Untergang des Weströmischen Reiches
Der Untergang des Weströmischen Reiches begann 476 n.Chr., als Kaiser Romulus Augustulus durch den Heerführer Odoaker abgesetzt wurde.
Zwar war Romulus Augustulus der letzte Kaiser Westroms (Usurpator), aber der Staat existierte zunächst noch weiter – da der Senat und der Hof in Ravenna ebenso wie die römische Verwaltung Italiens noch mehrere Jahrzehnte weiterbestanden. Dennoch ließ sich Odoaker zum Verwalter Westroms bzw. Italiens (Dux Italiae) ernennen.
Das oströmische Reich bestätigte den Titel und seinen Anspruch. Später bezeichnete sich Odoaker selbst als König Italiens (Rex Italiae).
Inhalt
Warum konnte Odoaker den Kaiser Westroms absetzen
Odoaker hatte es nicht mehr für nötig erachtet, einen Marionetten-Kaiser einzusetzen. Vorherige Heermeister (Magister militum) hielten an dieser Tradition fest. Diese fungierten in der Vergangenheit als Regenten von jungen Kaisern, wodurch sie zu einer Machtposition gelangten und zudem das Militär direkt kontrollierten.
Diese Machtfülle erlangten die Heermeister bereits zum Zeitpunkt als das Römische Reich geteilt wurde (395 n.Chr.). Denn als Theodosius I. starb ging zwar die Macht an seine Söhne Flavius Arcadius (Ostrom) und Flavius Honorius (Westrom) über, aber beide waren noch Jugendliche.
In Westrom wurde der Heermeister Flavius Stilicho dem jugendlichen Herrscher zur Seite gestellt. Und dieser übernahm sämtliche Regierungsgeschäfte in Westrom und war sogar der Vormund von Arcadius in Ostrom.
Als Stilicho 408 n. Chr. starb, überließ er ein Westreich mit einem Machtvakuum. Denn Stilicho hielt bis dahin die Westgoten, angeführt von Alarich I., in Schach. Mit seinem Tod brachen alle Dämme und es zeigte sich, dass das Westreich militärisch kaum eigenständig war. So fielen 410 n.Chr. die Goten in Rom ein und plünderten es.
Die Schwächung des weströmischen Kaisers gegenüber dem Militär wurde im Verlauf des 5. Jahrhunderts immer deutlicher.
Als Odoaker dann 476 n.Chr. den unrechtmäßigen Westkaiser Romulus Augustulus (Usurpator) einfach absetzte, wurde das Amt des Westkaisers faktisch abgeschafft. Dieser Umstand lässt sich an zwei Tatsachen erkennen. Zum einen ließ er Romulus Augustulus einfach am Leben. Falls Odoaker darauf spekuliert hätte, einen anderen Kaiser einzusetzen – hätte er Augustulus umbringen müssen.
Die zweite Tatsache ist, dass Odoaker die Insignien des weströmischen Kaisertums (die ornamenta palatii) nach Konstantinopel (Hauptstadt Ostroms) schickte. Demnach brauchte Westrom keinen Kaiser mehr und der Herrscher in Ostrom genügte als Alleinherrscher beider Reiche.
Aufgrund beider Tatsache kam Odoaker nicht selbst in den Verdacht, ein Usurpator zu sein. Und deshalb erhielt den Zuspruch Ostroms.
Wie vollzog sich der Untergang des Weströmischen Reiches
Spaltung in West- und Ostreich
Der letzte römische Kaiser, welche den Ost- und den Westteil regierte, war Valentinian I.. In seiner Regierungszeit (364 – 375) wurden die Vorrausetzungen geschaffen, dass Gesamtreich zwischen zwei Kaisern, mit eigenem Hof und eigener Verwaltungsstruktur, aufzuteilen. Denn während er der Westkaiser war, setzte er seinen Bruder Flavius Valens als Ostkaiser ein.
Diese Maßnahmen schienen erforderlich, um das Reich im Osten gegen die Perser (später die Hunnen) und das Westreich gegen die Germanen zu schützen. Und tatsächlich konnte Valentinian I. die Rhein-Donaugrenze stabilisieren.
Auf Valentinian folgten seine Söhne, welche sich gegen Usurpatoren (unrechtmäßiger Herrscher) durchsetzen mussten und teilweise daran scheiterten.
endgültige Reichsteilung
Letztlich gelang es Theodosius dem Großen noch einmal, das Reich zu vereinen. Doch als dieser 395 n. Chr. starb, wurde das Römische Reich endgültig unter seinen Söhnen aufgeteilt. Und so wurde der 10 -jährige Flavius Honorius der Kaiser im Westen und der 18-jährige Flavius Arcadius der Kaiser im Osten.
