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Frühe Neuzeit


Die Frühe Neuzeit – auch als Frühneuzeit oder Frühmoderne bezeichnet – ist ein geschichtlicher Zeitraum im Kulturraum Europas zwischen dem Spätmittelalter (13. Jahrhundert) und der Moderne (18. Jahrhundert). Sie gilt als erster Abschnitt der Neuzeit, beginnend mit dem Aufkommen des Humanismus und dem kulturellen Wiederbeleben der Antike (Renaissance) ab dem Jahr 1350.

Steckbrief

Name:Frühe Neuzeit, Frühneuzeit, Frühmoderne, "Neuere Geschichte"
Vorgänger:Mittelalter (Spätmittelalter 13. und 14. Jhd.)
Nachfolger:Moderne ab 1789
Beginn:etwa 1350 in Italien
Ende: 1789: Französische Revolution
Merkmale:-Aufbruchstimmung, aufgrund der Entdeckung der Neuen Welt (Amerika), dem Seeweg nach Indien
-Kolonialisierung der Neuen Welt
-Erfindungsgeist und Aufschwung der Wissenschaft, da die Entdeckungen neue Technologien einforderten
-neue Denkmodelle (Humanismus) und neue Modelle des gesellschaftlichen Zusammenlebens
Epochen:-Beginn der Renaissance (ca. 1350–1450)
-Zeitalter der Entdeckungen (1415–1531)
-Konfessionalisierung (1517-1648)
-Ende des Ancien Régime (Absolutismus) bis 1789

Was ist die Frühe Neuzeit

Die Epoche der Frühen Neuzeit wurde nachträglich eingeführt, um moderne Geschichtsforschung besser einordnen zu können. Demnach haben die Menschen der Frühen Neuzeit sich selbst nicht in dieser Epoche begriffen, sondern diese wurde erst später von Historikern eingeführt.

Warum?
Der Beginn von Seefahrten nach Indien, die Entdeckung Amerikas und auch die Eroberung Konstantinopels (Byzantinische Reich) durch die Osmanen bewegten die moderne Forschung dazu, am Ende des 14. und 15. Jahrhunderts einen Epochenwechsel einzuschieben. Dieser Epochenwechsel markiert das Ende des Mittelalters und den Beginn der Neuzeit.

Aus Sicht der modernen Geschichtsforschung veränderten verschiedene Ereignisse das Leben der Europäer so nachhaltig, dass der Epochenwechsel gerechtfertigt scheint. Durch die Entdeckung Amerikas (1492) begann die Kolonialisierung des Doppelkontinents und die europäischen Staaten wurden zu Kolonialmächten.

Der Untergang Konstantinopels führte zu einer Auswanderungswelle aus dem Byzantinischen Reich hinein nach Zentraleuropa (Rom). Dort brachten die Migranten die byzantinischen Errungenschaften ein, wodurch es zu einem Konflikt zwischen den mittelalterlicher Weltanschauungen kam, was den Humanismus auslöste und die Renaissance vorantrieb.

Neue Seewege nach Indien ließen die Seidenstraße (Landweg) verkommen, wodurch die Araber und andere Zwischenakteure an Macht und Einfluss verloren. Dies führte zu Konflikten um die Vorherrschaft an der afrikanischen Küste, dem Roten Meer und dem Indischen Ozean.

Was ist typisch für die Frühe Neuzeit

Renaissance und Humanismus

(siehe auch Hauptartikel: Renaissance und Humanismus)

Die Renaissance begann 1350 in Italien. Die Humanisten der Renaissance eiferten den Vorbildern der Antike nach und versuchten diese Epoche wiederzubeleben. Sämtliche Errungenschaften des Vormittelalters wurden neu definiert und erhielten einen neuen Glanz. Die große Philosophen des antiken Griechenlands wurden zu Vordenkern erhoben, deren Sprache zur Bildungssprache gemacht und deren Ideen neu aufgenommen.

Mit dem aufkommenden Humanismus der Renaissance etablierte sich ein neues Menschenbild, welches nicht mehr durch die Kirche geprägt war. Stattdessen stand der Mensch im Mittelpunkt einer Gesellschaft, welcher – laut Humanisten – über individuelle Fähigkeiten verfügt, um Selbstbestimmung zu erlangen und sein Existenzdasein verbessern könne.

Kirchenkriege

Martin Luther stellte im Jahr 1517 insgesamt 95 Thesen auf, um die Kirche zu reformieren. Dies führte zu einer Konfessionsspaltung in Katholizismus und Protestantismus. Durch die Reformation wurde die Westkirche als Einheit zerstört und die Konfessionalisierung führte zu einem tiefgreifenden Wandel in sämtlichen Lebensbereichen. Fortan war Europa zweigeteilt in Altgläubige und Protestanten.

Es begannen Glaubenskriege, deren traurige Höhepunkt der Dreißigjährige Krieg (1618-48) war – in den sämtliche Staaten des europäischen Kontinents verwickelt waren, weshalb einige Forscher diesen Krieg bereits als Weltkrieg bezeichneten.

