Lutherstadt Wittenberg
Wittenberg bzw. amtlich als Lutherstadt Wittenberg bezeichnet, ist eine Stadt mit circa 45.000 Einwohnern in Sachsen-Anhalt. Erstmals erwähnt wird die Stadt als kleines Dorf im Jahr 1180. Damals gehörte die Gemeinde zum Herzogtum Sachsen, welches 1296 ins Herzogtum Sachsen-Wittenberg überging.
Ab diesem Zeitpunkt wurde Wittenberg zur Hauptstadt des Herzogtums und behielt diesen Status auch im darauffolgenden Kurfürstentum Sachsen. Schließlich wurde 1347 Wittenberg doch als Hauptstadt von Dresden abgelöst.
Im 16. Jahrhundert begann in Wittenberg die Reformation. Laut einer Legende soll Martin Luther im Jahr 1517 seine 95 Thesen an die Schlosskirche von Wittenberg genagelt haben, wodurch die protestantische Reformation begann.
Inhalt
Steckbrief
Lutherstadt Wittenberg | |
Gründer: | Haus Anhalt |
Gründung: | um 1180 |
heutige Lage: | Sachsen-Anhalt, Landkreis Wittenberg (östliches Sachsen-Anhalt) |
Einwohnerzahl: | zur Lutherzeit: etwa 2.000 heute: 45.126 (Stand Dezember 2023) |
Fläche: | 240,4 km² |
Bevölkerungsdichte: | 188 Einwohner je km² |
Sehenswürdigkeiten: | Schlosskirche, Augusteum und Lutherhaus, Melanchthonhaus, Stadtkirche Wittenberg, Hamlethaus, Bugenhagenhaus, Marktplatz und Altes Rathaus, Cranach-Höfe, Schloss Wittenberg |
Historische Zugehörigkeiten: | |
1180 - 1296 | Herzogtum Sachsen (Reichstand im Heiligen Römischen Reich) |
1296 - 1356 | Herzogtum Sachsen-Wittenberg (Herzogtum des Heiligen Römischen Reiches mit Wittenberg als Hauptstadt) |
1356 - 1806 | Kurfürstentum Sachsen (Reichstand des Heiligen Römischen Reiches mit Wittenberg als Hauptstadt bis 1547, ab 1547 bis 1806 Dresden als Hauptstadt) |
1806 - 1815 | Königreich Sachsen (Teil des Rheinbundes bis 1813, des Deutschen Bundes bis 1815) |
1815 - 1871 | Königreich Preußen (Teil des Deutschen Bundes bis 1866, Teil des Norddeutschen Bundes bis 1871) |
1871 - 1918 | Deutsches Kaiserreich |
1918 - 1933 | Weimarer Republik |
1933 - 1945 | Nazi-Deutschland (Drittes Reich) |
1945 - 1949 | Sowjetische Besatzungszone |
1949 - 1990 | Ostdeutschland (DDR) |
seit 1990 | Bundesrepublik Deutschland |
Wann wurde Wittenberg gegründet
Wittenberg wurde 1180 erstmals als Dorf erwähnt. Als Herrscherdynastie, unter welcher das Dorf entstand, wird das Haus Anhalt (Askanier) erwähnt.
Im Jahr 1180 wurde die Welfenherrschaft Heinrich des Löwen in Sachsen beendet, nachdem Kaiser Friedrich Barbarossa ihn absetzte. Die Askanier kehrten nach Sachsen und Anhalt zurück, konnten aber nur Ostsachsen kontrollieren.
Viele Gebiete spalteten sich in der Folge ab, weshalb das sogenannte Altsachsen sich in mehrere Gebiete aufspaltete. Darunter fielen das Fürstentum Anhalt oder das Welfenherzogtum Braunschweig-Lüneburg. Das restliche Kerngebiet wurde zum Herzogtum Sachsen.
Zunächst wurde Allstedt im heutigen Mansfeld-Südharz zur bedeutendsten Stadt im Herzogtum. Doch ab 1260 wurde Wittenberg zum Residenzort der sächsischen Herzöge und erhielt 1293 das Stadtrecht. Fortan begann der Aufstieg Wittenbergs.
