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Humanismus


Humanismus (lateinisch: humanitas = Menschlichkeit) ist, im weitesten Sinn, als Bemühung nach einem menschenwürdigen Leben und dessen Ausgestaltung zu verstehen. Im Zentrum dieser Ausgestaltung steht Bildung und Erziehung. Durch das Bildungs- und Erziehungsideal soll jeder Mensch dazu fähig sein, seine Persönlichkeitsentfaltung voranzutreiben und bestmöglich umzusetzen.

Die Epoche des Humanismus bestand seit dem 15. Jahrhundert in Italien, begann mit dem Fall des byzantinischen Reiches (1453) – als viele Gelehrte aus Konstantinopel nach Rom und Umgebung flohen. Die Humanisten sahen sich dort Verhältnissen ausgesetzt, welche die Entfaltung des Menschen und seinem Bildungsideal entgegenstanden, wodurch Gesellschaftskritiken entstanden. Die einzelnen Konzepte und Modelle der Humanisten stehen teilweise im Gegensatz, weshalb der Begriff „humanistisch“ unpräzise und unscharf verwendet wird.

Steckbrief

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Humanismus
Bedeutung:Menschlichkeit, Menschsein im Sinne von "Mensch mit außerordentlichen Fähigkeiten"
Entstehung:Antike: humanitas als Fähigkeiten, Normen und Verhaltensweisen, welche den Menschen ausmachen

Renaissance: Wiederentdeckung und Wiederbelebung des antiken humanitas, um den Mensch in den Mittelpunkt der Weltanschauung zu stellen
Konzepte:-Mensch im Mittelpunkt der Weltanschauung
-Mensch verfügt über Fähigkeiten sein Schicksal selbst zu gestalten
-Mensch kann seine Existenzform verbessern und sollte danach streben
-Verknüpfung von Tugend und Wissen
Beginn:etwa 1350 in Italien
Ende: kein Ende, da das Gedankengut ein wesentlicher Bestandteil des Menschenbildes heute ist
Vertreter:Antike: Cicero
Renaissancezeit: Coluccio Salutati, Erasmus von Rotterdam, Leonardo Bruni, Francesco Petrarca (Mitbegründer), Dante Alighieri (Mitbegründer), Giovanni Boccaccio (Mitbegründer)

Epochen:Renaissance-Humanismus: 1350-1550
Niederländischer Späthumanismus: bis 1600
Neuhumanismus: ab 1750 in Deutschland geprägt durch von Humboldt, Goethe

Dritter Humanismus: ab 1920-er Jahre

Realer Humanismus: ab 1950-er Jahre in der DDR geprägt durch das Gesellschaftsbild von Karl Marx

Was ist Humanismus

Der Humanismus ist eine Zusammenfassung verschiedener geistiger Strömungen, welche den Menschen in den Mittelpunkt stellen und so ein neues Menschenbild definieren. Im alten Menschenbild des Mittelalters war der Mensch ein Wesen, welches von Gott gelenkt und geprägt wurde. Die Humanisten verständigten sich darauf, dass der Mensch gewisse Fähigkeiten besitzt, um seine Umwelt zu formen und seine Existenzform zu verbessern.

Humanismus kann demnach als ein Menschenbild bezeichnet werden, in welchem der Mensch seine Fähigkeiten zur Selbstbestimmung, Selbstkontrolle und Selbstentfaltung wahrnimmt. Innerhalb der einzelnen humanistischen Bewegungen wurden verschiedene Gedankenkonzepte entworfen, in deren Mittelpunkt immer der Mensch steht. So ist bspw. die Aufklärung nur eine Strömung des Humanismus – in deren Mittelpunkt das rationale Denken des Menschen stand. Anstelle von Gefühlen und Kirchenlogik sollte, für die Aufklärer, die Vernunft als oberste Urteilsinstanz einsetzen.

