Geschichte der Kunst und Kunstwissenschaft
Kunst entstand als Weiterentwicklung ästhetischer Praktiken. Dabei wird die Kunst als dritte Stufe dieser Weiterentwicklung betrachtet. Die erste Stufe ist das Herstellen simpler Steinwerkzeuge, was vor 2,5 Mio. Jahren den Urmenschen gelang. Als nächste Stufe folgt die Modifizierung von Perlen oder Muscheln zu Schmuckstücken. Die ältesten Schmuckstücke sind etwa 100.000 Jahre alt, weshalb man diese Tätigkeiten bereits den Frühmenschen zuschreibt. Die endgültige Weiterentwicklung zur Kunst gelang der Menschheit vor etwa 65.000 Jahren. Man nimmt an, dass lediglich der Jetztmensch (Homo sapiens) und der Neandertaler zum Kunstschaffen fähig waren.
Inhalt
- 1 Was ist Kunst
- 2 Wann entstand die erste Kunst
- 3 Was ist Kunstwissenschaft
- 4 Was ist Gegenstand der Kunstwissenschaft
- 5 Wie entstand die Kunstwissenschaft
- 6 Bedeutung der Kunst in der Urgeschichte
- 7 Bedeutung von Kunst in der Antike
- 8 Bedeutung der Kunst im Mittelalter
- 9 Bedeutung von Kunst in der Renaissance
- 10 Bedeutung der Kunst in der Neuzeit
- 11 Moderne Kunst
Was ist Kunst
Kunst kann man allgemein definieren oder etwas enger eingrenzen. Unter der allgemeinen Kunstdefinition wird jede Technik oder Errungenschaft einbezogen, welche von Menschenhand erschaffen wurden. Das Wort künstlich als Gegenstück zu natürlich macht dies deutlich: künstliche Ernährung, künstliche Befruchtung oder künstliche Geschmacksrichtung.
Fasst man den Kunstbegriff enger, ist jede Fähigkeit oder Fertigkeit eines Einzelnen gemeint, welche durch Übung oder Wissen entstand. Demnach sind Baukunst, Kampfkunst, Redekunst und Kochkunst das Ergebnis jahrelangen Trainings (Übens) oder das Ergebnis von Wissen.
Kunst im Speziellen meint ein Ergebnis. Und zwar das Ergebnis oder die Reaktion, welche ein Künstler mit seinem Werk hervorruft. Der Künstler erschafft etwas nie dagewesenes mit seinem Kunstwerk. Jede Innovation ist demnach Kunst im speziellen Sinn, erschaffen durch einen kreativen Prozess des Künstlers oder einer Künstlergruppe. Anders als Wissenschaft muss Kunst nicht bewiesen werden oder nicht hinterfragt werden. Denn Kunst setzt Vorrangegangenes nicht außer Kraft. Demnach ersetzt Kunst nicht eine Theorie durch eine Neue, wie es die Wissenschaft macht. Stattdessen erschafft Kunst immer etwas gänzlich Neues.
Seit der Aufklärung ist Kunst gleichzusetzen mit den schönen Künsten: Malerei, Architektur, Bildhauerei, Literatur, Musik und Theater. Die Philosophie ist keine Kunst, sondern Wissenschaft. Zwar bedient sich die Philosophie in der Redekunst. Jedoch versucht die Philosophie neue Erkenntnisse über die Welt zu finden, um damit alte Erkenntnisse zu ersetzen. Beweisführung und Logik sind seither Praktiken in der Philosophie.
Wann entstand die erste Kunst
Die älteste Kunst entstand in der Cueva de Ardales in Südspanien. Dabei handelt es sich um Felsfärbungen aus der Altsteinzeit. Diese sind etwa 65.000 Jahre alt und wohlmöglich vom Neandertaler erschaffen worden. Die ersten figurativen Felsbilder wurden in den Höhlen im Maros-Pangkep Karst auf Sulawesi (Indonesien) entdeckt. Diese sind etwa 50.000 Jahre alt. Älteste Funde von Höhlenmalerei in Europa sind circa 45.000 Jahre alt und befinden sich in der Cueva de El Castillo (Spanien).
