Frühmittelalter
Das frühe Mittelalter bzw. Frühmittelalter ist der erste Abschnitt des Mittelalters, welcher im 5. und 6. Jahrhundert begann und bis zum Hochmittelalter (11. Jahrhundert andauerte). Die Einteilung der Weltgeschichte in Altertum, Mittelalter und Neuzeit geschah erst durch die Humanisten der Renaissance, weshalb auch das Frühmittelalter erst im 15. Jahrhundert als Epoche definiert und im 18. Jahrhundert konkretisiert wurde.
Lange Zeit ging man davon aus, dass das Frühmittelalter eine dunkle Episode der Menschheitsgeschichte war. Moderne Ansätze sehen das Frühmittelalter eher als Wandlungszeit, da im Mittelmeerraum sich der Islam ausbreitete, die Völkerwanderung neue Reiche erstehen ließ. Letztlich kam es zu einer größeren Dreiteilung des europäischen Kulturraums kam. (Islamische Welt, Byzantinisches Reich, Frankenreich als Folgestaat des Weströmischen Reiches).
Inhalt
- 1 Steckbrief
- 2 Was war das Frühmittelalter
- 3 Warum heißt das Frühmittelalter so
- 4 Wann beginnt das Frühmittelalter
- 5 Wann endet das Frühmittelalter
- 6 Wer herrschte im Frühmittelalter
- 7 Was war typisch für das Frühmittelalter
- 8 Was passierte im Frühmittelalter
- 9 Was geschah am Ende des Frühmittelalters
- 10 Wie leben die Menschen im Frühmittelalter
- 11 Welche Bevölkerungsschichten gab es im Frühmittelalter
- 12 Welche Stellung hatte die Frau im Frühmittelalter
Steckbrief
Name: | Frühmittelalter bzw. frühes Mittelalter |
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Bedeutung: | historische Teilepoche des Mittelalters (Großepoche) |
Vorgänger: | Spätantike oder die Antike (allgemein) im Mittelmeerraum |
Nachfolger: | Hochmittelalter |
Beginn: | 476 n.Chr. Untergang des Weströmischen Reiches und weitere Epochenereignisse (siehe unten) |
Ende: | Teilung des Frankenreiches (843) und weitere Epochenereignisse (siehe unten) |
Merkmale: | -Gründung des Frankenreiches als Nachfolgestaat zum Römischen Reich -Merowinger- und Karolingerzeit (Frankenreich) -Bestrebungen des Byzantinischen Reiches (Ostrom) die verlorenen Gebiete (Kleinstaaten) wieder ins Reich zu holen -Ausbreitung des Islams (Islamische Expansion) und der arabischen Kulturwelt -Wikingerangriffe am Ende des Frühmittelalters |
Was war das Frühmittelalter
Das Frühmittelalter ist die erste Epoche des Mittelalters, welche sich mit der Spätantike überschneidet. In verschiedener Literatur werden unterschiedliche Epochenereignisse herangezogen, um den Beginn und das Ende des Frühmittelalters zu markieren. In dieser Epoche beginnt die Islamische Expansion durch die Araber (630-er Jahre), die Völkerwanderung und die Gründung verschiedener Reiche, welche die Grundlage für heute existierende Staaten bilden.
Warum heißt das Frühmittelalter so
Die Dreiteilung des geschichtlichen Zeitverlaufs, in Altertum, Mittelalter und Neuzeit, wurde von den Humanisten in der Renaissancezeit definiert. Dies geschah also erst im Nachhinein (14. und 15. Jhd.). Zu dieser Zeit blickten die Gelehrten auf die letzten Jahrhunderte zurück, beschrieben diese als rückständig und dunkel. Und deshalb strebten die Humanisten eine neue Zeit an, blickten auf die Antike als Epoche mit vielen Errungenschaften zurück und wollten die Werte der Antike wiederbeleben. (Renaissance = Wiedergeburt).
Die Humanisten der Renaissancezeit vergaben den Begriff Antike (antiquus = altehrwürdig), benannten ihre Zeit als Neuzeit und die Zeit dazwischen als Mittelalter. Eine weitere Einteilung in Früh-, Hoch- und Spätmittelalter erfolgte erst im 18. Jahrhundert.