Eine weitere Strömung des Humanismus setzte in der Renaissance ein. Die Humanisten traten dafür ein, dass die Menschheit ihre geistige Fähigkeiten entfalten sollte, um Tugend mit Wissen zu verbinden. Sowohl Renaissance-Humanismus als auch Aufklärung zielten auf eine bestmögliche Persönlichkeitsentfaltung des Menschen ab, nahmen aber verschiedene Konzepte (Vernunft vs. Tugend) auf.

Wie entstand Humanismus

Die Wurzeln des Humanismus reichen bis in die Antike zurück. In dieser Geschichtsepoche entstand der Begriff „humanitas“, welcher als menschlich übersetzt wurde. Gemeint war damit ein geistiges Konzept des Menschen, welches auf Mitgefühl, Erbarmen und Mitleid beruhte. Die humanistischen Vordenker grenzen den Menschen von den Tieren ab, indem sie der Tierwelt ein Mitgefühl absprachen. Laut den antiken Humanisten sei nur der Mensch dazu fähig, Mitgefühl zu empfinden – weshalb das Adjektiv „human“ als mitfühlend oder menschlich übersetzt wird.

Der Begriff des Humanismus wurde allerdings erst am Ende des Mittelalters eingeführt, als Gelehrte und andere geistige Eliten zurück in die Antike schauten, Bewunderung für die Philosophen und Vordenker empfanden und dieses geistige Gut wiederbeleben wollten. Sie bezeichneten ihre Gegenwartsepoche als Renaissance – was Wiederbelebung der Antike bedeutete.

Im Zuge der Rückschau auf der Antike sollte auch der Menschlichkeitsbegriff neu definiert werden. Das Mitgefühl, welches zentrales Element der antiken Vordenker war, wurde um den Verstand erweitert. Demnach war der Mensch – für die Renaissance-Humanisten – ein tugendhaftes Wesen, welches nach Güte und Wissen gleichermaßen strebt.

Woher kam der Humanismus

Die antike Vorleistung des Humanismus findet sich bereits in der römischen Komödie. Bereits der römische Redner, Anwalt und Schriftsteller Marcus Tullius Cicero (106 v.Chr. – 43 v.Chr.) verwendete den Begriff „humanitas“ als Menschsein. So lobte er in Briefen bspw. den Staatsmann Julius Caesar als humanitas.

Die Briefe des Cicero wurden zwischen 1345 und 1389 durch den römischen Politiker Coluccio Salutati (1331 – 1406) wiederentdeckt und das Gedankengut des antiken Gelehrten neu bewertet. Im Zuge der Vorrenaissance (in Italien ab 1350) erblühte auch der Humanismus neu.

Ist der Humanismus eine Religion

siehe auch: Geschichte der Religion

Der Humanismus ist der Glaube, dass der Mensch etwas Besonderes unter den Tieren ist. Aber macht dieser Glaube den Humanismus schon zur Religion?

Ja, denn…
Bei Religionen kann man zwei Hauptrichtungen unterscheiden: Die theistischen Religionen stellen immer einen Gott oder mehrere Götter ins Zentrum. Aber es gibt auch Religionen, welche ohne Gott auskommen. Diese bezeichnet man als atheistische Religionen. Auch deren Vertreter glauben an etwas Übergeordneten, nennen es aber nicht Gott.

So ist bspw. der Glaube an die freie Marktwirtschaft mit ihren Regeln (unsichtbare Hand des Marktes) eine Religion ohne Götter. Oder der Glaube an den Kommunismus kommt ebenfalls ohne Götter aus. Selbst der Buddhismus als eine der großen Weltreligionen, stellt keinen Gott in den Mittelpunkt.

Der Humanismus stellt den Menschen in den Mittelpunkt und zwar auf einer Stufe mit Gott. Wo früher Gott war, steht heute der Mensch. Und das kann der Humanismus, weil um diese Religion zahlreiche Erzählungen existieren – welche dieses Glaubenssystem stützen.