Absolutismus

Der Absolutismus war die vorherrschende Regierungsform Europas während der Frühen Neuzeit. An der Spitze der Gesellschaft stand ein Monarch, welcher mit absoluter Macht über sein Volk regierte. Durch die Revolutionen am Ende des 18. Jahrhunderts wurde diese Regierungsform regional abgeschafft und durch eine Republik ersetzt.

Das Zeitalter der Revolutionen (Französische Revolution 1789, Amerikanische Revolution 1773) markiert zugleich das Ende des Absolutismus und der Frühen Neuzeit.

Merkantilismus

Der Absolutismus war teuer, da ein stehendes Heer und viele Beamte bezahlt werden mussten, welche die Königsmacht sichern sollten. Demnach musste eine funktionierende Wirtschaft weitaus mehr Einnahmen generieren als Ausgaben zulassen. Durch die Überseegebiete konnte viel exportiert werden, welches dieses Wirtschaftssystem stützen sollte.

Der Merkantilismus zielt darauf ab, möglichst viele Waren aus dem Land auszuliefern und möglichst wenig Waren ins Land einzuführen. Dadurch sollte eine positive Handelsbilanz erreicht werden, welche die inneren Staatsausgaben trägt. Es bildeten sich Handelsmonopole, welche den Preis bestimmen konnten. Dies wirkte sich nicht sonderlich nachhaltig auf den Wettbewerb aus, weshalb Marktakteure von einzelnen Anbietern und deren Preisen abhängig wurden.

Letztlich führte dies zu einer Unterversorgung in einzelnen Bereichen, zu einer Armut über bestimmte Bevölkerungsschichten und das Vermögen als strategische Ressource nahm zu. Grund und Boden als Produktionsfaktor nahm eine übergewichtete Rolle ein, weshalb sich der Frühkapitalismus entwickeln konnte.

Krisen, Klimawandel, Hungersnot

Der Übergang zwischen Mittelalter und Neuzeit ist auch geprägt durch einige Krisen und Klimaänderungen. So kam es am Anfang des 15. Jahrhunderts zu einer Kleinen Eiszeit, wodurch das Klima rauer und kühler wurde. Dies führte zu Missernten, Hungersnöten und sozialen Spannungen. Als Folge kam es zu Territorialkriege, zu drastischen Verteuerungen am Lebensmittelmarkt und zu Verfolgung von Minderheiten.

Hexenverfolgung

Die Hexenverfolgung war eine Minderheitenverfolgung, welche als Folge der Klimakrise, Hungersnöte und einiger Pandemien einsetzte. Ihren Höhepunkt hatte die Hexenverfolgung zwischen 1550 und 1650 in Europa. Der Glaube an Magie und germanischen Opferkult – als Gegensatz zum christlichen Glauben – war in der Bevölkerung breit vorhanden, weshalb Hexen und Magier als Ursache für Klimaänderungen herangezogen werden konnten.

Zeitalter der Entdeckungen

Das europäische Weltbild der Antike und des Mittelalters erweiterte sich, nachdem Vasco da Gama 1498 den Seeweg nach Indien entdeckte. Durch die Entdeckung Amerikas 1492 und der Bestätigung durch Amerigo Vespucci 1507, dass es sich um einen neuen Kontinent handelte, kam es zu einem Aufbruch in Europa. Neue Überseegebiete musste erschlossen, erobert und ausgebeutet werden. In Europa begann ein Wettlauf auf die Kolonialgebiete.

Nikolaus Kopernikus beschreibt 1543 sein heliozentrisches Weltbild, in welchem die Sonne im Mittelpunkt des Universums steht. Der deutsche Astronom Johannes Kepler entdeckt die Gesetzmäßigkeiten, wonach sich die Planeten um die Sonne drehen und Galileo Galilei entwickelt diverse Methoden, um Naturphänomene analytisch zu messen und zu erforschen. Schließlich entwickelte der Engländer Isaac Newton seine Gravitationstheorie, womit der Grundstein für die klassische Mechanik gelegt wurde.

Der Buchdruck mit beweglichen Lettern, welcher ab 1450 durch Johannes Gutenberg vorangetrieben wurde, gilt als Schlüsseltechnologie für die Verbreitung der Renaissance.

Wann war die Frühe Neuzeit

Der Beginn der Frühen Neuzeit war ein zeitlicher Prozess und kein Zeitpunkt. Demnach werden vier bedeutende Ereignisse als Beginn der Frühen Neuzeit herangezogen:

  • 1350: Beginn der Renaissance in Italien
  • 1453: Eroberung Konstantinopels
  • 1492: Entdeckung Amerikas
  • 1517: Beginn der Reformation, ausgelöst durch die 95 Thesen von Martin Luther

All diese Ereignisse veränderten das Leben der Europäer so nachhaltig, so dass diese als Ende des Mittelalters und Beginn der Frühneuzeit herangezogen werden.

