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Kirchenstaat


Der Kirchenstaat ist der Vorgängerstaat von Vatikanstadt, welcher ab dem Jahr 756 und bis zum 6. Oktober 1870 existierte. Es war das weltliche Herrschaftsgebiet des Papstes, welches Teile von Mittelitalien bis zur Küste der Adria umfasste. Die Legitimation eines Staatsgebietes, welches der Westkirche unterstellt war, geht auf viele Schenkungen von Königen und anderen Herrschern zurück.

Bereits im 6. Jahrhundert war der Papst einer der größten Grundbesitzer in Italien. Die Schenkungen basierten darauf, dass der Papst neue Herrscher als rechtmäßig anerkennen und seine Unterstützung zusichern würde. Damit würde ein Eroberer oder Thronanwärter den göttlichen Beistand genießen und das eroberte Volk hinter sicher bringen, wodurch Unruhen und Aufstände entgegengewirkt werden würde.

Durch die Verknüpfung zwischen weltlicher und geistlicher Macht, entstand ein Bündnis. Die Kirche profitierte durch Ländereien und genoss den Schutz des weltlichen Herrschers. Und die weltlichen Herrscher verstanden sich als Beschützer des Christentums, wodurch ihnen Gottesbeistand und Legitimation zur Herrschaft zugesichert wurde.

Steckbrief

Der Kirchenstaat zum Zeitpunkt seiner größten Ausdehnung zwischen 1649 bis 1791

Der Kirchenstaat zum Zeitpunkt seiner größten Ausdehnung zwischen 1649 bis 1791


Kirchenstaat
Hauptstadt:Rom
Fläche:44.000 km² (vor 1859)
Bevölkerung:3,12 Mio. (1853)
Gründung:756 (Pippinische Schenkung)
Auflösung:1870
Vorgänger:Herzogtum Rom
Nachfolger:Vatikanstadt (seit 11. Februar 1929) als Innenbezirk von Rom

Große Teile des Kirchenstaates gingen 1861 in das italienische Königreich über

Avignon gehört heute zu Frankreich
Religion:Römischer Katholizismus (Staatsreligion)
Amtssprachen:Latein, Italienisch
Sonstige Sprachen:Romagnolisch
Staatsoberhaupt:Papst
Regierungschef:Papst
Staats- und Regierungsform:absolute Monarchie als Wahlmonarchie
Erster:Papst Stephan II. (756 - 757)
Letzter:Papst Pius IX. (1846 - 1870)
Währung:Römischer Scudo (bis 1866)
Päpstliche Lira (1866–1870)

Was war der Kirchenstaat

Der Kirchenstaat war ein Staatenverbund im Mittelalter, zu welchem mehrere Regionen Mittelitaliens gehörten. Das Zentrum und auch die Hauptstadt des Kirchenstaates war Rom.

Die Staatsreligion war der Katholizismus. Demnach war der Kirchenstaat und insbesondere die Stadt Rom zugleich der Mittelpunkt der römisch-katholischen Kirche.

Regiert wurde der Kirchenstaat vom Papst. Die Regierungsform war eine absolute Monarchie, obwohl der Papst bei der Konklave gewählt wurde (Wahlmonarchie). Da sich der Staat und auch das Oberhaupt des Staates als von Gott legimitiert sahen, handelte es sich um einen Gottesstaat (Theokratie).

Was gehörte zum Kirchenstaat

Das Gebiet des Kirchenstaates variierte im Mittelalter immer wieder. Denn auch der Kirchenstaat führte Krieg, besetzte Gebiete oder mischte sich in die politischen Angelegenheiten der europäischen Großmächte ein.

Zum Kerngebiet des Kirchenstaates gehörte natürlich Rom und das umgebende Territorium in Mittelitalien (Latium). Im 11. und 12. Jahrhundert stand das Herzogtum Benevento ebenfalls unter päpstlicher Kontrolle.

Kirchenstaat mit Latium, Pentapolis und Romagna zu Beginn des 11. Jahrhunderts, Bildlizenz: <a href="http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/" target="_blank">CC BY-SA 3.0</a>, Von Bamse

Kirchenstaat zu Beginn des 11. Jahrhunderts

Während des 14. Jahrhunderts gehörte die Grafschaft Avignon (Südfrankreich) ebenfalls zum Kirchenstaat. In der Zeit des avignonesischen Papsttums war Avignon neben Rom das Machtzentrum des Kirchenstaates.

Wie entstand der Kirchenstaat

Der Kirchenstaat entstand aus dem Patrimonium Petri (Grundbesitz des Papstes) heraus, deren Grundlage im 4. Jahrhundert geschaffen wurde. Im Frühmittelalter wurde auf diesen Besitztümern ein eigener Staat gegründet.

Entstehung des Kirchenstaates, Bildlizenz:  <a href="http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/" target="_blank">CC BY-SA 3.0</a>

Entstehung des Kirchenstaates

Weltliche Gebiete wurden durch Schenkungen dazu erworben. Die bedeutendsten Schenkungen waren die Schenkung von Sutri, die Pippinsche Schenkung und die angebliche Schenkungsurkunde von Konstantin den Großen, welche bereits in der Antike ausgestellt worden sein sollte. Die beiden letzteren waren die Grundlage dafür, dass um Rom herum ein souveräner Staat entstehen konnte.

Patrimonium Petri

Das Patrimonium Petri (deutsch: Vermögen des Petrus) waren die Grundbesitztümer des Papstes und der römisch-katholischen Kirche. Bis zur Gründung des Kirchenstaates (8. Jahrhundert) handelte es sich beim Patrimonium Petri ausschließlich um Privatbesitztümer.