Was hat Humanismus mit Glauben zu tun

Der Mensch ist das einzige Wesen auf der Welt, welches überirdische Konzepte erfinden kann. Gott und Religion kann man nicht anfassen und auch nicht sehen. Dennoch vermochte der Mensch, solche Ideen zu erfinden.

Andere Erfindungen des Menschen, welche in der physischen Welt nicht existieren, sind das Rechtssystem, der Staat und die Macht des Geldes.

Der 10-Euro-Schein ist nichts als Papier, aber weil wir alle daran glauben, dass man damit etwas Bestimmtes kaufen kann – nimmt uns der Supermarkt dieses Papier ab. Denn der Supermarktbesitzer glaubt auch daran.

Würden morgen alle Menschen nicht mehr ans Geld glauben, wäre der 10-Euro-Schein nur Papier und damit fast wertlos.

Die Menschheit hat jede Menge Religionskonzepte erfunden. Und damit diese Konzepte funktionieren, braucht es Narrative – welche das Glaubenskonstrukt stützen.

In theistischen Religionen basieren die Erzählungen auf Götter und Propheten. Letztere haben Gott einst gesehen oder auf anderem Wege erfahren. Gott gab diesen Propheten eine Bestimmung oder Lehre mit, welche sie dann in die Welt hinaustrugen.

Atheistische Religionen brauchen andere Erzählungen. Aber genauso wie bei theistischen Religionen geht es um Ordnung. In jeder Götter-Mythologie wird Gott als Ordnungsmacht begriffen, welche für Stabilität und Sicherheit (im Diesseits oder Jenseits) sorgt.

Konzepte, wie der Staat und das Rechtssystem, versprechen ebenfalls Sicherheit – weshalb Gott als Ordnungsmacht ersetzt werden durfte. Auch das Wirtschaftssystem verspricht Sicherheit an Nahrungsmitteln oder anderen Alltagswaren.

Falls dieses Sicherheitsversprechen irgendwann zusammenbricht, wird auch der dahinterliegende Glaube gefährdet. Dann braucht es neue Glaubenskonzepte.

Gottgleichheit und natürliche Ordnung

Der Humanismus ist der Glaube, dass der Mensch ein besonderes Subjekt unter den Lebewesen ist. Demnach stellt der Humanismus den Menschen gottgleich dar.

Auch hier liegt ein Ordnungsschwerpunkt zugrunde. Und zwar der, dass sich alle anderen Lebewesen unter dem Menschen einreihen müssen. Denn nur der Mensch ist, laut Humanismus, zu großen Emotionen, zu einem brillanten Verstand und zu überragender Kultur fähig. Deshalb ist es die Bestimmung des Menschen, sich die Erde und ihre Ressourcen anzueignen.

Welche Vorteile brachte der Humanismus

Der Humanismus schuf das Bild des Menschen, welcher sein Schicksal selbst bestimmt. Gottähnlich wurde der Mensch gemacht und mit besonderen Gaben ausgestattet.

In der Renaissance wurde durch dieses humanistische Ideal der Neuzeit-Mensch geboren, welcher sich nicht dem Schicksal eines übergeordneten Gottes hingeben musste. Stattdessen emanzipierte sich der Mensch, begriff sein Potential und verwirklichte sich.

Die Renaissancezeit war eine Zeit der Aufbruchsstimmung. Der spirituelle Wandel beflügelte die Schaffenskraft des Menschen, so dass neue Erfindungen angestoßen und Entdeckungen gemacht werden konnte.

Das Zeitalter der Entdeckungen setzte um 1416 ein, als Heinrich der Seefahrer die nordafrikanischen Küsten auskundschaftete. Ihren Höhepunkt hatte die Entdeckerzeit mit der Entdeckung Amerikas (1492) durch Christoph Kolumbus, der Entdeckung des Seewegs nach Indien (1498) durch Vasco da Gama und der ersten Weltumsegelung durch Magellan (1519-22).