In der Steinzeit malten die Frühmenschen aber nicht nur, sondern schufen auch Skulpturen. Eine der ältesten Venusskulpturen ist die Venus von Willendorf (etwa 29.500 Jahre alt). Neben Venusskulpturen, Höhlenmalereien erschufen Steinzeitmenschen auch Musikinstrumente, wie die Knochenflöte vom Hohlen Fels – einer Höhle in der Schwäbischen Alb.
Was ist Kunstwissenschaft
Kunstwissenschaft versucht die Kunst vergangener Epochen, deren Einfluss und Wirken zu analysieren und zu rekonstruieren. Dabei geht sie Fragen zum Ursprung der Kunst nach, untersucht deren Entwicklung, deren Eigenarten, Entstehungsprozesse und Werkverfahren. Auch Fragen zur Stellung der Kunst und Künstler in der Vergangenheit wird analysiert. Demnach werden Kunstgeschichte und Kunstwissenschaft als ein Forschungsfeld betrieben.
Was ist Gegenstand der Kunstwissenschaft
Die Kunstgeschichte setzt nicht in der Steinzeit an, da sich hier keine Stile erkennen lassen und keine Schriftquellen vorliegen. Die künstlerische Zeit vor der Erfindung der Schrift, ist demnach Forschungsfeld der Vorgeschichte bzw. Frühgeschichte. Stattdessen beginnt die Untersuchung der Kunst und ihrer Geschichte erst im Frühmittelalter. Auch die Kunst der Antike und im Altertum wird nicht betrachtet, da dies Gegenstand von Archäologen und Ägyptologen ist.
Die europäische Kunstgeschichte, welche von Kunsthistorikern untersucht wird, beginnt in der Spätantike – zu dem Zeitpunkt als das Christentum im Römischen Reich zur Staatsreligion wurde (380 n.Chr.). Bei der Spätantike beginnend, wird jegliche Kunst vom Mittelalter und Neuzeit wissenschaftlich untersucht. Dazu werden historische Quellen einbezogen, deren Erkenntnisse in die künstlerische Betrachtung einfließen sollten. Ziel der Kunstwissenschaft bzw. Kunstgeschichte ist es, die Geschichte der Kunst zu rekonstruieren. Und dies möglichst objektiv, weshalb Quellenanalyse und Quelleninterpretation zum Handwerk der Kunsthistoriker gehören.
Da das Feld der Kunstwissenschaft äußerst breit ist, spezialisieren sich Kunsthistoriker entsprechend: auf Filmgeschichte, Architekturgeschichte und Geschichte der Malerei.
Wie entstand die Kunstwissenschaft
Der erste namhafte Künstlerbiograph war Giorgio Vasari (1511 bis 1574). Sein Hauptwerk trägt den Titel: Le Vite (deutsch: die Viten). In diesem beschreibt Vasari das Leben und Wirken der namhaftesten Renaissancekünstler. Die Viten erschien 1550 und Vasari verwendete erstmals den Begriff „rinascita“ (Rinascimento), was übersetzt „Wiedergeburt“ bedeutet. Gemeint war damit: die Wiederkehr der schönen Künste, womit Vasari die antike Kunst meinte.
Der französische Historiker Jules Michelet (1798 – 1874) übernahm 1855 den Wiederkehr-Begriff und übersetzte ihn ins Französische, wodurch der Begriff Renaissance entstand. Im deutschen Sprachraum wurde der Renaissancebegriff von Jacob Burckhardt aufgegriffen und ab etwa 1860 eingedeutscht. Als Definition ergab sich die Wiedergeburt der Antike.
Giorgio Vasari beschrieb das Leben von namhaften Künstlern, wie Michelangelo, Leonardo da Vinci, Sandro Botticelli oder Donatello. In einer zweiten Ausgabe, welche 1568 erschien, widmete sich Vasari dem Leben von Leon Battista Alberti, Albrecht Dürer oder Andrea Palladio. Die Viten gelten heute als erstes kunsthistorisches Werk Europas, obwohl es bereits in der Antike auch Philosophen gab, welche sich der Kunst wissenschaftlich näherten.
So gab es bereits in der Antike diverse Studien zur Architektur, welche besonders im römischen Reich gefördert wurden. Einer der berühmteste Architekturtheoretiker war Vitruv (1. Jahrhundert v.Chr.). Zwischen 33 und 22 v.Chr. veröffentlichte Vetruv sein Gesamtwerk unter dem Titel: „de architectura“ (deutsch: „Über die Architektur“).