Da das Mittelalter von vornherein als die Zeit zwischen Antike und Neuzeit definiert wurde, war die Namensvergebung bereits ein Zeichen der Herabwürdigung.
Wann beginnt das Frühmittelalter
Das Frühmittelalter beginnt mit dem Untergang des Weströmischen Reiches (476 n.Chr.). Andere Historiker setzen den Einfall der Hunnen in Mitteleuropa als früheren Zeitpunkt (375/376 n.Chr.) fest, da dadurch die Völkerwanderung ausgelöst wurde, welche letztlich zum Untergang Westroms beitrug. Daneben wird die Ausbreitung des Islams (ab 632, Tod des Propheten Mohammed) als Epochenwechsel diskutiert, um die Spätantike vom Frühmittelalter zu trennen. Insgesamt existieren mindestens 7 Ereignisse, welche als Beginn des Frühmittelalters herangezogen werden:
- 313 n.Chr.: Konstantinische Wende, wodurch 380 n.Chr. das Christentum zur römischen Staatsreligion erklärt wurde
- 375: Hunneneinfall in Europa und Beginn der Völkerwanderungszeit
- 476: Untergang des Weströmischen Reiches
- 486/87: Chlodwig I. unterwarf germanische Gruppierungen und bezwang den letzten römischen Heerführer Galliens (Syagrius) in der Schlacht bei Soissons. Dadurch konnte das Frankenreich, als Folgestaat auf dem ehemaligen Gebiet des Römischen Reiches, gegründet werden.
- 529: Gründung der Abtei Montecassino in Italien, welche als Mutterkloster aller Benediktiner entsteht und das große Zeitalter des Mönchstums einläutet.
- 568: Einfall der elbgermanischen Langobarden in Italien und Gründung des Langobardisches Königreichs als zweites Folgereich auf dem Gebiet des ehemaligen Römischen Reiches.
- 632: Tod des Propheten Mohammeds und anschließende Eroberungen des Nahen Ostens, Nordafrikas und Westasiens durch die Araber (Islamische Expansion)
Wann endet das Frühmittelalter
Ähnlich wie der Beginn des Frühmittelalters wird auch dessen Ende nicht an einem konkreten Datum festgemacht, sondern als Zeitspanne der Wandlung und Neubildung definiert. Einige Eckdaten dienen Historikern als Indiz für den Beginn dieser Transformationszeit:
- 843: Teilung des Frankenreiches in ein Ostfrankenreich (heutige Deutschland) und ein Westfrankenreich (heutige Frankreich)
- 962: Otto I. wird erster römischer Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, welches auf dem Gebiet des Ostfrankenreiches entstand und als Folgereich des antiken Roms betrachtet wird.
- 1054: Das Morgenländische Schisma spaltet die römische Kirchengemeinschaft in eine Westkirche (Rom, katholische Kirche) und eine Ostkirche in Konstantinopel (Orthodoxe Kirche).
Wer herrschte im Frühmittelalter
Aus westeuropäischer Sichtweise sind zwei Herrscherhäuser von Bedeutung, welche das Frühmittelalter prägen:
- die Merowinger ab 482 n.Chr.
- die Karolinger ab 751 n.Chr.
Aus einer mittel- osteuropäischen Sichtweise sind die Kaiser von Ostrom (Byzantinisches Reich) mit Sitz in Konstantinopel und die arabischen Machthaber (islamische Kalifenreich) ebenfalls von Bedeutung.
Die Merowinger waren das ältere Königsgeschlecht der Franken, auf welche die Gründung des Frankenreichs zurückging. Die Merowingerzeit beginnt mit Chlodwig I., welcher 482 n.Chr. ein kleines Herrschaftsgebiet im Nordosten Galliens von seinem Vater (Childerich I.) erbt.
Durch die Unterwerfung angrenzender Germanenstämme und die Eroberung von ganz Gallien konnte Chlodwig ein Großreich besitzen, auf welchem er sich als erster fränkischer Großkönig ausrufen lässt. Die Gründung des Frankenreichs (486/87) gilt als bedeutendste Reichsgründung seit der Antike. Und die Herrschaft der Merowinger überdauerte bis Childerich III. (751 n.Chr.), bevor Pippin der Jüngere die Königsmacht an sich riss und das Zeitalter der Karolinger begründete.