Die Entdeckungen sorgten auch dafür, dass neue Technologien – in der Navigation, im Schiffsbau und Kartographie – eingeführt wurden. Sowohl die Entdeckungen als auch die Erfindungen haben wohlmöglich ihre geistige Grundlage im Humanismus. Denn ohne diese Emanzipationsbewegung hätte es diesen Aufbruch zu neuen Errungenschaften nicht gegeben.

Da der Humanismus heute noch fester Glaubenssatz ist, bewirkt er – dass jeder Mensch dazu befähigt wird, sein volles Potential abzurufen. Neue Technologien und Errungenschaften können nur entstehen, weil der Mensch sich als Individuum begreift und seine individuellen Stärken ausbaut.

Welche Nachteile hat der Humanismus

Der Glaube, dass die Menschheit besonders ist, hat einen Preis. Denn der Mensch glaubt, dass die Erde ein Ressourcenteller ist, an welchem er ungehindert zulangen darf. Sämtliche Tierarten sind vom Aussterben bedroht, da deren Verbreitungsgebiet mit humanistischen Interessen kollidieren. Wenn irgendwo eine Straße gebaut werden soll, an welcher eine bedrohte Tierart lebt – wird die Tierart umgesiedelt.

Der humanistische Mensch stellt die Bedürfnisse der Menschheit über die Bedürfnisse von allen anderen Lebewesen. Artensterben und Klimawandel sind die Folgen.

Die Ausbeutung der Tierwelt durch Massentierhaltung ist nach dem humanistischen Glauben ebenfalls völlig legitim. Den Nutztieren wird unterstellt, dass sie nur auf der Erde sind – um als Lieferanten für Nahrung oder Wolle zu dienen. Denn im humanistischen Weltbild ist der Glaube verankert, dass dies der Evolution entspricht.

Aber es gibt und gab sicherlich niemals eine andere Tierart, welche andere Arten ihre Rechte nimmt, die Individuen zusammenpfercht, deren Fortpflanzung kontrolliert und den Nachwuchs stiehlt.

Nun gibt es Tierschützer, welche fordern – dass man besondere Tierarten (bspw. Menschenaffen) mit Menschenrechten ausstattet, um diese nachhaltig zu schützen. Dies kollidiert aber mit dem humanistischen Ansatz, da es nur ein gottgleiches Wesen geben darf. Würden Gorillas auf die rechtliche Stufe von Menschen erhoben werden, würde dies den Humanismus entkräften.

Der Humanismus brachte auch zwischenmenschliche Probleme bzw. Nachteile mit sich, welche im nächsten Abschnitt erläutert werden.

Welche Formen des Humanismus gibt es

Alle Humanisten sind sich darüber einig, dass der Mensch das höchste Geschöpf auf Erden ist. Dennoch gibt es und gab es unterschiedliche Lehrmeinungen darüber, was den Menschen ausmacht. Aus dem Definitionsstreit bildeten sich drei Splittergruppen:

  • liberale Humanismus
  • sozialistische Humanismus
  • evolutionäre Humanismus

Liberaler Humanismus

Anhänger des liberalen Humanismus stellen das Individuum in den Vordergrund. Laut den liberalen Humanisten wohnt in jedem Menschen eine menschliche Natur. Diese menschliche Natur ist das Wesensbild eines Menschen. Man kann auch sagen, dass dieses Wesensbild den Menschen vom Tier unterscheidet.

Wie jede Religion hat auch der liberale Humanismus bestimmte Gebote und Verbote. Diese Wertvorstellungen sind im Wesentliche das, was wir unter Menschenrechten verstehen.

Laut liberalen Humanisten soll der Mensch bei einem politischen Dilemma in sich hineinhorchen, die Stimme der menschlichen Natur erkennen und dieser Stimme folgen. Heutige Synonyme für die menschliche Natur sind: Menschlichkeit, Stimme der Vernunft oder Humanität.