Was machte Luther in Wittenberg
1517 begann in Wittenberg die Reformation, welche durch Martin Luther ausgelöst wurde. Luther war Mönch im Augustinerorden und studierte in Erfurt Theologie. Im Oktober 1508 wurde er nach Wittenberg versetzt. Zunächst pendelte er immer wieder zwischen Erfurt und Wittenberg. Eine vierwöchige Romreise im Jahr 1510 ist ebenfalls belegt. Nach 1511 blieb er endgültig in Wittenberg.
Luthers Turmerlebnis und sola gratia
Im Südturm des Augustinerklosters von Wittenberg hatte Luther sein Arbeitszimmer. Dort formulierte er 1510 oder 1511 die Gnade Gottes als Geschenk an die Menschen (sola gratia). Laut der lutherischen Lehre erlangt der Mensch das Seelenheil und das ewige Leben allein durch die Gnade Gottes und nicht durch seine Handlungen oder Verdienste. Dies steht im klaren Gegensatz zu dem, was die katholische Kirche vorsah.
Kritik am Ablasshandel und 95 Thesen
Mit Luthers Turmerlebnis begann die reformatorische Wende. Im Zentrum seiner Reformationsbewegung stand der Ablasshandel. Der Ablass ist ein Sündenerlass, welcher vom Sünder bezahlt wurde. Im Mittelalter wurde die katholische Kirche durch den Ablasshandel sehr reich.
Martin Luther war zwar auch Christ und gehörte der römisch katholischen Lehre an, war aber Mönch im Augustinerorden. Die Ordensbrüder haben sich einem Leben in Armut verpflichtet, weshalb der Augustinerorden auch als Bettelorden bezeichnet wird.
Laut Luthers Vorstellung (sola gratia) brauchte es keine Ablasszahlung, um Seelenheil und ewiges Leben zu empfangen. Stattdessen war die Gnade Gottes ausreichend und den Ablasshandel betrachtete er als etwas Verwerfliches, womit sich die Kirche an der Gesellschaft bereicherte.
1515 wurde die Ablassbulle von Papst Leo X. erlassen. Mit dem Geld sollte der Neubau des Petersdoms finanziert werden. Außerdem sollte der Mainzer Erzbischof seine Schulden bei den Fuggern zurückzahlen können.
Am 31. Oktober schrieb Luther einen Brief an den Mainzer Erzbischof. In diesem Brief äußerte er seine Sorgen und Kritik am Ablasshandel. Diesem Brief legte er seine 95 Thesen bei. Heute ist der 31. Oktober als Reformationstag bekannt, da mit diesem Brief (Formulierung der 95 Thesen) die Reformation begann.
Seit wann ist Wittenberg auch Lutherstadt
Wittenberg wurde erst 1922 zur Lutherstadt. Damals sollte das Ansehen der Stadt durch den Namen erhöht werden. Zu diesem Zeitpunkt war Wittenberg bereits so groß, dass es eine kreisfreie Stadt war. Der Namenszusatz schien gerechtfertigt, wurde aber erst 1938 offiziell.
Warum wurde Wittenberg in der Lutherzeit so bedeutend
1502 wurde die Universität von Wittenberg gegründet. Es war die erste Universität im Kurfürstentum Sachsen. Dass Wittenberg eine Universitätsstadt war und ist, zog Gelehrte aus dem Umland an. Auch Martin Luther wurde davon angezogen.
Ein Jahrzehnt nachdem sich Luther in Wittenberg niederließ, kam Philipp Melanchthon nach Wittenberg. Er bekam den Lehrstuhl für griechische Sprache an der Universität. Melanchthon wurde zum zweitwichtigsten Akteur der Reformation, nach Luther.
Dass Wittenberg durch die Universität an Ansehen gewann, zeigt die Bevölkerungsentwicklung. Als Martin Luther 1508 nach Wittenberg kam, lebten etwa 2.000 Menschen in der Stadt. Im Jahr 1532 war die Einwohnerzahl bereits verdoppelt. Es lebten etwa 4.500 Menschen dort.