Bedeutendster Herrscher der Karolingerzeit und auch des gesamten Frühmittelalters war Karl der Große (747-814). Dieser war Sohn und Nachfolger von Pippin.
Karl der Große schaffte es, das Gebiet des Frankenreichs deutlich zu vergrößern, das Christentum im gesamten Reich zu verbreiten und Angriffe von außen abzuwehren. Unter seiner Regentschaft wurde das Langobardische Königreich in Norditalien erobert, sowie die Sachsen unterworfen. Weiterhin wurde unter ihm die Spanische Mark, welches ein Grenzland zwischen dem heutigen Frankreich und Spanien war, ins Reich eingegliedert.
Und Karl der Große erreichte Gebietsgewinne in Bayern und Kärnten. Durch die Eroberungen und anschließende Missionierung zum Christentum entstand ein geeinigtes Großreich mit ähnlichem Kulturraum. Deshalb wurde Karl der Große schon zu Lebzeiten als Vater Europas (Pater Europae) bezeichnet.
Als im Jahr 843 das Frankenreich in ein Ost- und Westteil geteilt wurde, regierten die Karolinger das Westfrankenreich weiterhin. In Ostfrankenreich wurde stattdessen ein neuer König gewählt. Solch Wahlkönigtum wurde zum Vorreiter der Herrschaftslegitimation des Heiligen Römischen Reiches, welches ab 962 n.Chr. bestand und neben dem arabischen Kalifenreich und dem Byzantinischen Reich zum bedeutendsten Player des Hoch- und Spätmittelalters werden sollte.
Was war typisch für das Frühmittelalter
Die Welt befand sich im Wandel. Das Römische Reich, welches als Stabilisator in der Antike agierte, zerfiel in ein West- und ein Oströmisches Reich schon während der Antike (395 n.Chr.). Als dann Westrom (476) unterging, entstand in West- und Mitteleuropa ein Machtvakuum, welches durch kleinere Akteure gefüllt wurde. So entstanden kleinere Staaten oder staatenähnliche Gebilde, welche sich von der Zentralregierung in Rom lossagten. Die Byzantiner (Ostrom) versuchten diese Staaten wieder einzugliedern, was nicht gelang. Mit der Gründung des Frankenreiches (5. Jahrhundert) wurde Westeuropa stabiler und durch die Herrschaftsjahre von Karl dem Großen wurde Europa wieder vereint.
Was passierte im Frühmittelalter
Untergang Westroms
Das Römische Reich durchlief in der Spätantike eine längere Phase des Verfalls und der Dekadenz. Als letzter weströmischer Kaiser regierte Romulus Augustulus. Dieser war bei seinem Amtsantritt (475) noch ein Kind gewesen, welcher unrechtmäßig von seinem Vater Orestes auf den Herrscherthron befördert wurde. Orestes war Oberbefehlshaber der römischen Legionen und zwang Julius Nepos, den letzten rechtmäßigen Kaiser, zur Flucht.
Im Verlauf des 5. Jahrhunderts war das Weströmische Reich zu einem Reich geworden, in welchem die Generäle den Staat beherrschten, die zivile Verwaltung zurückdrängten und die Königsmacht allmählich erlosch. Nachdem der römische Oberbefehlshaber Orestes den Staatsstreich vollzog und seinen Sohn als Kindkaiser einsetzte, rebellierten Teile der römischen Armee, wollten entweder mehr Sold oder Gebiete in Italien zugesprochen bekommen. Die Forderungen lehnte Orestes ab, wodurch es zum erneuten Staatsstreich kam.
Orestes wurde im August 476 in einer Entscheidungsschlacht durch den weströmischen Offizier Odoaker getötet. Dieser setzte daraufhin den unrechtmäßigen Kindkaiser ab und unterstellte das Weströmische Reich dem Oströmischen Reich. Fortan wurde in Westrom lediglich ein Verwalter oder Regent eingesetzt, welcher nicht mehr den Titel „Weströmischer Kaiser“ sondern mit „Rex Italiae“ (König von Italien) angesprochen wurde.