Jegliche Art von Mord gilt als Verstoß gegen die menschliche Natur. Denn das menschliche Leben auszulöschen, bedeutet auch, die menschliche Natur auszulöschen.

Die menschliche Natur als höchstes Gebot veränderte das gesellschaftliche Miteinander massiv. So war es im Mittelalter noch üblich, öffentliche Folter und Hinrichtungen zu zeigen. Die Menschen strömten herbei, um sich dieses Schauspiel anzugucken. Denn für die Menschen im Mittelalter war dies eine nette Unterhaltung, da sie Mord noch nicht durch die humanistischen Weltsicht gesehen haben. Dies änderte sich schlagartig, als es die Runde machte, dass der Mensch einzigartig ist.

Laut dem humanistischen Liberalisten wohnt auch in Verbrechern eine menschliche Natur, welche es zu schützen gilt. Heute sollen Verbrecher immer noch bestraft werden. Denn der Schuldspruch löst das Unrechtempfinden auf. Dennoch würden heute öffentliche Hinrichtungen nicht mehr besucht werden, da diese Methoden als unmenschlich herabgewürdigt werden. Und unmenschlich ist, laut liberalen Humanisten: Alles was gegen die menschliche Natur verstößt.

Sozialistische Humanismus

Der sozialistische Humanismus strebt Gleichheit anstelle von Freiheit an. Gehen die Liberalisten davon aus, dass die menschliche Natur im Individuum steckt, stimmen Sozialisten dem zu, sagen aber auch, dass völlige Freiheit und Gleichheit gesellschaftlich nicht nebeneinander existieren können.

Wenn ein Individuum alle Freiheiten besitzt, geht dies auf Kosten der anderen Individuen. Man stelle sich vor, eine Gruppe nimmt sich die Freiheit nicht zu arbeiten und die andere Gruppe muss diese mitversorgen. Doch wenn alle gleich sind, besitzen zwar die Eliten weniger Freiheiten, dafür gleichen sich alle Bevölkerungsgruppen an.

Im Kampf der Systeme stehen sich hier bedingungsloser Individualismus mit dem Kollektivismus gegenüber. Demokratien des Westens forcieren den liberalen Humanismus. Demnach streben sie eine Welt an, in welcher möglichst viele Menschen eine größtmögliche Freiheit genießen dürfen.

In kollektivistischen Ländern – wie China, Russland oder dem ganzen ehemaligen Ostblock – strebte man ein System an, welches auf Gleichheit setzte. In diesen Ländern könne die menschliche Natur dadurch entfaltet werden, indem der Mensch seine Fähigkeiten in die Gemeinschaft einbringt.

Würde sich ein Individuum mit besonderen Fähigkeiten sich derart stark hervortun, würde dieser Mensch gegen das Gleichheitsgebot verstoßen und somit aus der Gesellschaft ausbrechen. Laut den Sozialisten müsste dies verhindert werden, indem man alle Menschen gleich bezahlt, eine gleiche Schulbildung zukommen lässt und sie in gleichen Wohnungen unterbringt.

Der sozialistische Gedanke fand sich in starke Ausprägung im Sozialismus (ehemalige DDR), im Kommunismus (ehemaligen Sowjetunion) als auch im Marxismus wieder. Letzterer bildet die philosophische Grundlage einer solch klassenlosen Gesellschaft.

Evolutionäre Humanismus

Der evolutionäre Humanismus setzt ebenfalls auf Gleichheit. Aber dieses Privileg sollte nur für bestimmte Menschen mit bestimmten Merkmalen (Herkunft, Hautfarbe, Ethnie) gelten. Alle anderen Menschen werden herabgestuft.

Konzepte, wie die Rassentheorie und der Sozialdarwinismus, finden hier ihre Grundlagen. Die Nationalsozialisten griffen beide Konzepte auf und definierten auf dieser Grundlage den Untermenschen.