Der Ursprung dieses Besitzanspruches geht auf Kaiser Konstantin den Großen zurück, welcher 321 n. Chr. erklärte, dass die christliche Kirche selbst Eigentum besitzen dürfe. In der Folge wurde die Kirche durch Spenden aufgestockt.

Viele wohlhabende Familien beschenkten die Kirche, da ihr Name – nach ihrem Ableben – in den Schenkungsurkunden erhalten blieb. So erhielt Papst Silvester I. (300 – 335) diverse Besitztümer in Italien, Sizilien, Kleinasien und Armenien.

Bis zur Mitte des 6. Jahrhundert waren jene Schenkungen und Spenden so zahlreich gewesen, dass der Papst einer der größte Grundbesitzer in Italien wurde. Aber bereits um 600 n.Chr. hörten die Großschenkungen auf. Denn in Italien nahmen die Konflikte mit den Langobarden zu und die byzantinischen Kaiser bevorzugten das Patriarchat von Konstantinopel (spätere Ostkirche).

Zu Beginn des 8. Jahrhunderts waren die Besitztümer des Papstes wieder deutlich beschränkt. Er kontrollierte nur noch Rom als ein Verwalter des byzantinischen Reiches.

Exarchat von Ravenna

Das Herzogtum Rom entstand im 7. Jahrhundert, gefördert durch Papst und dem byzantinischen Reich (ehemals oströmisches Reich).

Dass inmitten von Italien ein eigenständiger Staat – unter Führung eines Kirchenoberhaupts – entstehen konnte, hat etwas mit der anhalten Besetzung Italiens seit der Antike zu tun. Denn im Zuge der Völkerwanderung fielen im 4. und 5. Jahrhundert germanische Stämme ins weströmische Reich ein und brachten solche Unordnung, dass der Staatsapparat zerfiel und aufgegeben werden musste.

Als dann im Jahr 476 n.Chr. das Weströmische Reich unterging, wurde die italienische Halbinsel zuerst von Odoaker, später vom Ostgotenkönig Theoderich dem Großen regiert. Das Oströmische Reich versuchte seitdem immer wieder, die ehemals weströmischen Besitztümer in Italien zurückzuerobern und das römische Reich der Antike als eine Einheit wiederherzustellen.

Der Papst blieb als Bischof in Rom tätig und unterwarf sich den weltlichen Herrschern (Ostgoten). Ab 535 begann der oströmische Kaiser Justinian I. damit, Mittel- und Süditalien zurückzuerobern. In der Folge entstand ein byzantinischer Verwaltungsbezirk mit Rom im Zentrum.

Jene Verwaltungseinheit wird als Exarchat von Ravenna bezeichnet. Und kurze Zeit schien es so, als ob die byzantinischen Kaiser die alte Ordnung in Italien wiederherstellen könnten. Doch dann drangen im Jahr 568 die Langobarden im Norden Italiens ein und eroberten nahezu das gesamte Territorium, welches Byzanz so mühsam zurückerobert hatte.

Herzogtum Rom

Bis ins 7. Jahrhundert war die byzantinische Kontrolle in Italien nahezu erloschen. Nur ein dünner Streifen zwischen Rom und Ravenna unterstand noch der oströmisch-byzantinischen Autorität. Da der Papst der größte Grundbesitzer war, übernahm er ganz natürlich die Verwaltung in diesem Gebiet. Allerdings war er kein Herrscher, sondern vielmehr ein Verwaltungsbeamter mit besonderen Befugnissen.

Man kann sagen: Das Oberhaupt der katholischen Kirche war immer noch den Herrschern in Konstantinopel (Byzanz) verpflichtet, deren Macht in Italien allerdings – ohne den Papst – nicht durchsetzbar gewesen wäre. Die Päpste blieben Untertanen des oströmisch-byzantinischen Reiches, aber das Gebiet um Rom wurde in der Praxis zu einem eigenständigen Stadtstaat.

Aufstieg des Papstes zum weltlichen Herrscher

Zunächst arbeiten Papst und byzantinischer Kaiser noch zusammen. In der Bevölkerung gewannen die Päpste im 6. und 7. Jahrhundert immer mehr Macht. Denn die Kaiser des byzantinischen Reiches waren weit weg. Und um die Einfälle der Langobarden kümmerte sich Rom nahezu selbst.

Demnach wurde der Verwalter des Herzogtum Roms, welcher der Papst war, zunehmend in der Bevölkerung auch als weltlicher Herrscher angesehen. Hinzu kam, dass es zu Spannungen zwischen Rom und Byzanz kam. So entzweite der byzantinische Bilderstreit (726 – 787) den Papst und Kaiser. Seinen Höhepunkt hatte der Bildersturm mit der Exkommunion von Kaiser Leo III. durch Papst Gregor II..

Da die Päpste aber über keine militärischen Mittel verfügten, lösten sie die Probleme mit den Langobarden auf friedlichen Weg mit Diplomatie. Letztlich waren die Langobarden zwar germanischen Ursprungs, aber mittlerweile ebenfalls Christen und zu Gesprächen mit dem Oberhaupt der Kirche bereit. Durch eine diese diplomatischen Schachzüge kam der Papst in den Besitz der Stadt Sutri.

Schenkung von Sutri

Die Langobarden haben die Stadt Sutri im Zuge ihres Einmarschs (Jahr 568) erobert. Jene Stadt lag im Latium, nahe Roms. Seitdem war es langobardisch verwaltet worden. Zuvor gehörte Sutri zu den Besitztümern des Petrus (Patrimonium Petri).

Als 726 der Bilderstreit zwischen Papst und Byzanz ausbrach, entsandte das byzantinische Reich seine Truppen aus der Exarchat von Ravenna. Diese sollten den Papst verhaften. Doch die christlichen Langobarden stellten sich auf Seite des Papstes. Und so ließ der langobardische König Liutprand die Stadt Ravenna belagern und eroberte weitere byzantinische Städte.