Odoaker wurde zum ersten König Italiens und nach dem Tod von Julius Nepos (letzter legitimer Westkaiser) eroberte er Dalmatien auf der Balkanhalbinsel, wodurch er in Konflikt mit Ostrom geriet. Unterstützt wurde der oströmische Kaiser von den Ostgoten, einem germanischen Stamm, welche Rom und Italien zurückerobern sollten, bevor der Kaiser Ostroms wieder in den Westen zurückkehrte.
Odoaker brach daraufhin die Gespräche mit Ostrom ab und erhob seinen Sohn Thela als Gegenkaiser. Da Odoaker die Ostgoten nicht aufhalten konnte, schloss er im Februar 493 mit dem ostgotischen König Theoderich einen Friedensvertrag. Einige Tage später wurde Odoaker in Ravenna von Theoderich eigenhändig ermordet. Sein Sohn Thela wurde wenig später ebenfalls ermordet.
Theóderich, König der Ostgoten, wurde von Ostrom zeitweise zum Regenten in Italien eingesetzt – was allerdings auch umstritten ist. Dennoch wird Theóderich der Große in germanischer Dichtung als Volksheld verehrt und wurde zum Vorbild des hochmittelalterlichen Heldenliedes von Dietrich von Bern.
Völkerwanderung
Die Zeit der Völkerwanderung begann etwa 375 n.Chr., führte u.A. zum Untergang Westroms und zum Entstehen neuer Reiche, wie dem Frankenreich. Ob die Völkerwanderung tatsächlich den Untergang des Weströmischen Reiches auslöste oder ob der Untergang die Wanderschaft befeuerte, wird noch diskutiert. Fakt ist, dass in dieser Zeit zahlreiche Truppenverbände durch Europa zogen, welche auf der Suche nach Beute und Versorgung waren.
Als Anfang der Völkerwanderung wird die Vertreibung der Goten durch die Hunnen genannt. Die Hunnen waren ein zentralasiatisches Reitervolk, welches 376 bis zur Donau vordrang und dort die ansässige Bevölkerung vertrieben. Daraufhin baten die Goten darum, im Römischen Reich aufgenommen zu werden. Die Römer heuerten die germanischen Goten als Krieger an, welche im gesamtrömischen Reich als Eroberer oder als Stellungsarmee in römischen Provinzen eingesetzt wurden.
So wurden bspw. die Vandalen (Ostgermanen) in Spanien eingesetzt, welches sie 429 in Richtung Afrika verließen. In Nordafrika eroberten sie die römische Provinz Africa, welche zu diesem Zeitpunkt die reichste weströmische Provinz überhaupt war. Ähnlich verhielt es sich mit den gotischen Truppen in Kernitalien, welche 410 die Stadt Rom plünderten und dann nach Aquitanien (Südwesten Frankreichs) verlegt worden. Dort eroberten sie zahlreiche Gebiete unter Alarich I. und gründeten das Westgotenreich, welches sich fortan von der Zentralregierung Westroms abwandte.
Durch die Eroberungen und Bürgerkriege in zahlreichen Provinzen wurde das Weströmische Reich derart geschwächt, dass sich Generäle zu regionalen Staatsherren erklärten und die eigentliche Kaisermacht zunehmend verblasste. Als dann die weströmische Armee vom letzten Kaiser Westroms entweder Geld oder Gebiete forderte, gab dieser nicht nach, wodurch es zur Meuterei und anschließender Absetzung durch Odoaker kam (476, siehe oben).
Andere Militärführer wurden zu Warlords und profitierten so vom politischen Zusammenbruch im Westreich. Einer dieser Warlords war Childerich I., welcher ein Gebiet in Nordosten Galliens als sein Herrschaftsgebiet beanspruchen konnte. Jener Childerich war Franke. Die Franken waren ein weiterer germanischer Volksstamm, welcher am Ende des Weströmischen Reiches zu politischer Macht gelangten. Childerichs Sohn Chlodwig wird Begründer des Frankenreiches, dem ersten Reich seit der Antike – welches unabhängig von Konstantinopel (Ostrom) regiert wurde.