Die endgültige Reichsteilung wurde von Zeitgenossen nicht besonders argwöhnisch aufgefasst, da man sich sowieso schon an die Jahre mit den Doppelkaisern gewöhnt hatte. Dass man weiterhin ein Reich sei, wurde sowohl im Osten als auch im Westen betont. So verstand man die Teilung nicht als Teilung des Reiches, sondern eher als Teilung der Herrschaft über ein unteilbares Reich.
Sämtliche Gesetze galten in beiden Teilreichen und das Konsulat des jeweils anderen Teilreiches wurde zunächst noch anerkannt. Dennoch war das Auseinanderdriften beider Reiche auf kultureller, wirtschaftlicher und administrativer Ebene nicht mehr aufzuhalten.
Im Osten begann eine Zeit des Friedens, welche bis etwa 420 andauerte. Das Westreich kam stattdessen überhaupt nicht zur Ruhe. Dem Westkaiser wurde der Heermeister Stilicho zur Seite gestellt, welcher anfangs eine beratende Tätigkeit haben sollte. Doch dieser Einfluss auf den Jungkaiser ging so weit, dass Flavius Honorius zeitweise überlegte, den Ostkaiser anzugreifen.
Den nachfolgenden Kaisern entglitt zunehmend die Reichsadministration im Westen und die Heermeister erhielten immer mehr Macht, was letztlich dazu führte – dass Odoaker einfach den Kaiser absetzen konnte.
Aufkommendes Christentum
Konstantin der Große war von 306 bis 337 römischer Kaiser. In seine Regierungszeit fällt die größte Reform seit der Einführung des Prinzipats durch Augustus. Denn Konstantin gab nicht nur die Christenverfolgung auf, sondern ermöglichte – dass das Christentum im Jahr 380 zur Staatsreligion im römischen Reich werden konnte.
Doch zunächst machte die konstantinische Wende lediglich möglich, dass das Christentum geduldet wurde. Später erhielten die Institutionen der Kirche besondere Privilegien.
Anfangs wurde der Monotheismus bzw. der Glaube an nur einen Christengott streng mit dem Kaisertitel verknüpft. Die Forderung lautete: So wie es nur einen Gott gibt, soll es auch nur einen Kaiser geben.
Zugleich wurde die Macht der Bischöfe gestärkt und der Opferkult zurückgedrängt. Zwischen 360 und 363 war Flavius Claudius Iulianus römischer Kaiser. Dieser machte eine Kehrtwende beim Christentum und setzte sich ab 361 für ein Wiederblühen des Heidentums ein. Dies misslang, da keine einheitliche heidnische Staatskirche aufgebaut werden konnte.
Alle nachfolgenden Kaiser blieben Christen, aber das Reich wurde destabilisiert. Denn die kirchlichen Führer und Bischöfe spielten eine immer größere Rolle in politischen Dingen. Die Staatsgeschäfte wurden dadurch immer komplizierter. Man kann sagen, dass das Christentum zwar eine Einheitsreligion war bzw. ist. Dennoch war der Verwaltungsapparat im römischen Reich diesen Reformen nicht gewachsen.
Die offizielle Verbindung von Kirche und Staat geschah mit Erhebung des Christentums zur Staatsreligion. Dies geschah 380 n.Chr., also 50 Jahre nach der konstantinische Wende. Die Kaiser, welche diese endgültige Verknüpfung vollzogen, waren Kaiser Gratian und Theodosius der Große.
Völkerwanderung
Die Hunnen, ein Reitervolk aus Zentralasien, eroberten in den frühen 370-er Jahren die Alanen im heutigen Kasachstan. Viele alanische Krieger schlossen sich den Hunnen an und zusammen erobern sie Teile von Osteuropa. Letztlich wird 375 das Gotenreich von den hunnischen Kriegerverbänden vernichtet (heutige Ukraine).
Die abgedrängten Goten fliehen nach Westen ins Römische Reich. Dort werden sie zunächst aufgenommen, rebellieren später aber gegen die Römer. In der Schlacht von Adrianopel (9. August 378) erfährt Rom eine entscheidende Niederlage gegen die Westgoten.
Diese Niederlage markiert den Niedergang der römischen Macht, den Beginn der Völkerwanderung und den Anfang von vielen germanischen Invasionen auf das römische Reich.
Zu dieser Zeit ist Rom noch eine Einheit (vor 395). Und somit hatte diese Niederlage Auswirkungen auf das spätere Ost- und Westrom. Denn bis zu dieser Niederlage haben die römischen Kaiser aktiv gegen Germanen, Hunnen und Perser gekämpft.