Um die Byzantiner weiter zu schwächen, übertrug Liutprand die Kontrolle von Sutri an Papst Gregor II.. Und so gelangte die Stadt wieder zurück in den Kirchenbesitz. Bis 742 folgten weitere Schenkungen durch Liutprand. Und so gingen die Orte Amelia, Orta, Bomarzo und Bieda zurück in den Kirchenbesitz.

Bündnis mit dem Frankenreich

Nach Liutprand Tod (744) folgten im Langobardenreich mehrere Kurzherrscher, bis 749 Aistulf an die Macht kam. Dieser wandte sich wieder gegen den Papst und gegen Rom.

Der damalige Papst war Zacharias. Und dieser suchte nun den Herrscher vom Frankenreich auf, um dort Unterstützung gegen die Langobarden zu erbitten.

Im Frankenreich war gerade ein Konflikt zwischen dem Herrschergeschlecht der Merowinger und ihren Verwaltungsbeamten (Karolingern) entfacht wurden.

Die Merowinger verloren die Macht und Karl Martell setzte sich als Oberhaupt durch. Doch Martell starb 741 und sein Sohn Pippin der Jüngere sollte 751 auf den Königsthron im Frankenreich folgen. Um Legitimation für die Königskrone zu bekommen, brauchte der Karolinger die päpstliche Unterstützung.

Papst Zacharias bestätigte die Königswahl, wodurch die Karolinger als Herrscherdynastie bestätigt waren und das Karolingerreich begründet wurde. Im Gegenzug sicherte Pippin der Jüngere dem Papst die nötige Unterstützung gegen die Langobarden zu.

Pippinsche Schenkung

Papst Zacharias starb 752, sein Nachfolger Stephan II. starb vier Tage nach der Papstwahl an einem Schlaganfall. Er hatte nie die Bischofsweihe empfangen und deshalb kam es zur Neuwahl und ein neuer Stephan II. wurde Papst (auch als Stephan III. bezeichnet).

Nach neuerlichen Konflikten mit Aistulf überquerte Stephan II. im Oktober 753 die Alpen und traf im Januar 754 im französischen Ponthion ein. Er gilt als erster Papst, welcher selbst die Alpen überquerte. In Ponthion traf sich Stephan mit dem Karolingerkönig Pippin dem Jüngeren.

Nur mit Büßerkleidung gekleidet, bat Papst Stephan II. den Karolinger um Unterstützung im Kampf gegen die Langobarden. Bis zum April 754 verhandelten beide. Heraus kam ein Vertrag, welcher als Pippinsche Schenkung bekannt ist.

Die Pippinsche Schenkung ist die Grundlage für die Gründung des Kirchenstaates. Und ist ebenfalls die rechtliche Grundlage für das Bestehen des heutigen Stadtstaates Vatikanstadt.

Aufgrund dieser neuen Vereinbarungen wandte sich Papst Stephan gänzlich vom byzantinischen Reich ab und wandte sich vollends dem Frankenreich zu. Auch Pippin hielt seine Versprechungen ein und eroberte sämtliche Gebiete des Langobardenreichs zurück.

Bis 756 war die erste Rückeroberung abgeschlossen. Und die zurückeroberten Gebiete wurden dem neu gegründeten Kirchenstaat als Schenkung übermacht. Somit war die Pippinsche Schenkung zur Gründungsgrundlage des Kirchenstaates und seinem Nachfolger (Vatikanstadt).

Konstantinische Schenkung

Die Konstantinische Schenkung ist eine Schenkungsurkunde, welche um 800 (Kaiserkrönung Karl des Großen) auftauchte. Angeblich soll die Urkunden von Konstantin I. um 315 n. Chr. ausgestellt worden sein.

In der Urkunde steht beschrieben, dass Kaiser Konstantin die Stadt Rom, das ganze Italien und Teile des weströmischen Reiches an Papst Silvester I. und dessen Nachfolger überträgt.

Dieses Dokument war gefälscht worden, was im 15. Jahrhundert bewiesen werden konnte. Dennoch war die Schenkungsurkunde immer der Grund dafür gewesen, weshalb die katholische Kirche sämtliche Gebiete in Italien für sich beanspruchen konnte. Der Nachweis der Fälschung änderte daran kaum etwas.

Dennoch wurde die Rechtsgrundlage des Kirchenstaates im 15. Jahrhundert höchst unsicher. Einige Historiker nehmen an, dass die Pippinsche Schenkung ebenfalls eine Fälschung der katholischen Kirche gewesen sein könnte. Dadurch wäre die Rechtsgrundlage, auf welche der Kirchenstaat bis 1870 bestehen konnte, unrechtmäßig gewesen.

Kirchenstaat im Mittelalter

Als Karl der Große (Sohn Pippin des Jüngeren) im Jahr 800 zum Kaiser gekrönt wurde, war er der erste Kaiser Westeuropas seit dem Untergang der Antike. Mit seiner Kaiserkrönung wurde die römische Kaiserwürde wiederhergestellt und die katholische Kirche legitimierte das Frankenreich (Karolingerreich) als Nachfolgestaat des römischen Reiches.

Der Titel des römischen Kaisers verpflichtete den Amtsinhaber dazu, das Christentum und damit auch den Kirchenstaat zu beschützen. Um das Band zwischen Kirche und dem Frankenreich zu demonstrieren, fand die Kaiserkrönung in Rom durch Papst Leo III. statt.

Aber aus dieser Schutzstellung heraus, entstanden viele Konflikte zwischen Kirchenstaat und Reich. Es ging um Macht und Einfluss. Das Christentum war im Mittelalter der Einheitsmacher für Europa. Unter dem christlichen Gott ließ sich eine Einheit (Abendland) formen, einheitliche Moralvorstellungen definieren und ein gemeinsames Wertesystem schaffen. Demnach verschmolzen Religion und Politik immer mehr miteinander. Die offene Frage war nur: Wer bestimmt die Politik – Kaiser oder Papst.