Gründung des Frankenreiches
Als Gründer des Frankenreichs wird Chlodwig I. genannt. Anders als Odoaker, welcher auf dem Staatsgebiet des ehemaligen Weströmischen Reiches, von dem Zuspruch des Oströmischen Reiches abhängig war, konnte Chlodwig ein unabhängiges Reich auf dem Gebiet aufbauen.
Chlodwig wird als Sohn des fränkischen Warlords Childerich geboren, konnte nach dessen Tod weitere Gebiete von germanischen Truppenverbänden befreien, erobern bzw. unterwerfen, so dass sein Herrschaftsgebiet anwuchs und gleichzeitig Frieden und Ordnung einkehrte. Im Jahr 486 besiegte er den gallisch-römischen Heerführer Syagrius, dessen Reich (Reich von Soissons) bereits seit 461 von Westrom unabhängig war. Durch die Eroberung wurde das Reich nach Norden erweitert und es entstand bis zum Jahr 509 ein Gesamtreich der Franken.
Bereits im Jahr 508 wurde Chlodwig vom oströmischen Kaiser mit dem Titel Konsul oder Patricius belegt, wodurch die Merowinger mit dem Ostgotenkönigen gleichgestellt waren.
Spaltung und Dreiteilung des Mittelmeerraumes
Mit dem Untergang des Weströmischen Reiches (476) versuchte Ostrom die abtrünnigen Gebiete wieder zurückzuerobern. Spätestens seit den 530-er Jahren stand die Rückeroberung und Heimkehr ins Reich auf der Agenda des oströmischen Kaisers Justinian I.
Unter Justinian wurde das Vandalenreich in Nordafrika in den Jahren 533/34 zurückerobert. Es folgten die Gotenkriege zwischen 535 und 552, wodurch das Ostengotenreich in Italien ins Oströmische Reich eingegliedert wurde. Auch in Spanien fasste Ostrom wieder Fuß und konnte den Süden im Jahr 552 zurückgewinnen. Am Höhepunkt seiner Ausdehnung reichte das Oströmische Reich wieder vom Atlantik bis nach Mesopotamien.
Im Jahr 541 brach eine Pestwelle auf, welche die Expansionspolitik Justinian I. deutlich erschwerte. Als Ursprungsgebiet dieser Pestwelle wird Ägypten angeführt, erfasste bald den Mittelmeerraum, sowie Mittel- und Westeuropa. Der von Justinian verfolgte Anspruch alter Rechte (Restauratio imperii) wurde dadurch aufgehalten, weshalb diese Pandemie auch als Justinianischen Pest bezeichnet wird.
Als Justinian im Jahr 565 starb, waren das ehemalige Weströmische Reich und das Oströmische Reich zerrüttet von Kriegen, aber Ostrom war noch die bedeutendste Macht im Mittelmeerraum.
Nach Justinians Tod folgten im Oströmischen Reich diverse Kriege mit Persien, welches unter der Dynastie der Sassaniden zum Neupersischen Reich aufstieg. Seine größte Ausdehnung erreichte das Neue Perserreich im Jahr 620, als es Gebiete bis zum Bosporus, im Nahen Osten und Nordafrika kontrollierte. In den 620-er konnte das Oströmische Reich, unter Führung Kaiser Herakleios, zum Gegenschlag ausholen und die Perser zurückdrängen. Dennoch blieb das Reich im Inneren geschwächt, war zerrüttet und innerliche Konflikte konnten nie beendet werden.
Ein wesentlicher Konflikt im Oströmischen Reich war der Monotheletismus, wonach Jesus Christus zwar zwei Naturen (eine menschliche und göttliche) besitzt, aber sein Wille mit dem des Gottes übereinstimmt. Diese Lehre wurde entwickelt, um die Monophysiten – welche in Jesus Christus die Vereinigung von Gott und Mensch sahen, mit den Anhängern der Zweinaturenlehre (Jesus sei wahrer Mensch und wahrer Gott zugleich) vereinen. Durch den Monotheletismus, welchen Herakleios entwickelte, sollte die Christenheit wieder vereinigt werden. Dies misslang allerdings.