Vitruvs Werk war im Mittelalter verschollen, wurde 1414 wiedergefunden und vom italienischen Architekten Leon Battista Alberti studiert. Auf Grundlage von Vitruvs Werk formulierte Alberti verschiedene Lehr- und Leitsätze für die Architektur. Das Regelwerk wurde zum Ideal bzw. Leitfaden der Baukunst während der Renaissancezeit. Damit wurde die Kunst auf eine wissenschaftliche Stufe erhoben. Andere Künstler, wie bspw. Albrecht Dürer (1471 – 1528) brachten Bücher zur Formenlehre heraus, womit die Geometrie begründet wurde.
Bedeutung der Kunst in der Urgeschichte
Neben Felsbildern, Skulpturen entstanden in der Steinzeit auch Monolithe. Diese übergroßen Steinbauten (z.B. Stonehenge) bezeugen, dass in der Jungsteinzeit bereits Baukunst, Architektur und wohlmöglich auch eine Denkweise vorhanden war, welche auf die Zukunft ausgerichtet gewesen sein könnte.
Warum?
An der Entstehung von Kunstobjekten können Archäologen, Historiker und Paläontologen ablesen, wie sich das menschliche Bewusstsein entwickelt hat. Höhlenmalerei und Kleinkunst sind ein Abbild von etwas, was zum Zeitpunkt des Schaffens nicht real war. Dazu sind menschliche Vorstellungskraft, Vorausschau (Planung) und Fantasie nötig, weshalb das Auftreten von Kunst als ein Indikator für das Entstehen von Bewusstsein betrachtet wird.
Falls Kunst zu rituellen oder religiösen Zwecken genutzt wurde, setzt dies ein Bewusstsein für Problemlösen, Zeit und den Tod voraus. Denn lediglich das Bewusstwerden, dass das Leben endlich sein könnte – schuf ein Verständnis von Zeit, von Chronologie, von einem davor und einem danach.
Kein Tier denkt über seinen eigenen Tod nach. Ihnen fehlt das Konzept der Zeit. Stattdessen haben Tiere einen Überlebensinstinkt, welcher zum Zeitpunkt des Todes einsetzt. Aber eine planvolle Vorbereitung auf den Tod durch Riten oder dem Erschaffen von Kunstwerken, ist Tieren nicht möglich. Die geistige Verarbeitung des eigenes Todes könnte demnach für die Entstehung von Kunst verantwortlich gewesen sein.
Dass Monolithe, Kunst und Religion das Problem des eigenen Todes lösen können- war eine Problemstrategie, welche nicht auf die Gegenwart, sondern auf die Zukunft gerichtet war. Sämtliche Herdentieren, deren Problemlösen nicht auf die Gegenwart gerichtet ist, würden sterben. Demnach würde man einzelne Tiere, welche sich mit Kunst anstelle mit Nahrungssuche beschäftigen, sofort verstoßen. Somit ist die Deutung von Kunstwerken aus der Steinzeit auch ein Indiz für frühe Arbeitsteilung. Wohlmöglich wurde Kleinkunst gehandelt, es gab Hierarchien – welche sich durch das Anschaffen von Kunst ausdrücken ließen (Statusobjekte).
Allerdings ist die Deutung der Steinzeitkunst keineswegs abgeschlossen und es existieren verschiedene Hypothesen, welche teilweise anerkannt, wieder berichtigt und immer wieder durch neuere Erkenntnisse ersetzt werden.
Bedeutung von Kunst in der Antike
Zur Kunst der Antike gehören Architektur, Fresken, Malerei und Skulpturen. Dass man deren Erschaffer als Künstler bezeichnet, ist allerdings eine moderne Vorstellung. Denn in der Antike waren Maler, Architekten und Bildhauer eigentlich Handwerker. Dass was wir heute als Kunst begreifen, war ein Handwerk und wurde als mechanische Künste (artes mechanicae) zusammengefasst.
Aber in der Antike beschäftigten sich bereits Philosophen mit dem Wesen der Kunst, insbesondere mit der Redekunst. Platon und Aristoteles formulierten zwei unterschiedliche Positionen der Kunst, welche bis heute fortwirken. Zentraler Aspekt war, dass Kunst ein Abbild oder eine Nachahmung der Natur sei.