Schützling des Alten Reichs

Nach dem Tod von Karl dem Großen zerfiel das Frankenreich in einen Ost- und einen Westteil. Aus dem Westfrankenreich ging später das Königreich Frankreich hervor. Und das Ostfrankenreich geriet unter die Vorherrschaft der Deutschen (Regnum Teutonicum).

Da die Kaiserwürde an das Ostfrankenreich weitergegeben wurde, war der deutsche Königstitel ab 962 (Kaiserkrönung Otto der Große) immer eine Vorstufe zum römischen Kaisertitel gewesen. Demnach setzte sich die Bezeichnung römisch-deutscher Kaiser im Heiligen Römischen Deutscher Nationen (Alte Reich) durch.

Im Gegenzug verpflichtete sich der Herrscher des Heiligen Römischen Reiches dazu, das Christentum zu beschützen. Und da Kirchenstaat und Papst die weltlichen Bewahrer des Christentums waren, sollten auch diese beschützt werden.

Kaiser Otto der Große setzte 962 (Kaiserkrönung) das Privilegium Ottonianum auf. In diesem Privileg bestätigt der Kaiser, dass die Pippinische Schenkung rechtswirksam ist. Des Weiteren muss jeder Papst, vor seiner Weihe, dem Kaiser einen Treueeid schwören. Trotz des Treueschwures besiegelte das Papier, dass der Kaiser ein Garant eines eigenständigen Kirchenstaates sein wird.

Doch in den nächsten zwei Jahrhunderten stritten sich der Herrscher des Kirchenstaates und der Kaiser des Heiliges Römischen Reiches über sämtliche Fragen. Viele Kaiser betrachteten den Kirchenstaat als ein Teil ihres Reiches, schon deshalb – weil der Kirchenstaat auf militärische Sicherheit angewiesen war.

Gregorianischen Reformen

Papst Gregor VII. setzte im 11. Jahrhundert einige Reformen auf, welche den Klerus vor weltlichen Einflussnahme schützen sollte. Er prangerte an, dass die Absprache – welche zwischen dem fränkischen Kaisern und ihren Nachfolgern (römisch-deutschen Kaiser) einst getroffen wurden, nicht eingehalten wurden.

Aus jener Reformbewegung entwickelte sich ein Investiturstreit (1075 – 1122 ) zwischen den Herrschern im Reich und den amtierenden Päpsten. Beim Investiturstreit ging es um die Frage der Symbolik, aber auch um die Frage – wer einen Bischof oder Abt einsetzen dürfe, der Kaiser oder der Papst.

In dieser Zeit waren weltliche Herrscher (Fürsten, Ritter) oftmals auch geistliche Würdenträger. Politik und Religion verschmolzen im Mittelalter, weshalb auch die Päpste durch schwindende politische Macht ihre religiöse Macht in Gefahr sahen.

Als Papst Gregor VII. versuchte, die Investitur (Ernennung) aus den Händen der weltlichen Machthaber zu nehmen – brach der Investiturstreit zwischen ihm und König Heinrich IV. aus. Letztere versuchte die Bestimmung der geistlichen Würdenträger in seinem Einflussbereich zu halten, um die alleinige politisch-religiöse Macht zu behalten. Daraufhin wurde er vom Papst exkommuniziert, wodurch er gezwungen war – den Bußgang nach Canossa (1077) anzutreten.

Der Investiturstreit wurde erst 1122 beim Wormser Konkordat beigelegt. Bei diesem Konkordat (Vertrag zwischen Staat und Kirche) einigten sich Kaiser Heinrich V. und Papst Calixt II. auf einen Kompromiss. Der weltliche Herrscher durfte weiterhin die weltliche Investitur bestimmen, während der geistliche Herrscher die Kirchenämter besetzen durfte.

Letztlich gewann durch die Gregorianischen Reformen die wirkliche Souveränität des Kirchenstaates immer mehr an Bedeutung. Jene Reformen sollten die Grundlage für die Zwei-Schwerter-Theorie (Trennung weltlicher und geistlicher Macht) sein. Jedoch sahen sich einige weltliche Herrscher – wie Karl der Große oder Heinrich IV. – als von Gott auserwählte Herrscher, weshalb sie immer wieder in die Einflusssphäre des Papstes eindrangen.

Ghibellinen vs. Guelfen

Die Fraktionen von Papst und Kaiser werden als Ghibellinen und Guelfen bezeichnet. Während die Ghibellinen (Waiblinger) den Kaiser unterstützten, sahen die Guelfen (Welfen) die Politik des Papstes als rechtmäßig an. Der Streit zwischen beiden Fraktionen wurde auch gewaltsam ausgetragen und hielt bis ins 14. Jahrhundert an.

In vielen Chroniken italienischer Städte tauchen Konflikte zwischen beiden Gruppen auf. Dabei rangen die politischen Gruppierungen um Macht und Ansehen.

Viele Patrizierfamilie gehörten einer Gruppe an, wodurch deren wirtschaftliche Macht zu politischen Einfluss wurde. So wurde eine Fraktion politisch bevorzugt und die andere benachteiligt, wodurch sich die politische Auseinandersetzung bis ins Alltagsleben zog. Auch der Handel (Export und Import), Eheschließung u.Ä. war gruppenüberschreitend nicht möglich.

