches betrachtete, war auch der Begriff „Romanum imperium“ („Römisches Reich“) geläufig.
Das Ziel der Karolinger war es, die Gebiete des ehemaligen Römischen Reiches wieder zu vereinen. Und zwar christlich. Denn vier Jahrhunderte zuvor ging das Weströmische Reich unter. Das bedeutet, dass das Machtgebiet des ehemaligen Reiches in viele kleine regionale Königreiche zerfiel. Die Franken hatten für diese Nachfolgestaaten auch einen abfälligen Namen. Und zwar nannten sie diese Staaten: Barbarenreiche.
Diese Barbarenreiche wollte Karl der Große zurückerobern und in sein Frankenreich eingliedern, was ihm auch gelang. In der Folge entstand das erste westeuropäische Kaiserreich seit der Antike.
Was ist der Unterschied zwischen Karolingerreich und Frankenreich
Das Frankenreich entstand im 5. Jahrhundert unter der Dynastie der Merowinger. Pippin der Jüngere, welcher Vater von Karl dem Großen war, löste die Merowinger ab und wurde zum ersten König aus der Dynastie der Karolinger.
Der Machtwechsel zu den Karolingern hatte Folgen. Allerdings erst zur Regierungszeit Karls des Großen. Denn dieser eroberte die germanischen Gebiete im Westen, eroberte die Sachsengebiete, Bayern und Italien. Durch diese Eroberungen – was geschichtlich als Einigung dargestellt wurde – schuf er ein Großreich, welches dem Gebiet des ehemaligen Westroms glich.
Aus dem fränkischen Königreich wurde so ein territoriales Großreich bzw. rechtlich Kaiserreich. Fortan stand der fränkische Kaiser, welcher sich in antiker Tradition als römischer Kaiser bezeichnete, auf einer Stufe mit dem Kalifen von Bagdad und dem Kaiser des Byzantinischen Reiches. Und somit gehörte Karl der Große mit seiner Kaiserkrönung im Jahr 800 zum Trio der mächtigen Drei.
Wie entstand das Karolingerreich
Die Dynastie der Karolinger wurde im Jahr 751 im Frankenreich begründet. Wegbereiter des Dynastiewechsels war Karl Martell (688 – 741). Dieser war Hausmeier (Beamtentitel) im merowingischen Frankenreich.
Im 7. Jahrhundert regierten die Merowingerkönige wohlmöglich nur noch als Schattenkönige, wobei einige Forscher dieses Bild kritisch sehen. Faktisch regiert wurde das Frankenreich durch die Hausmeier. Einen echten Dynastiewechsel hat es bis dahin aber nicht gegeben. Zwar hatte ein fränkisches Hausmeier, namens Grimoald der Ältere dies in der Vergangenheit versucht, scheiterte aber und wurde in Paris hingerichtet.
Erst Karl Martell, welcher zwischen 737 und 741 als Hausmeier zugleich Alleinherrscher war, schaffte den Wechsel. Mit Unterstützung von Papst Zacharias sorgte er dafür, dass der Merowingerkönig Childerich III. abgesetzt wurde und Martells Sohn (Pippin der Jüngere) den fränkischen Thron besetzten konnte.
Die Dynastie der Karolinger wurde demnach von Karl Martell begründet. Der erste König war aber Pippin der Jüngere, welcher bis in Jahr 768 regierte und dann von seinem Sohn Karl dem Großen abgelöst wurde.
Welche Gebiete eroberte das Karolingerreich
Wie schon beschrieben, wollte Karl der Große die Barbarenreiche erobern und christlich ins Frankenreich integrieren. Dies gelang ihm auch. So schaffte er es, die Germanen westlich der Elbe zu besiegen. Dadurch dehnte er seinen Machteinfluss bis in die russische Steppe aus.
Er führte permanent Krieg gegen die Barbaren und schaffte es, 774 auch das Langobardenreich (Italien) zu erobern. Seit der Islamischen Expansion (630-er) regierten die Araber in Spanien. Karl der Große unternahm 778 einen Feldzug dorthin, scheiterte aber dabei, die Araber zu vertreiben.
Weiterhin bezwang er 794 den König von Bayern (Tassilo III.). Und in den Sachsenkriegen zwischen 772 und 804 eroberte er die germanischen Sachsen und integrierte das Sachsenreich ins Karolingerreich. Während der Awarenkriege (788-803) wurden die Slawen unterworfen und das Reich nach Osten bis zur Russischen Steppe ausgedehnt.
Wie groß war das Karolingerreich
Zum Zeitpunkt seiner größten Ausdehnung lebten im Karolingerreich zwischen 10 und 20 Millionen Menschen. Zum Vergleich: Zu Beginn des 9. Jahrhundert lebten schätzungsweise 100 bis 200 Millionen Menschen auf der Erde. Demnach war jeder Zehnte eine Franke.
Das Kernland war Franken im heutige Frankreich, welches zwischen Loire und Rhein lag. Dort befand sich auch Aachen als Königs- oder Kaiserresidenz.