Kunst als Nachahmung der Natur
Platon (427 v.Chr. – 347 v.Chr.) sah in jedem real existierenden Gegenstand ein Abbild einer immateriellen Idee. Die Kunst war somit ein Abbild eines Abbildes. Vom Künstler forderte Platon eine Verdichtung (poiesis) dieser Idee in Verbindung mit Technik, wodurch das künstlerische Werk die Erkenntnis von Wahrheit fördern muss. Von dieser Verdichtung sind heutige Begriffe, wie Dichtkunst oder Gedicht abgeleitet. Aber Platon begriff lediglich Musik, Theater und Dichtkunst als wahre Kunst. Malerei und Skulptur blieben mechanische Künste und somit Handwerksaufgaben.
Aristoteles (384 v.Chr. – 322 v.Chr.) bezeichnete Kunst als menschliches Schaffen, welches die Natur als Idee nicht nur nachahmt, sondern vollendet. Der Künstler bewirkt, dass der Betrachter seine eigene Unzulänglichkeit begreift, wodurch ein Reinigungsprozess (Katharsis) bewirkt wird. Diesem Läuterungsprinzip verpflichtete sich auch der spätere Naturalismus und Realismus. Aber auch für Aristoteles waren mechanische Künste, wie Malerei, Baukunst und Skulptur, reine Handwerksaufgaben.
Freie Künste
In der Antike formulierten Philosophen, wie Martianus Capella (6. Jahrhundert v.Chr.), bereits einen Kunstkanon mit sieben freien Künsten. Der Begriff „Freie Künste“ rührt daher, da nur freie Männer (keine Sklaven) sich in diesen Künsten schulen lassen durften.
Auch die freien Künste entstammten dem Geist und nicht dem Handwerk (artes mechanicae). Deshalb wurden sie höherwertig angesehen. Der Kunstkanon sah einen Vierweg (Quadrivium) – bestehend aus Musik, Geometrie, Arithmetik und Astronomie vor oder einen Dreiweg (Trivium), zu denen Grammatik, Logik und Rhetorik gehörten.
Kunst als Problemlösung
Ausfälle in der Landwirtschaft oder der Ausgang eines Krieges, waren genauso wie der Tod – Probleme des Altertums. Die Problemlösungsstrategie der Antike war, Götter anzurufen, anzubeten und ihnen Opfer zu bringen. Kunstwerke, wie Tempel oder Skulpturen, waren für Götter angefertigt wurden, um diese milde zu stimmen oder auf die Seite eines Volkes (im Kriegsfall) zu ziehen.
Bedeutung der Kunst im Mittelalter
Im Mittelalter verstand man Kunst als Verschmelzung von aristotelischer und platonischer Idee, welche zu einem Abbild von etwas Guten, Wahren oder Schönen verschmolzen. Kunst war demnach ein Abbild göttlicher Vollkommenheit, welche in haltbare Materie übertragen wurde.
Künstler verstanden sich selbst als Handwerker im Dienste Gottes. Demnach tritt im Mittelalter weitestgehend die Kirche als Auftraggeber für Künstler auf. Da sich Künstler nicht als etwas Besonderes, sondern als Gottes Handwerker sahen- existieren auch keine Signaturen oder ähnliche Markenzeichen.
Motive mittelalterlicher Kunst
Es entstanden Profanbauten, ohne religiösen Zusammenhang und Sakralbauten, welche als heilig angepriesen worden. In der Antike war Kunst an der Natur ausgerichtet und sollte die immaterielle Idee eines Naturgegenstandes abbilden oder vollenden. Dies änderte sich im Mittelalter. Jegliche Kunst war fortan ein Abbild einer Gottesidee. Selbst die Geistlichen waren nun keine Philosophen mehr, sondern Priester.
Bedeutung von Kunst in der Renaissance
In der Renaissancezeit änderte sich die Bedeutung der Kunst gravierend. Mit Vasaris Viten entstand die erste Künstlerbiographie und auch eines der ersten Werke zur Kunstgeschichte. Mit seinem Werk erhob Vasari die Renaissancekünstler zu Göttern. Dies war fortan möglich, da neue philosophische Gedanken zum Menschenbild zeitgleich entstanden.
Durch die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern (Johann Gutenberg) entstand in der Renaissance ein Innovationsschub. Vor dem Buchdruck war Kunst, ein Festhalten von Erinnerungen oder diente dem Einprägen von etwas Merkwürdigen. Durch den Buchdruck tauchte Kunst überall auf, wurde massenhaft vervielfältigt und weitergegeben. Neue und innovative Kunststile waren morgen alt. Demnach mussten sich Künstler immer wieder etwas Neues einfallen lassen, um die Öffentlichkeit und ihre Auftraggeber zu begeistern.