Annäherung an Frankreich

Nach dem Tod von Kaiser Friedrich II. (1250) wurde das Heilige Römische Reich instabil. Der amtierende König Konrad IV. (Haus der Staufer) starb unerwartet im Heerlager. Daraufhin erkannte der französische König Ludwig IX. das Machtvakuum der Staufer und näherte sich der Position des Papstes an. Dieser drängte auf eine völlige Beseitigung der Staufer, worauf Ludwig IX. seinen Bruder Karl von Anjou nach Unteritalien schickte, um das Königreich Sizilien zu erobern.

Die Zwischenzeit (Interregnum) im Heiligen Römischen Reich dauerte bis zur Wahl von Rudolf I. im Jahr 1273. Doch in dieser Zeit der Ungewissheit und fehlenden Zentralmacht, konnte Frankreich seine eigene Machtposition verbessern.

Während der Regierungszeit Philipp IV. stieg Frankreich zur stärksten Macht in Europa auf. Seine Macht nutzte Philipp IV., um Kardinäle zu bestimmen. Dies führte zum Streit mit Papst Bonifatius VIII., welcher die Bulle Unam Sanctam erließ. Diese gilt als bedeutendste päpstliche Bulle des gesamten Mittelalters. Denn Bonifatius stellt darin die geistliche Macht des Papstes offen über die weltliche Macht eines Königs.

Daraufhin klagt ihn Philipp IV. als Ketzer an und lässt ihn in seinem Sommerhaus festnehmen. An den Folgen der Festnahme starb Bonifatius im Oktober 1303 in Rom.

Bonifatius Nachfolger wurde Papst Clemens V., welcher zuvor Erzbischof von Bordeaux war. Dieser ging überhaupt nicht nach Rom, sondern ließ sich direkt in Lyon zum Papst krönen. Vier Jahre nach seiner Amtseinführung ging er nach Avignon und blieb dort dauerhaft.

Avignonesisches Papsttum

In Frankreich sollte Papst Clemens V. den Templerprozess für Philipp IV. führen. Der Templerorden war ein Ritterorden, welcher während der Kreuzzüge reich geworden war. Das Templergeld verliehen sie an die französische Krone und Philipp IV. war der größte Vermögensschuldner der Templer. Mit Hilfe des Papstes konnte er die Templer wegen Ketzerei anklagen, verurteilen und hinrichten lassen.

Die Templerprozesse endeten 1317, doch die Päpste konnten sich nicht der Kontrolle des französischen Königs entziehen. So blieb das Avignonesische Papsttum bis 1378 bestehen. Währenddessen gelang es Despoten in Italien, eigene Päpste zu ernennen und auszustatten.

Zwischen 1309 und 1377 residierten insgesamt 9 anerkannte Päpste in Avignon. Erst Papst Gregor XI. ließ sich zu einer Rückkehr nach Rom bewegen. Da die Franzosen dies nicht anerkannten, benannten sie einen eigenen Papst in Avignon, wodurch das Abendländische Schisma begann.

Kirchenstaat zur Renaissancezeit

Während der Renaissance stieg der Kirchenstaat zu einem Machtfaktor in Italien auf. Es kamen neue Territorien – wie Parma, Modena, Bologna, Ferrara, Romagna und Perugia – hinzu. Unter Papst Julius II., welcher aufgrund seiner Verwicklung in den Italienkriegen auch als Kriegerpapst bezeichnet wird, erreichte der Kirchenstaat seine bis dahin größte territoriale Ausdehnung.

Erster Renaissancekrieg

Der Konflikt zwischen Frankreich und dem Heiligen Römischen Reich hielt weiterhin an. In Norditalien begann 1494/95 der französische König Karl VIII. damit, ins Herzogtum Mailand einzumarschieren.

Dieses Gebiet wollten die Franzosen als Aufmarschgebiet nutzen, um das Königreich Neapel in Süditalien zu erobern. Denn laut den Franzosen war das Königreich keineswegs eigenständig, sondern gehörte zum Königreich Sizilien, welches Karl von Anjou von den Staufern erobert hatte.

Den Franzosen gelang der Durchmarsch und die Einnahme Neapels. Dadurch veränderten sich schlagartig die Machtverhältnisse in Italien. So wurden bspw. die Medici aus Florenz vertrieben und die italienische Staatenwelt von der Härte der Franzosen erschüttert.

Der Herzog von Mailand, welcher den Franzosen eigentlich zur Seite stand, erkannte nun – dass auch sein Herzogtum in Gefahr war. Deshalb gab es neue Allianzen auf der italienischen Halbinsel und die Stadtstaaten, welche bisher untereinander Krieg führten – waren gewillt, gemeinsam gegen die französische Übermacht vorzugehen.

Papst Alexander VI. schloss die Allianz der Heiligen Liga, zu welcher auch Kaiser Maximilian I., das Haus Aragon, die Sforzas aus Mailand und Venedig angehörten. Man konnte den Eindringling zurückdrängen und schließlich vertreiben. Aber die Franzosen kamen vier Jahre später, unter neuen Herrscher, zurück.

Zweiter Italienkrieg

Der neue französische König Ludwig XII. erhob Besitzansprüche auf Mailand, aufgrund von Erbfolgen. Dazu schloss er mit dem Spanier Ferdinand II. von Aragon einen Vertrag, um Granada aufzuteilen.

Zu diesem Zeitpunkt war Spanien bereits eine Kolonialmacht (seit Entdeckung Amerikas 1492) mit Goldeinkommen aus Übersee. In der Folge verlor Neapel seine Unabhängigkeit an die Spanier. In den nächsten 200 Jahren regierten die spanischen Habsburger über Süditalien.

Der Kriegerpapst Julius II. nutzte die Unruhen im Land, um Perugia zu besetzen. Mit Hilfe der Franzosen gelang es ihm, auch Bologna einzunehmen. Die Republik Venedig eroberte währenddessen einen Großteil von Oberitalien.