Laut den Nationalsozialisten wäre die menschliche Art von einem Verfall betroffen. Sie selbst sahen sich in der Pflicht diesen Verfall aufzuhalten.

Kerngruppe der Nationalsozialisten war die arische Rasse. Diese Rasse war diejenige, welche am höchsten entwickelt war. Nur die Arier seien imstande Kultur hervorzubringen. Aber die Arier wurden von anderen Bevölkerungsgruppen unterwandert, welche durch Fortpflanzung schlechtes Blut in die arische Reinrasse hineintragen.

Auf dieser Grundlage definierten sie einen Volkskörper, welchen es zu beschützen galt. Zum Volkskörper gehörten nur Bevölkerungsanteile mit deutscher Herkunft und Blut. Jegliche anderen Menschen außerhalb des Volkskörpers wurden zu Feinden erklärt, welche schädliches, unreines oder parasitäres Blut reinschleppen würden.

Laut den Nationalsozialisten konnte der menschliche Verfall nur aufgehalten werden, indem Schädlinge aus der Gesellschaft beseitigt werden. Zu diesen Schädlingen und Untermenschen erklärten sie die Juden, die Roma, Homosexuelle und geistig Behinderte.

Humanismus und Rassentheorie

Obwohl die Nationalsozialisten den evolutionären Humanismus auf die Spitze trieben, war dieses Ansatz keineswegs neu. Bereits im Zeitalter der Entdeckungen (15. Jahrhundert) fuhren Portugiesen nach Afrika, um sich Sklaven zu erbeuten.

Sklaverei war nichts Neues und gab es bereits vor der Antike. Doch neu war, dass Sklaverei ein rassistisches Element bekam. Während in Europa der Humanismus erblühte, kam zeitgleich die Rassentheorie auf. Tja so ist das mit Religionen. Sie leben vom Widerspruch.

Und zwar glaubte man, dass wenn man Afrikaner versklavt und in die christliche Welt verschleppt – man ihnen etwas Gutes tut. Ähnlich sah man es mit den Indianern, welche als Wilde bezeichnet wurden und nur darauf gewartet haben, kultiviert zu werden.

Durch das Bekehren sollen diese in einem besseren Kulturkreis aufwachen, um dann als Arbeitssklaven ihrer göttlichen Bestimmung nachzugehen. Aus dem Ausspruch „Reinheit des Glaubens“ wurde während des 15. Jahrhunderts der Ausspruch „Reinheit des Blutes“.

Glaubensgrundlagen aller Formen von Humanismus

Der Humanismus, egal welche Form er annimmt, basiert auf den Monotheismus. Das bedeutet ohne Gott, Jenseitsmythologie und Seele keinen Humanismus. Die menschliche Natur, welche laut den Liberalen in jedem Menschen innewohnt – entspricht dem Konzept der religiösen Seele. Ohne die Unsterblichkeit der Seele könnten die Liberalen niemanden erklären, was so besonders am Menschen sei und was ihn gottähnlich macht.

Da alle Seelen von Gott gleich erschaffen wurden, basiert auch der sozialistische Humanismus auf genau den gleichen Monotheismus. Der evolutionäre Humanismus geht davon aus, dass die Seele eines Afrikaners oder Indianers gerettet werden würde, sobald man diesen in den christlichen Kulturkreis hineinversklavt hat.

Die Nationalsozialisten haben den Untermenschen die Menschlichkeit und somit die Seele gänzlich abgesprochen. Dadurch war es überhaupt erst möglich, diesen Zivilisationsbruch zu begehen. Das deutsche Volk musste moralisch verfallen, es aber nicht merken – da man den Untermenschen das Menschsein absprach.

Ähnlich wie der moderne Humanismus mit Tieren umgeht, ging man früher mit Sklaven oder Nicht-Ariern um. Die Menschen wurden entrechtet, ausgebeutet und vertrieben. Und man erklärte der Welt, dass dies ihre Bestimmung sei – weil Gott nun einmal den (Über)menschen erschaffen habe, welcher über niedrigere Lebensformen herrscht.