Kunst geprägt durch humanistische Ideologie
Geprägt wurde die Renaissance durch den Humanismus, welcher zeitgleich aufkam. Dieser verschob das Menschenbild. Durch den Humanismus wurden die Menschen selbst zu Göttern erklärt, welche über den Tieren und Pflanzen stehen. Und Konzepte, wie Menschenwürde und Menschenrechte, wurden im Zuge des Humanismus zu den höchsten Werten erklärt.
Die humanistische Ideologie forderte vom Menschen, dass dieser seine höchsten Fähigkeiten entfalten solle. Dementsprechend wurden alle besonderen Werke, welche durch den Menschen vollbracht wurden, entsprechend gewürdigt. Die Malerei, die Skulptur und auch die Architektur wurden nicht länger als Handwerk (artes mechanicae) gesehen, sondern als Teil der Bildenden Künste.
Das neue Menschenbild orientierte sich nicht länger an der Kirche und sah den Menschen als eines von Gott gelenkten Geschöpfen. Stattdessen wurde der Geist des Menschen neu bewertet. Und die Gelehrten besannen sich zurück auf die Ideen der Antike. Das naturalistische Menschenbild (Abbild der Natur) wurde nun mit wissenschaftlichen Erkenntnissen verschmolzen.
Kunst als Verschmelzung mit Wissenschaft
Proportionen und Ästhetik waren Verhältnisse, welche man der Natur (disegno naturale) entnahm, aber in mathematischen Gleichungen überführte. Die Proportionslehre entstand.
Wer Menschen malen und in Skulpturen abbilden wollte, musste sich in Anatomie auskennen. Dadurch verschmolzen Kunst und Wissenschaft (disegno artificiale) miteinander. Und überall bildeten sich Universalgelehrte heraus, welche sich in der Wissenschaft und Technik auskannten und darüber hinaus verstanden, wie man dieses Wissen künstlerisch umsetzen konnte. Durch den Geniebegriff wurden Künstler endgültig in den Gottesstand erhoben.
Künstlerische Motive der Renaissance
Auftraggeber der Renaissancekünstler waren nicht mehr nur die Kirche, sondern auch reiche Familiendynastien (z.B. Medici), welche sich verewigen lassen wollten. In der Folge entstanden Gemälde und Skulpturen mit religiösen Motiv und einem weltlichen Auftraggeber. Dadurch verschmolzen das Irdische und Weltliche in einem Kunstwerk, wodurch sich die Auftraggeber selbst als Götter verewigten.
Da die Künstler im Status aufstiegen, verewigten sie sich mitunter selbst im Werk. Albrecht Dürer war bspw. für seine Signaturen bekannt. Für die Nachwelt war es so möglich, gewisse Werke den entsprechenden Künstlern zuzuordnen, was es für die Kunstwissenschaft umso einfacher macht.
Bedeutung der Kunst in der Neuzeit
In der Renaissance wurden Künstler als Erfinder einer Abbildung, welche die Natur nachahmen sollte, begriffen. Im Kunstwerk vereinten sich Erfindungsgeist und Einbildungskraft mit der individuellen Fähigkeit des Künstlers.
Die Spätphase der Renaissance (16. Jahrhundert) wird auch als Manierismus bezeichnet. In dieser Phase wird der Künstlerkult auf eine neue Stufe erhoben. Denn im Manierismus wird der Künstler selbst zum Kern des Kunstwerks. Der Fantasie des Künstlers (disegno fantastico) wird ein höherer Stellenwert beigemessen als dem Kunstobjekt selbst. Die Natur – welche bis dahin zur Grundlage des künstlerischen Schaffens erklärt wurde – wird zurückgestuft.
Dieser Geniekult hält bis ins 20. Jahrhundert an. Künstler erreichen neue Ausdrucksformen über diesen Kult (Genie und Wahnsinn, Diva usw.).
Künstlerische Aufklärung und neue Ästhetik
Durch die Aufklärung im 17. bis ins 19. Jahrhundert wurde das vernunftgeleitete Handeln zum höchsten Ideal erklärt. Rationales Denken anstelle von emotionalen Handeln wurde zum Maxim in Bildung und Kunst.