Krieg gegen Venedig

Um die Festlandgebiete Venedigs (Terraferma) zurückzuerobern, gründete Papst Julius II. die Liga von Cambrai. Dieser Liga gehörten nun die Franzosen (Ludwig XII.), die Spanier (Ferdinand II.), die Engländer (Heinrich VII. Tudor) und das Heilige Römische Reich (Maximilian I.) an.

Im Venezianischen Krieg wurde Venedig entscheidend geschwächt. Doch die Spanier und Franzosen griffen sich die Gebiete, welche einst von Venedig erobert worden. Daraufhin wurde 1511 eine neue Heilige Liga von Papst Julius II. ins Leben gerufen, welche sich nun gegen die Franzosen richtete.

Das Ziel war es, die Gebiete des Kirchenstaats zurückzuerobern und die Franzosen zu vertreiben. Zur Allianz gehörten der Kirchenstaat, die Republik Venedig, das Königreich Aragonien und die Schweizer Eidgenossen.

Krieg der Heiligen Liga

Die Heilige Liga endete mit dem Tod von Papst Julius II. am 21. Februar 1513. Zuvor wechselten die Venezianer die Seiten. Dennoch gelang es der Allianz, die Franzosen zu besiegen und Massimiliano Sforza als Herzog in Mailand wieder einzusetzen.

Die Italienkriege dauerten bis 1559 an. Einen traurigen Höhepunkt hatte die Plünderung Roms (Sacco di Roma) im Jahr 1527. Die Armeen von Kaiser Karl V. plünderten Rom, nahmen Papst Clemens VII. gefangen und verwüstete die Stadt. In diesem Jahr sank die Einwohnerzahl der Stadt von 55.000 auf 10.000.

Kirchenstaat zur Reformationszeit

Die Reformation begann 1517 als Martin Luther seine 95 Thesen vortrug. Demnach geschah dies zeitgleich zur italienischen Renaissance. Die Folge der Reformation war, dass sich die christliche Einheitskirche in verschiedene Konfessionen aufspaltete. (Protestantismus, Katholizismus)

Durch die Aufspaltung konnten sich einige Machthaber vom Katholizismus lösen und so der geistlichen Machtfessel entsagen. Aus diesen machtpolitischen Gründen konvertierten Herrscher zum Protestantismus, wodurch der Kirchenstaat bzw. das Papsttum an Einfluss verlor.

Proto-Protestantismus

Eine Form des Proto-Protestantismus entstand bereits in Italien nachdem die Medici aus Florenz (1494) vertrieben worden. Dort regierte dann der Dominikanermönch Girolamo Savonarola und versuchte, einen Gottesstaat aufzubauen.

Der Kriegerpapst Julius II. erwog sogar die Heiligsprechung Savonarolas, aber sein Nachfolger war Papst Leo X.. Und dieser war ein Medici, welcher natürlich versuchte, seine Familiendynastie in Florenz wieder einzusetzen.

Protestantismus

Martin Luther erwähnte Savonarola als Vordenker der Reformationsbewegung. Sowohl Luther als auch Savonarola übten starken Druck auf das Papsttum aus. Ein Kernthema Luthers war der Ablasshandel, wonach sich Sünder gegen Bezahlung freikaufen könnten.

Die katholische Kirche finanzierte durch den Handel mit Ablassbriefen ihre Stellung und den Kirchenstaat. Bereits in den 1520-er Jahren stand die christliche Kirche kurz vorm Bankrott und die Plünderung Roms (1527) verschärfte die Lage zunehmend.

In weiten Teilen Europas kam es zu Religionskriegen zwischen Protestanten und Katholiken. Das erste kleiner Scharmützel war der Reichsritteraufstand (1522 – 1523), bei dem der evangelische Ritterorden den Erzbischof von Trier gewaltsam absetzen wollten. Jener Konflikt war höchstwahrscheinlich Inspiration für den deutschen Bauernkrieg (1524 – 1525), welcher schon gewaltigere Ausmaße annahm.

Gegenreformation

Im Jahr 1533 löste sich der englische König Heinrich VIII. von der päpstlichen Autorität, um Anne Boleyn heiraten zu können. Damit wurde die englische Reformation ausgelöst.

Auf dem Konzil von Trient (1545 – 1563) wurde die katholische Wiederbelebung beschlossen, um eine Antwort auf die Abwanderungswelle zu geben. Die dort beschlossene Gegenreformation sollte durch die Römische Inquisition gestützt werden. Dadurch verschärften sich die europäischen Religionskriege nochmals.

Außerdem wurde die Sicht auf die Kirche für immer verändert. Predigten Päpste, wie Leo X. und Clemens VII. , noch den Humanismus – war dieses Element durch Inquisition und Gegenreformation komplett entfernt worden. Übrig blieb eine Orthodoxie, wodurch der Protestantismus noch attraktiver wirkte. Fortan wurde der Humanismus als ein Lehre gesehen, welche sich gegen Stellung der Kirche richtete.

Kirchenstaat in der Moderne

Die Religionskriege gipfelten in den Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648), an dessen Ende der Westfälische Friede stand. Ein Jahr später annektierte der Kirchenstaat das Herzogtum Castro und erreichte seine größte territoriale Ausdehnung.

Diese Fläche blieb bis 1791 erhalten. Zu diesem Zeitpunkt erstreckte sich das Gebiet über Latium, Umbrien, Marken und hatte Abseitsgebiete in Ravenna, Ferrara und Bologna- die sich bis nach Romagna erstreckten. Weiterhin besaß der Kirchenstaat immer noch die italienischen Enklaven Benevento und Pontecorvo in Süditalien. Auch die französische Grafschaft Avignon war immer noch Teil des Kirchenstaates.