Epochen des Humanismus

Renaissance-Humanismus

(siehe auch Hauptartikel: Fragen und Antworten zum Renaissance-Humanismus)

Als Geburtszeit des Humanismus wird die Renaissance oder die Zeit unmittelbar vor der Renaissance (14. Jahrhundert) angeführt. Und die Renaissance wird auch als Geburtsstunde des Individuums bezeichnet. Doch tatsächlich kannte das antike Griechenland bereits Individualität. Denn in den Erzählungen von Odysseus, Perseus oder Herakles wird deutlich, dass es durchaus Menschen oder Halbgötter gab – welche besondere Fähigkeiten hatten.

In den antiken Erzählungen werden die Helden zunächst mit einem Makel belegt, hatten Fehler oder wurden von den Göttern bestraft. Dies war ausschlaggebend für ihre Heldenreise, bei der sie dann Rückschläge überwinden mussten, um innerlich über sich hinauszuwachsen. Nichts anderes forderten die Humanisten der Renaissance: Der Mensch solle seine Fähigkeiten entfalten.

Bestrebungen in der Literatur

Als Begründer des Renaissance-Humanismus werden drei Philosophen genannt: Francesco Petrarca, Dante Alighieri und Giovanni Boccaccio. Alle drei waren Italiener, Dichter und Philosophen. Sie versuchten die Antike als kulturelle Hochphase der Menschheitsgeschichte wiederzubeleben. Ihr damaliges Italien sahen sie, im Vergleich zum römischen Reich, als kulturell zurückgeblieben.

Der Untergang der antiken Welt war für Italien zudem eine Demütigung, da der Norden Italiens vom Heiligen Römischen Reich (mit deutschen Kaisern) dominiert wurde.

In Mittelitalien erblühten einige Stadtstaaten, welche sich gern als Überbleibsel der Antike hervortaten, um ihre Nachbarn kulturell zu dominieren.

Dennoch war Italien im Mittelalter keine Führungsmacht, so wie es das antike Rom einst war. Italienische Künstler waren demnach immer bestrebt gewesen, die Antike wiederzubeleben und die Demütigung (Untergang Westroms) wettzumachen. Einen ersten Anfang war mit den drei oben gewähnten Dichtern gemacht, welche maßgeblich dazu beitrugen, dass sich eine italienische Literatursprache durchsetzen konnte.

Vorboten des Renaissance-Humanismus

Schon im 13. Jahrhundert gab es ähnliche Bildungsbewegungen, wie die Sizilianische Dichterschule (Scuola poetica bzw. Scuola siciliana). Diese Bewegung breitete sich nach Norden immer weiter aus und wurde zum Dolce Stil Novo (Süßer neuer Stil). In den Werken von Dante, Petrarca und Boccaccio erreichte dieser Stil seinen Höhepunkt. Kennzeichen des Stils waren Lebensnähe, Herzensnähe und die noble Gesinnung des Menschen.

Diese Ideale wurden zu Vorboten des Renaissance-Humanismus. Man wollte eine Bildungsreform erreichen und von der mittelalterlichen Beweisführung (Scholastik) wegkommen. Denn diese stand neueren Erkenntnisgewinnen im Weg, da lediglich vorgefertigte Meinungen von Autoritäten oder theologische Grundannahmen zugelassen worden. Bedeutende Vertreter des Renaissance-Humanismus waren, neben den oben genannten, auch Leonardo Bruni oder Coluccio Salutati.