Wann endet die Frühe Neuzeit

Das Ende der Frühen Neuzeit fällt auf den Beginn der Französischen Revolution (1789 – 1799), da der Absolutismus abgeschafft und durch eine Republik ersetzt wurde. In der Folge stürzt Europa in eine Reihe von Koalitionskriegen, bei denen sich das republikanische Frankreich gegen die Königsmächte in Europa behaupten muss. Während der Französischen Revolution steigt Napoleon Bonaparte vom Soldaten zum Herrscher über Frankreich auf.

Was war besonders am Zusammenleben der Menschen in der Frühen Neuzeit

Aufgrund der oben beschriebenen Krisen rückte die Gesellschaft näher zusammen. Das Kollektiv (z.B. Familie, Handwerksgemeinschaft) rückte in den Mittelpunkt, wodurch die Individualität verloren ging.

Werte – wie Solidarität, Gemeinschaftsglaube und Geselligkeit – wurden zu Stützpfeilern der Gesellschaft. Dies führte letztlich zu einem neuen Verständnis von Bürgerlichkeit und dem Herausarbeiten von Benimmregeln. Dadurch entstand eine ungeschriebenen Definition von Ehre und Moral.

Solch Ehrenkodex wurde durch Tugendhaftigkeit untermauert, definierte die soziale Stellung einer Person. Dadurch waren einfache Beleidigungen, Beschimpfungen oder schlechtes Gerede keine Nebensächlichkeiten, sondern existenziell für das Individuum. Egal ob man sich um Besitz oder das Recht stritt, immer wurde der Streit auf dem Ehrenkodex begründet. Dadurch wurde die Ehre mit sämtlich materiellen und immateriellen Werten verknüpft. Verlor man seine Ehre, verlor man seinen Besitz usw. Das Aufrechthalten und das Wiederherstellen der eigenen Ehre war demnach etwas, was die Existenz sicherte.

Welche Erfindungen gab es in der Frühen Neuzeit

  • 1440-50: Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern durch Johannes Gutenberg.
  • ab 1470: Leonardo da Vinci entwirft anatomische Skizzen des menschlichen Körpers, welche später als Codex Windsor veröffentlich werden.
  • 1492: Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus
  • 1492: Martin Behaim entwirft den ersten Weltglobus (noch ohne Amerika).
  • 1498: Vasco da Gama entdeckt den Seeweg nach Indien.
  • 1500: Amerigo Vespucci bezeichnet die Neue Welt als eigenen Kontinent.
  • 1507: Erstellung der Weltkarte durch Martin Waldseemüller mit dem amerikanischen Doppelkontinent.
  • 1519: Erste Weltumsegelung durch Ferdinand Magellan
  • Ab 1536: Paracelsus revolutionierte die Medizin, indem er die bis dahin bestehende Säftelehre ablehnte und Krankheitsursachen, Einflüsse untersuchte und genauere Behandlungen voranbrachte.
  • 1543: Begründung des heliozentrischen Weltbildes durch Nikolaus Kopernikus
  • 1543: Andreas Vesalius veröffentlich sein Werk: „De Humani Corporis Fabrica“, in welchem die genaue Lage verschiedener Organe in der Bauchgegend, die Struktur des Gehirns und der Verlauf von Blutgefäßen beschrieben ist.
  • 1549: Der päpstliche Leibarzt Bartolomeo Eustachi bringt neuerliche Erkenntnisse zur Anatomie, Physiologie des menschlichen Körpers hervor.
  • 1577: Tycho Brahe vermaß erstmals die Laufbahn von Kometen, wodurch die astronomische Entfernung greifbar wurde.
  • 1603: Ausstellung des ersten Himmelsatlas (Uranometria) durch Johann Bayer
  • 1608: Das erste funktionierende Fernrohr wird in den Niederlanden gebaut.
  • Ab 1609: Erfindung des Galilei-Fernrohrs (Umbau des niederländischen Fernrohrs) zur Beobachtung des Sternenhimmels
  • 1609: Keppler veröffentlich sein Werk „Astronomia Nova“ mit den ersten beiden Kepplerschen Gesetzen zur Planetenbewegung.
  • 1657: Erfindung der Pendeluhr durch Christiaan Huygens
  • 1668: Isaac Newton entwickelt das Spiegelteleskop.
  • 1687: Isaac Newton veröffentlich sein Werk „Principia Mathematica“, in welchem er zum ersten Mal die Gravitation mit Hilfe mathematischer Formeln beschreibt.
  • 1712: Erfindung der atmosphärischen Dampfmaschine durch Thomas Newcomen.
  • 1772-75: James Cook entwickelt ein Therapien gegen die Seefahrerkrankheit Skorbut.
  • 1769: Verbesserung der Dampfmaschine durch James Watt

Literatur

  • Wolfgang Behringer, Der große Aufbruch: Globalgeschichte der Frühen Neuzeit, ISBN: 3406783449*
  • Luise Schorn-Schütte, Geschichte Europas in der Frühen Neuzeit: Grundzüge einer Epoche 1500-1789, ISBN: 382528834X*
  • Thomas Maissen, Geschichte der Frühen Neuzeit, ISBN: 3406816266*
  • Karl Vocelka, Frühe Neuzeit 1500-1800, ISBN: 382525304X*
  • Weitere Geschichtsbücher

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