Erst in der napoleonischen Ära musste der Kirchenstaat wieder Gebietsverluste hinnehmen, da Napoleon Bonaparte seinen Italienfeldzug 1796 begann. In der Folge entstanden auf dem kirchenstaatlichen Gebiet von Frankreich verwaltete Satellitenstaaten.

Kritik an der Französischen Revolution

Napoleon und die katholische Kirche standen in einem schwierigen Verhältnis. Die Revolutionäre der Französischen Revolution forderten Bürger- und Menschenrechte ein, was die Religionsfreiheit miteinschloss.

Papst Pius VI. bezeichnete die Erklärung der Menschenrechte bereits als „Gottlosigkeit“ und verbot deren Eid, indem er mit Exkommunikation drohte.

Nach dem Revolutionsjahr (1789) wurde am 22. September 1792 die Erste Französische Republik ausgerufen. Eine Entchristianisierung sollte in Frankreich einsetzen. Und die Verdrängung des Christentums sollte, wenn nötig, auch gewaltsam geschehen. Der Katholizismus sollte durch Revolutionskulte ersetzt werden. Kirchenbesitz wurde beschlagnahmt und verstaatlicht.

Die Revolutionäre eroberten 1791 die Grafschaft Venaissin mit der Stadt Avignon, welche bis dahin ein Teil des Kirchenstaates war. Dadurch beendete der Kirchenstaat seine diplomatischen Beziehungen zu Frankreich gänzlich.

Als dann am 21. Januar 1793 der französische König Ludwig XVI. hingerichtet wurde, beantragte seine Tochter (Madame Royale) dessen Heiligsprechung durch Papst Pius VI..

Pius VI. sprach sich für Heiligsprechung aus und erwähnte den französischen König als Märtyrer vor den Kardinälen. Auch sprach er davon, dass sich die Revolution gegen König und Religion gerichtet habe und dass die Revolutionäre die Monarchie – als beste Regierungsform überhaupt – abgeschafft hätten.

Napoleonische Ära

Unter diesen Voraussetzungen fielen französischen Truppen im Jahr 1796 in Italien ein. Recht schnell besiegten sie die päpstlichen Truppen. Napoleon Bonaparte gründete am 27. Dezember 1796 auf dem eroberten Gebiet des Kirchenstaates die Cispadanische Republik, welche den Revolutionsgedanken nach Italien exportieren sollte. Ziel war es, Feudalstrukturen aufzulösen und die Monarchien abzuschaffen.

Zwei Jahre später marschierten französische Truppen ins übrige Gebiet des Kirchenstaates ein und riefen dort 1798 die Römische Republik aus. Papst Pius VI. wurde gefangengenommen und starb 1799 in französischer Gefangenschaft.

Das Königreich Neapel fiel 1799 ins Gebiet der neugegründeten Römischen Republik ein und stellte den Kirchenstaat wieder her. Daraufhin kamen die Franzosen erneut und eroberten den Kirchenstaat zurück. Doch diesmal errichteten sie keine Republik, sondern zogen direkt weiter nach Neapel und eroberten größere Teile des Königreichs. Dort gründeten sie dann die Neapolitanische Republik (22. Januar 1799).

Wiener Kongress und seine Folgen

Nachdem das napoleonische Frankreich besiegt wurde, regelt der Wiener Kongress (1814 – 1815) die Neuverteilung Europas. Der Kirchenstaat wird mit fast allen Besitztümern wieder hergestellt. Lediglich die französischen Gebiete um Avignon gehen nicht zurück.

In der Folge kam es zu diversen Reformen unter Papst Pius VII.. So wurde das Feudalsystem abgeschafft und die päpstlichen Adelstitel wurden in Ehrentitel umgewandelt.

Risorgimento

In der Geschichte Italiens wird die Zeit zwischen dem Wiener Kongress (1815) und dem Ausrufen des Nationalstaates (1861) als Risorgimento bezeichnet. In dieser Epoche wurden die Nationalisten stark. Der Grund für den aufkeimenden Nationalismus liegt sicherlich in der Napoleonischen Zeit, da der Nationalstaatsgedanke von Frankreich ins übrige Europa transportiert wurde.

Der Kirchenstaat wurde in dieser Zeit als reaktionär oder als Polizeistaat wahrgenommen. Noch bis zum Tod von Papst Gregor XVI. (1846) existierte ein jüdisches Ghetto in Rom. Solche Juden-Ghettos waren typisch im Mittelalter. Doch das römische Ghetto war zur damaligen Zeit das letzte seiner Art in Westeuropa.

Auf Gregor XVI. folgte Papst Pius IX., welcher durch liberale Kirchenpolitik glänzen wollte. Da aber die Modernisierungen doch nur verzögert kamen, begangen die Revolutionen von 1848/49 – auch in Rom.

Während der 1848-er Revolution eroberten die Revolutionäre die Stadt, vertrieben den Papst und riefen im Januar 1849 die Römische Republik aus. Diese Republik existierte allerdings nur für Monate, da Spanien und Frankreich intervenierten. Im April war der Kirchenstaat wiederhergestellt.

In der Folgezeit schlug Pius IX. einen reaktionären Kurs ein und orientierte sich an den Habsburgern in Österreich. Doch die Österreicher verloren den Sardinischen Krieg gegen Frankreich und die Nationalisten von Sardinien. Das Königreich Sardinien konnte die Habsburger gänzlich aus Italien vertreiben und ging ab 1861 in den neugegründeten italienischen Nationalstaat (Königreich Italien) auf.

Da der Kirchenstaat viele Gebiete nicht militärisch absichern konnte, schlossen sich diese Territorien dem neugegründeten italienischen Königreich an. Nur die Region Latium mit Rom als Zentrum blieb bis 1870 Teil des Kirchenstaates.