Kennzeichen des Renaissance-Humanismus

Die neuen Ideale des Humanismus (Rückbesinnung auf die Antike, auf das Individuum) bewirkten einen gesellschaftlichen Wandel, welcher sich in der Kunstwelt niederschlug. Kunst war auch damals ein Abbild des Zeitgeschehens. Berühmte Renaissancekünstler, wie Raffael, Leonardo da Vinci, Sandro Botticelli oder Michelangelo – griffen antike Themen auf und verknüpften diesen mit dem individuellen Zeitgeist. Fortan wurden Menschen der Renaissance zusammen mit Heiligen oder Jesus porträtiert, was im Mittelalter noch unmöglich gewesen wäre.

Späthumanismus

(siehe auch Hauptartikel: Fragen und Antworten zum Späthumanismus)

Sowohl die Renaissance als auch der Humanismus breiteten sich von Italien ausgehend über weite Teile Europas aus. Die italienische Renaissance endete spätestens um 1600, wohlmöglich noch früher. Doch die nordeuropäische Renaissance begann erst um 1500 als Albrecht Dürer Italien besuchte.

Durch Dürer verbreitete sich die künstlerische Technik der Renaissance (Zentralperspektive, Formenlehre usw.) über Europa. Aber die Künstler und Gelehrten griffen auch die humanistischen Themen auf. In Wittenberg begann 1517 die Reformation als Martin Luther seine 95 Thesen vorschlug. Die Reformation passte zu den humanistischen Idealen der Italiener – wodurch sich beide befeuerten.

Einer der bedeutendsten Humanisten der Spätrenaissance in Nordeuropa war Erasmus von Rotterdam. Künstler, wie Lucas Cranach oder Hans Holbein, porträtierten Erasmus und andere Humanisten. Zudem lieferten sie Propagandabilder gegen die alten Glaubensdoktrin der katholischen Kirche.

Neuhumanismus

(siehe auch Hauptartikel: Fragen und Antworten zum Neuhumanismus)

Der Neuhumanismus begann im 18. Jahrhundert. Wieder machten sich einige Gelehrte für Bildungsreformen stark. Dieser zweite Humanismus (nach Renaissance-Humanismus) hatte prominente Vertreter, wie Wilhelm von Humboldt, Johann Wolfgang von Goethe oder Friedrich Schiller.

Seinen Höhepunkt erreichte der Neuhumanismus nach 1806, also nachdem das Heilige Römische Reich zusammengebrochen ist. Denn das deutschstämmige Preußen vollzog ab 1806 mehrere Reformen, u.a. auch eine Bildungsreform – welche von Wilhelm von Humboldt geleitet wurde.

Zentrale Themen waren eine erneute Rückbesinnung auf die Antike, Einzug der lateinischen Sprache in den oberen Schulklassen und die Eröffnung des humanistischen Gymnasiums. Diese Schulform sollte die römisch-griechische Kultur in den Vordergrund rücken.

Dritter Humanismus

Der dritte Humanismus begann in den 1920-er Jahren. Begründer war Werner Jaeger. Dieser beklagte den Untergang des Bildungswesens in den Zwischenkriegsjahren. Gründe dafür sah er im Aufkommen von Kino, Rundfunk und anderen Medien, aber auch in der industriellen Maschinerie, welche auf unzulängliche Bildung der Fabrikarbeiter setzte.

In der Kultur der Griechen sah Jaeger den Ursprung der Bildung überhaupt. Und die Griechen hinterließen ihre Kultur als Erbe an alle nachfolgenden Völker. Demnach beginnt der Humanismus zum Zeitpunkt als die Römer die Kultur der Griechen übernahmen. Jener Bildungsgedanke überdauerte das Christentum, wurde in der Renaissance neu verhandelt und schließlich bis in die Moderne übertragen.

Solche Ansichten hatten in der NS-Diktatur keine Zukunft, da diese nicht mit dem militarisierten Männlichkeitstypus der Nationalsozialisten vereinbar werden konnten. Und da Jaeger mit einer jüdischen Frau verheiratet war, wanderte er 1936 in die USA aus. Somit kam der dritte Humanismus niemals aus den Kinderschuhen heraus.