Ab 630-er Jahren griff die Islamische Expansion auf den Mittelmeerraum zu. Die beiden vorrangigen Großmächte (Ostrom, Persien) waren durch gegenseitige Kriegshandlungen derart geschwächt, dass sie die Expansionsbemühungen der Araber nicht aufhalten konnten. Als Beginn der Islamischen Expansion wird der Tod des Propheten Mohammeds (632 n.Chr.) in Medina (Saudi-Arabien) angeführt. Fortan drangen die Araber bis in den Nahen Osten und Nordafrika vor, verbreiteten den Islam und errichteten dort Sultanate. Ostrom verlor zuerst Palästina (636), dann Syrien und Ägypten (640/42) und schließlich ganz Nordafrika (698) an die Araber.
Aufstieg der Karolinger
Das Frankenreich entstand im 5. Jahrhundert und gilt als bedeutendsten germanisch-romanisch Nachfolgereich Westroms seit der Antike. Während der Merowingerzeit gewannen die sogenannten Hausmeier zunehmend an Macht und Einfluss.
Solche Hausmeier waren Beamte am frühmittelalterlichen Hof. Einer dieser Hausmeier war Pippin der Jüngere, welcher seinen Einfluss nutzte, um den letzten Merowinger-König (Childerich III.) abzusetzen und das Geschlecht der Karolinger ab 751 zu begründen. Er war Vater von Karl dem Großen, welcher ihm ab 768 als König der Franken folgte.
Mit der Thronbesteigung Karl der Großen erhielt das Frankenreich eine komplett neue Bedeutung auf der Weltbühne. Denn durch zahlreiche Eroberungen in Nordspanien und Oberitalien, sowie die gewaltsame Unterwerfung der heidnischen Sachsen, konnte Karl der Große nicht nur das Frankenreich festigen, sondern auch Europa christlich vereinen.
Im Jahr 800 ließ sich Karl der Große zum Kaiser krönen. Dadurch wurde er zum ersten Kaiser Westeuropas seit der Antike. Zu diesem Zeitpunkt trat das Frankenreich als legitimes Folgereich zum Weströmischen Reich auf und hatte die gleiche Stellung wie das Oströmische Reich in Konstantinopel. Karl der Große wurde, neben dem Kaiser Ostroms und dem Kalifen von Bagdad, zum mächtigsten Herrscher der Welt.
Nach dem Tod Karl des Großen (814) trat sein Sohn (Ludwig der Fromme) die Nachfolge an, konnte aber nicht an die Errungenschaften seines Vaters anknüpfen, wodurch das Reich instabiler wurde. Drei Jahre nach dem Tod Ludwigs wurde das Frankenreich durch den Vertrag von Verdun (843) in ein Ost-, Mittel- und in einen Westteil aufgeteilt.
Das Ostfrankenreich erhielt Ludwig II. – auch als Ludwig der Deutsche bezeichnet. Aus dem Ostteil entstand später das Heilige Römische Reich im Hochmittelalter bzw. zu Beginn des Spätmittelalters.
Der Westteil des Frankenreiches wurde Karl II. (Karl der Kahle ) zugesprochen. Auf diesem Gebiet entstand das spätere Frankreich.
Den Mittelteil von Nordsee bis Italien erhielt der älteste Sohn Ludwigs (Lothar I.), welcher zugleich die Kaiserwürde erbte. Das Mittelreich umfasste Gebiete, wie die Niederlande, das Rheinland, Burgund, die Provence, Oberitalien und die Kaiserstadt Rom. Später wurde Lotharingien (Reich Lothars) zum Herzogtum Lothringen umgebildet (9. Jahrhundert).
Was geschah am Ende des Frühmittelalters
Durch den Überfall auf das Kloster Lindisfarne in England (793 n.Chr.) durch die Skandinavier begann die Wikingerzeit, nicht nur in England, sondern für ganz Europa. Die Wikinger belagerte europäische Städte, wie Paris (845), welche zur Hauptstadt des Westfrankenreiches unter Karl dem Kahlen wurde.
Im 9. Jahrhundert schlossen sich die Skandinavier zu einem Großen Heidnischen Heer zusammen, überfielen und verwüsteten ganz England. Dort errichteten sie den Danelag (deutsch: Dänenland) und ließen sich zu regionalen englischen Königen erklären.