Auflösung

Das Königreich Italien strebte auch danach, ganz Italien als Nationalstaat zu vereinen. Deshalb blieben die Spannungen zum Kirchenstaat auch nach 1861 erhalten. Fortan kam die Römische Frage auf, welche den Status von Rom und des Kirchenstaates klären sollte.

In dieser Frage schlossen die Franzosen 1864 mit dem italienischen Königreich die Septemberkonvention ab – wonach Italien sich dazu verpflichten sollte, den Kirchenstaat nicht anzugreifen. Am Ende des Prozesses warfen sich die Vertragsparteien gegenseitig Vertragsbruch vor, weshalb der Nichtangriffspakt scheiterte.

1867 marschierten die italienischen Nationalisten erstmals auf Rom zu, konnten allerdings von päpstlichen Truppen abgewehrt werden. Unterstützt wurde der Papst von Freiwilligen aus Belgien, Niederlanden, Frankreich und der Schweiz. Doch die wirkliche Schutzmacht des Kirchenstaates blieb der französische Staat.

Im Jahr 1870/71 kam es zum französisch-deutschen Krieg, woraufhin Frankreich seine Truppen aus Rom abzog. Der nun schutzlose Kirchenstaat wurde fast kampflos vom italienischen König Viktor Emanuel II. eingenommen. Schnell wurde der Papst wurde entmachtet und die Stadt Rom wurde zur neuen Hauptstadt des italienischen Königreichs. Papst Pius IX. zog sich nach Vatikanstadt zurück.

Vatikanstadt

Vatikanstadt im inneren von Rom blieb der Herrschaftsbereich der katholischen Kirche. Allerdings war die Herrschaft lediglich eine defacto-Herrschaft des Vatikan und bestand demnach nicht auf völkerrechtliche Verträge.

Zwischen 1870 und 1929 war die Römische Frage zwar ungeklärt, aber der italienische Staat griff den Vatikan nicht mehr an. Erst unter Benito Mussolini wurden 1929 neue Verträge aufgesetzt. Laut diesen Verträgen beschränkt sich das weltliche Herrschaftsgebiet des Vatikan (Nachfolger des Kirchenstaates) auf Vatikanstadt.

Mit den Lateranverträgen von 1929 erhielt der Vatikan wieder den Status eines souveränen Staates mit eigener Verwaltung und Außendarstellung. Und dieser Status ist bis heute erhalten.

Welches Militär hatte der Kirchenstaat

In seiner Historie hatte der Kirchenstaat ein Heer, bestehend aus Freiwilligen, Söldnern und katholischen Ritterorden. Aus Korsika kamen die Söldner der Korsischen Garde, welche als städtische Miliz oder als Leibwache des Papstes dienten.

Formell wurde die Korsische Garde 1603 von Papst Clemens VIII. gegründet. Doch die Ehrengarde wurde bereits 1662 wieder aufgelöst, nachdem es zu einem Konflikt zwischen Franzosen und Korsen an der französischen Botschaft in Rom kam.

Bis heute aktiv ist die Schweizergarde, welche 1506 vom Kriegerpapst Julius II., während der Renaissancekriege, gegründet wurde. Auch die Schweizergarde ist eine Ehrengarde, welche den Heiligen Stuhl beschützen soll. Noch heute tragen die Gardisten eine Renaissance-Uniform. Rekrutiert werden nur Absolventen aus der Schweizer Armee, welche höchstens 30 Jahre alt sein dürfen, mindestens 1,74 m groß sind und dem katholischen Glauben angehören.

1850 gründete Papst Pius IX. die Palatinische Garde, welche 1970 aber wieder aufgelöst wurde. Diese Ehrengarde kam bei der Besetzung Roms am 20. September 1870 zum Einsatz. Damals beschützten sie den Papst vor dem italienischen Heer.

Außerdem existierte zwischen 1801 und 1970 die Nobelgarde (Guardia Nobile), welche ebenfalls den Heiligen Stuhl beschützen sollte. Jene Ehrengarde bestand nur aus Adligen, weshalb der Name „Nobelgarde“ publiziert wurde.

Der Grund für die Aushebung eines Heers, welches man irgendwann wieder einstampft – sind Kosten. Sämtliche Garden dienten als Schutzeinheiten, aber auch zum Prestige des Vatikans. Da bei jeder Garde bestimmte Voraussetzungen für die Rekrutierung erfüllt werden mussten, wurde neue Garden gegründet – um das stehende Heer leichter zu vergrößern. Irgendwann war es nicht mehr notwendig und zu teuer, alle Garden zu erhalten – weshalb man diese wieder einstampfte.

Bis heute ist nur die Schweizergarde erhalten geblieben, welche im Kirchenstaat gegründet wurde- aber heute noch in Vatikanstadt aktiv ist.

Wie wurde der Kirchenstaat regiert

Der Kirchenstaat war eine Wahlmonarchie, an dessen Spitze der Papst stand. Dieser kommt aus dem päpstlichen Adel und wird während der Konklave gewählt. An der Papstwahl (Konklave) nehmen wahlberechtigte Kardinäle teil. Der Kardinalstitel ist ein besonderer Adelstitel innerhalb der katholischen Kirche. Der neue Papst wird Staatsoberhaupt und Regierungschef in einer Person (absolute Monarchie).

Zum päpstlichen Adel gehörten Adelsfamilien, welche entweder ein Lehen vom Kirchenstaat übertragen bekommen hatten oder vom bestehenden Papst einen Adelsbrief erhalten haben.

Kam der Kirchenstaat in den Besitz eines Gebietes mit adliger Grundherrschaft, wurde der Papst zum Lehnsherren dieser adligen Grundherren (Vasallen).

Jene adligen Grundherrschaften bestanden im Mittelalter eigentlich überall in Europa (Lehnswesen, Feudalismus). Demnach war die Gesellschaftsordnung des Kirchenstaates immer ein Feudaladel gewesen.


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