Durch die Lehre von Immanuel Kant (1724 – 1804) wurde ein Gegenstand nicht einfach nur betrachtet. Stattdessen unterschied man die Betrachtung in einen Vernunft- und einen Erkenntnisaspekt.
Was heißt das?
Betrachtet man den Gegenstand nüchtern, zeigt sich der Vernunftaspekt. Die dem Gegenstand innewohnende Schönheit ist der Erkenntnisaspekt. Demnach stellt sich Schönheit erst durch die Bewertung ein. Und man empfindet bei der Erfahrung des Erkenntnisaspektes entweder Lust oder Unlust – wodurch sich ein ästhetisches Urteil ergibt. Lust bedeutet Schönheit und Unlust bedeutet Grässlichkeit. Die heutige Definition von Ästhetik entstand durch Kants Schrift „Kritik der Urteilskraft“ (1790).
Durch Kants Schrift wurde das Schönsein zum höchsten Zweck der Kunst erklärt. Diese Definition besteht bis heute. Kant prägte auch Begriffe, wie Genie, Werk und Original als Ausdrucksformen des Künstlers.
Friedrich Schlegel (1729 – 1829) begriff schöne Kunst sogar als Norm für die Beurteilung der Natur. Was der Mensch in der Natur als schön empfindet, ist demnach ein Resultat aus der Beurteilung künstlerischer Motive – welche einen Teil der Natur abbilden. Dies bedeutete eine weitere Herabsetzung der Natur.
Neue künstlerische Freiheit
Während der Aufklärung wurde die Freiheit zum höchsten Ideal ausgerufen, welche sich auch im Kunstschaffen wiederfindet. Fortan wurde Kunst nicht mehr für einen speziellen Auftraggeber produziert, sondern für einen rasch anwachsenden Kunstmarkt.
Viele Künstler entschlossen sich dazu, nicht mehr ausgesuchte Themen (Religion, Mythologie) abzubilden, sondern eigene Themen zu suchen. Es entstehen Bilder aus dem Alltagsleben der Menschen bei der Arbeit oder der Freizeit. Auch Industrialisierung und die Ausarbeitung der Sozialen Frage ist Thema in der Kunstwelt.
Diese neue Freiheit eröffnet Künstlern frei zu wählen, ist aber mit Risiken des Broterwerbs verbunden. Es entstehen gedankliche Vorstellungen über Künstler, welche bis heute anhalten: (Brotlose Kunst, armer Künstler, Genie und Wahnsinn).
Moderne Kunst
In der Moderne veränderte sich die Bedeutung nochmals. Der in der Aufklärung geschaffene Kunstmarkt ermöglicht nicht nur Eliten (Klerus, Adel) den Zugang zu Kunst, sondern allen Menschen. Dies führte bei Künstlern zu einem höheren Absatzmarkt, aber auch zu einem Innovationsdruck.
Weiterhin nimmt die Bedeutung von Frauen in der Kunst zu. In der Kunstwelt beginnt eine Debatte, um Stile und Materialien. Die Künstler sehen sich nunmehr als Teil einer Gesellschaft, welche sie durch Kunst aufrütteln, zum Nachdenken anregen oder verändern wollen.
erweiterte Kunst
Der Künstler Joseph Beuys (1921 – 1986) entwickelte den erweiterten Kunstbegriff. Laut Beuys sind alle Menschen irgendwie Künstler, da in ihnen Fantasie schlummert. Dadurch könnten die Menschen traditionelle Gesellschaften überwinden und eine neue Gesellschaft formen. Diesen Prozess und auch deren Ergebnis fasste Beuys als soziale Plastik zusammen, welches als gesellschaftliches Gesamtkunstwerk fungieren solle.
Strömungen
Da Kunst in der Moderne als Massenware herausgegeben wurde, etablierten sich Strömungen – welche gegensätzliche Tendenzen hatten. So ist der Klassizismus eine Gegenströmung zum Barock und orientiert sich an der Renaissance. Die Romantik betont Gefühle und Stimmungen, weshalb sie von den Zielen des Klassizismus abweicht.
Durch diese gegensätzlichen Strömungen gelang einzelnen Künstlern sich weiterhin auf dem Kunstmarkt zu etablieren und ihre Eigenmarke aufzubauen.