Im Süden überquerte das Reich die Pyrenäen in Richtung des heutigen Spanien. Damals lag dort das arabische Emirat Córdoba. Nach der Rückeroberung (Reconquista) entstand dort 824 das Königreich Pamplona.
Im Norden reichte das Karolingerreich bis nach Dänemark. Die Westgrenze verlief später zum Herzogtum Bretagne, welches sich aber erst im Jahr 939 – nach den Wikingereinfällen – bildete.
Im Osten waren die Awaren in Polen, Tschechien, Ungarn und auf dem Balkan. Aber die Slawen und Awarenreiche wurden im Zuge der Awarenkriege (788 – 803) besiegt und integriert.
Das Gebiet in Süditalien bestand nach dem Langobardenkrieg (774) nur noch in Resten. Das Herzogtum Benevento blieb ein Überbleibsel des einstigen langobardischen Königreichs (nach 774).
Demnach umfasste das Karolingerreich ganz Mitteleuropa bis nach Spanien, ganz Südeuropa bis nach Mittelitalien und ganz Westeuropa bis zur Nordsee.
Wie kam es zum Zerfall des Karolingerreiches
Bereits vor dem Tod Karl des Großen wurde das Karolingerreich unter seinen Söhnen aufgeteilt:
- König Karl der Jüngere erhielt den Nordwesten (ehemals Neustrien)
- König Ludwig der Fromme erhielt Aquitanien
- König Pippin erhielt Italien
Als Karl der Große im Jahr 814 war nur noch Ludwig der Fromme von seinen drei Söhnen über. Ludwigs Brüder Pippin und Karl der Jüngere starben bereits 810 und 811. Beide hatten selbst keine Erben, so dass das ganze Kaiserreich an Ludwig den Frommen ging. Mit dem Tod Ludwig des Frommen wurde das Karolingerreich zwischen dessen Söhnen Lothar I., Ludwig II. und Karl II. aufgeteilt. Die Teilung geschah im Vertrag von Verdun am 10. August 843.
- Lothar erhielt die Kaiserwürde und auch das Mittelreich (Mittelfranken) mit Italien
- Ludwig II. (der Deutsche genannt) erhielt Ostfranken (Ostfrankenreich), aus dem später das deutsche Gebiet (Regnum Teutonicum) und das Heilige Römische Reich (ab 962) hervorgehen wird.
- Karl II. (der Kahle genannt) erhielt Westfranken (Westfrankenreich), aus dem später Frankreich hervorgehen wird.
Wurde das Karolingerreich nochmals vereint
Eine Möglichkeit das Karolingerreich nochmals zu vereinen, geschah unter Karl dem Dicken. Dieser war Sohn von Ludwig II. (dem Deutschen). Karl der Dicke ließ sich im Jahr 881 zum Kaiser krönen. Als dann im nächsten Jahr Ludwig III. (König des Ostfrankenreiches) und Ludwig III. (König des Westfrankenreiches) starben, erbte Karl der Dicke zunächst nur das Ostfrankenreich. Das Westfrankenreich erbte Carloman (Karlmann II.). Als dieser aber bei einem Jagdunfall im Jahr 884 starb und keine Kinder zurückließ, wurde das Westfrankenreich an Karl den Dicken vererbt.
Zwischen 884 und 888 regierte Karl der Dicke das Karolingerreich als Kaiser auf einem Territorium, welches dem fränkischen Reich seines Urgroßvaters (Karl dem Großen) entsprach. Damit war das karolingische Frankenreich wieder vereint.
Was wurde aus dem Karolingerreich
Für den endgültigen Niedergang sorgten die Wikinger. Denn Karl der Dicke stellte sich als unfähig dabei an, das Reich gegen die Wikingereinfälle zusammenzuhalten.
Die Wikinger begannen mit der Belagerung von Paris im Jahr 885. Um Paris freizukaufen, bezahlte Karl im Jahr 886 den Wikingern 700 Pfund Silber. Dadurch wurde er im Westfrankenreich als feige und inkompetent angesehen. Ein Jahr später erhob Arnulf von Kärnten den Aufstand. Dieser war unehelicher Sohn von Carloman und vertrieb seinen Onkel. Im Jahr 888 starb Karl der Dicke im Exil in Neudingen (Baden-Württemberg, Deutschland).
Ab 887 regierte Arnulf als König das Ostfrankenreich. Dieser setzte die Karolinger-Dynastie im Ostfrankenreich fort. In Italien wurde Berengar I. zum König über Italien, welcher ab 915 auch Kaiser des Reiches wurde. Dieser war Neffe von Karl dem Kahlen.
König des Westfrankenreichs wurde Odo von Paris, welcher sich bei der Belagerung von Paris bewehrte. Durch seine Krönung begründete Odo die Dynastie der Robertiner im Westfrankenreich. Durch diese Dynastiegründung verloren die Karolinger das Westreich.