Im Jahr 830 belagerten Waräger (RUS-Wikinger) die Stadt Konstantinopel, welche zur damaligen Zeit die wichtigste Metropole neben Rom war. Nach dem Einfall plünderten sie die Stadt, brandschatzten das Stadtinnere und die Umgebung.
Im 8. Und 9. Jahrhundert ließen sich Wikinger in Osteuropa nieder, gründeten dort die Kiewer Rus, dem Vorläuferstaat der heutigen Ukraine, Russlands und Belarus.
Wie leben die Menschen im Frühmittelalter
Nach heutiger Schätzung lebten 90 % der Bevölkerung im Frühmittelalter auf dem Land. Dort lebten sie von der Landwirtschaft. Man nimmt weiterhin an, dass um das Jahr 1000 etwa 40 Millionen Menschen in Europa lebten. Die allgemeinen Lebensbedingungen waren schlechter als in der Moderne und die Sterblichkeit entsprechend hoch.
Welche Bevölkerungsschichten gab es im Frühmittelalter
Die Gesellschaft des Frühmittelalters war keine Klassengesellschaft sondern eine Ständegesellschaft. Dieses Gesellschaftsmodell teilt einzelne Bevölkerungsgruppen in verschiedene Stände ein, deren soziale, rechtliche und erbliche Normen sich von anderen Geburtsständen unterscheidet. Die Zugehörigkeit durch einen Stand war anders als in einer Klassengesellschaft nicht durch Vermögen oder Kapital geregelt, sondern durch Herkunft, Bildung und Beruf.
Da die Mehrzahl der Menschen auf dem Land lebten, war der Zugang zu Bildung kaum möglich. Demnach konnten sie aus ihrem Stand nicht aufsteigen bzw. nur sehr schwer aufsteigen. Allgemein war sozialer Aufstieg nicht möglich, da eben die Abstammung oder Herkunft bereits eine Biographie oder Lebensgeschichte in gewissen Grenzen vorgaben. Insgesamt lassen sich drei Bevölkerungsschichten (Stände) im Frühmittelalter ausmachen, welche unter dem Begriff „Ständeordnung“ beschrieben werden:
- Erster Stand: Der Klerus umfasst alle Geistlichen (Kleriker, Priester), welche die Religion und somit die geistliche als auch die weltliche Ordnung vorgeben.
- Zweiter Stand: Der Adel, welcher durch Abstammung und Vermögen privilegiert war und deshalb gewisse Vorrechte genoss
- Dritter Stand: Die freien Bauern, einfachen Handwerker und sonstige Arbeiter – welche weder Zugang zu Bildung, noch zu anderen Ressourcen hatten und zu Abgaben verpflichtet waren.
- Vierte Gruppe: Die Unfreien (Sklaven, unfreie Bauern) waren kein Bestandteil der Ständeordnung – da sie keinerlei Rechte besaßen.
Welche Stellung hatte die Frau im Frühmittelalter
Frauen waren unmündig. Das bedeutet, dass jeder Frau ein Vormund (z.B. Vater oder Ehemann) vorstand, welcher für die Frau sprach und Entscheidungen traf. Das Gesellschaftssystem war ein Patriarchat, in denen Männer bestimmten. Falls der Ehemann starb, wurde der Besitz der Frau gesetzlich abgesprochen und dem Vormund (Vater) übergeben.
Es gab allerdings auch beschränkte Entfaltungsmöglichkeiten für Frauen, welche nicht die Regel und stark von ihrer gesellschaftlichen Stellung abhängig waren. So gab es im Adel durchaus Frauen, welche Einfluss hatten und sogar politische Macht besaßen. Ein Beispiel war die Frankenkönigin Brunichild (550 – 613).
Königinnen – als Ehefrauen eines gesalbten Königs – hatten die Aufgabe, einen Thronfolger zu gebären. Diese Pflichterfüllung machte sie in den Augen der Bevölkerung zu einer guten oder einer schlechten Königin. Da einige Königinnen als politische Berater ihrer Männer auftraten, konnten sie durch die soziale Stellung zum Ehemann, an Macht gewinnen – wenn der König dies zuließ.