Es wurden Präventiv- und Vergeltungskriege geführt, um die Lage in den Außenbezirken zu stabilisieren. Durch die Niederlage von Adrianopel (heutige Türkei) veränderte sich die Strategie der Römer entscheidend. Denn fortan zahlten Kaiser zunehmend mehr Lösegelder, Tribute oder andere Hilfsgelder an die Barbaren.
Während Ostrom nach der Teilung von 395 erst einmal verschont blieb, begangen im Westreich die Barbareneinfälle und -aufstände. So brach 406 die Rheingrenze zusammen. Verschiedene Völker, wie die Vandalen, die Alanen oder die Sueben – drangen ins Westreich ein. Dies löste innere Konflikte aus, welche zu Bürgerkriegen führten.
Usurpatoren in Britannien
In Britannien erhoben sich mehrere Usurpatoren zum Westkaiser, weshalb man Britannien erst noch bekämpfte und später sich selbst überließ. In der Mitte des 5. Jahrhunderts wanderten die Angelsachsen in Britannien ein, welche die dort ansässigen Romano-Briten vertrieben.
Überfall der Westgoten
Im August 410 wurde Rom durch gotische Truppen geplündert, welche von Alarich I. angeführt wurden. Zwar konnte man die Westgoten wieder vertreiben und auf die Iberische Halbinsel verdrängen, doch die zahlreichen Brandherde waren kaum löschbar.
Ab 416 wollte man dann ein Bündnis mit den Westgoten eingehen und versprach ihnen ein Gebiet in Aquitanien (Südwesten Frankreichs). Im Gegenzug sollten die Westgoten die Rheingrenze gegen die Vandalen sichern. Aus diesem Abkommen ging später das Westgotenreich (ab 418) hervor, welches in Gallien bis zur Islamischen Expansion (711) bestand.
Überfall der Vandalen
Aber die Vandalen waren nicht aufzuhalten. Diese drangen ab 406 über die Rheingrenze ins Reich ein, schlugen sich bis Südspanien durch, setzten nach Nordafrika (weströmische Provinz Africa) über.
In Nordafrika eroberten sie weite Teile und gründeten das Vandalenreich im Jahr 428. Ihr Anführer war Geiserich. Von dort ausgehend, breiteten sich die Vandalen im Norden Afrikas weiter aus und eroberten 439 auch Karthago. Damit war es Geiserich gelungen, dem weströmischen Reich die wirtschaftlich bedeutendste Provinz zu entziehen. Sämtliches Getreide kam aus Karthago.
Ab diesem Zeitpunkt kontrollierte das Weströmische Reich nur noch Italien, einzelne Teile von Hispanien, Dalmatien, Teile Galliens und Mauretaniens.
Und 455 überfallen die Vandalen Rom und plündern die Stadt. Zuvor wurde Kaiser Petronius Maximus von der Volksmenge in Rom getötet. Die Vandalen nutzen das Chaos und greifen die Stadt an. Dieser Angriff brannte sich tief ins europäische Gedächtnis ein, woraus der Begriff: „Vandalismus“ entstand.
Hunneneinfall
Unter Attila stiegen die Hunnen als Machtfaktor im Osten (heutige Ungarn) auf. Das Geld, um die Hunnenarmee zu bezahlen, erpresste Attila aus Ostrom und Westrom gleichermaßen. Aber die Hunnen gingen auch Bündnisse mit beiden Reichen ein.
Bis 450 attackierte Attila fast ausschließlich Ostrom und ließ Westrom verschont. Dann griff er ins politische Machtgefüge Westroms ein und wandte sich gegen den Heermeister Flavius Aëtius.
Bei der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern (451 n.Chr.) konnte Aëtius die Hunnenarmee noch abwehren, musste dazu aber auf westgotische Söldner zurückgreifen. Solche Truppenaufmärsche waren für Westrom, spätestens seit der Eroberung Karthagos durch die Vandalen, kaum noch finanzierbar. Und so war der Sieg bei Schlacht teuer erkauft.
Als Attila im Jahr 453 starb, entstand im Hunnenreich ein Machtvakuum. Theoretisch hätten sowohl Ostrom als auch Westrom dort als Ordnungsmacht auftreten müssen, um dieses Gebiet wieder zu stabilisieren. Beide Reiche taten es nicht, weil ihnen die militärischen Ressourcen fehlten.
Zeit der Schattenkaiser
Der Heermeister Flavius Aëtius starb 454 in Rom. Nach seinem Tod wurde der Erosionsprozess des Weströmischen Reiches noch schneller vorangetrieben, was daran lag – dass fortan sogenannte Schattenkaiser regierten bzw. nur scheinbar regierten.
Doch zunächst ernannte der weströmische Kaiser Eparchius Avitus den Offizier lavius Ricimer zum neuen Heermeister. Von der Personalie versprach sich Avitus, besser gegen die Vandalen vorgehen zu können. Dies gelang zwar, aber auf Kosten der Kaisermacht. Denn als es zu Hungersnöten in Rom kam, wollte Avitus die Armee auflösen. Daraufhin schloss Ricimer ein Bündnis mit Iulius Valerius Maiorianus und machte diesen zum Kaiser.
Zwischen 456 und 472 führte der Heerführer faktisch allein die Regierungsgeschäfte. Der Kaiser war lediglich noch eine Marionette des Heermeisters. Als Maiorianus 461 aus Gallien zurückkehrte, ließ Ricimer den Kaiser vor ein Militärgericht stellen und hinrichten. Danach machte er Libius Severus zum neuen Kaiser. Letztlich starb auch dieser 465 in Rom, wohlmöglich nachdem er von Ricimer vergiftet worden war.
Bürgerkrieg und Gegenkaiser
Auf Severus folgte Flavius Procopius Anthemius, welcher das Schicksal seiner Vorgänger nicht teilen wollte. Und deshalb führte er Krieg gegen den Heermeister, um Teile seiner Macht zurückzubekommen. Der Heermeister berief stattdessen Olybrius zum Gegenkaiser.
Als sich das Kriegsglück des Anthemius gegen ihn wandte, wechselten sämtliche Senatoren das Lager und entzogen dem Kaiser die Unterstützung. Letztlich konnte Ricimers Armee Rom erobern und Anthemius wurde hingerichtet.
Flavius Anicius Olybrius, welcher als Gegenkaiser von Ricimer, berufen wurde – überlebte seinen Heermeister. Denn dieser starb dann 472 an Fieber und einen Blutsturz. Das Amt des Heermeisters ging an Ricimers Neffen Gundobad über.
Zwei Monate nachdem Ricimer starb, wurde auch Kaiser Olybrius entmachtet. Denn Ostrom hatte den Gegenkaiser niemals legitimiert und stattdessen Julius Nepos als legitimen Kaiser ernannt. Dieser kam 472 nach Rom als Heermeister Gundobad nicht zugegen war. Und da Olybrius die militärische Stärke fehlte, wurde er einfach abgesetzt.
Odoaker Aufstand
Julius Nepos war der letzte legitime Kaiser des Weströmischen Reiches bzw. der letzte Kaiser, welchen das Oströmische Reich anerkannte. Doch der italienische Heermeister Orestes stürzte im August 475 diesen Kaiser und setzte seinen Sohn Romulus Augustus auf den Thron. Da der Kaiser noch ein Kind war, wird er auch als Romulus Augustulus (Augustelchen) bezeichnet.
Odoaker war Offizier in Orestes Armee. Und als die Armee im Jahr 476 diverse Landgebiete als Sold erforderte, verwehrte Orestes diese Forderung. Daraufhin brach eine Revolte in der Truppe aus und Odoakers Armee zog gegen den Heermeister. Bei Placentia in Norditalien wurde Orestes von Odoakers Truppen geschlagen und getötet.
Odoaker setzte daraufhin Orestes Sohn Romulus Augustus, welcher nur Usurpator war, ab. Aus Ostrom erhielt er die Bestätigung, dass er neuer Verwalter Westroms sei. Das Kaisertum in Westrom war seitdem abgeschafft.
Warum ging das Weströmische Reich unter
Im dritten Jahrhundert spaltete sich das Römische Reich in zwei Teile. Es entstanden das Ostreich mit Byzanz beziehungsweise später Konstantinopel als Hauptstadt und das Westreich. Diese Spaltung führte zu einer zunehmenden Entfremdung, bei der es nicht gelang, dass beide Reiche gemeinsam gegen Bedrohungen von außen ankamen.
Die Kluft wurde stärker, als das griechischsprachige Ostreich immer weiter wuchs, während gleichzeitig der lateinisch sprechende Westen immer mehr Probleme hatte. Die Stärke des Oströmischen Reiches ermöglichte im Weströmischen Reich diverse Invasionen von Außen.
Noch unter Kaiser Konstantin wurde Konstantinopel stark befestigt. Dadurch sollte die Stadt uneinnehmbar bleiben, weshalb viele Barbarenvölker sich eher einer Eroberung Roms zuwandten. Schließlich zerfiel das Weströmische Reich, während das Oströmische Reich noch tausend Jahre Bestand hatte.
Für den Untergang Westroms sind 5 offensichtliche Gründe zu nennen:
- Schwächung der Kaisermacht durch den Machtzwachs der Heermeister
- permanente Bedrohung durch Putsch, da die Heermeister das Militär kontrollierten
- teilweise unfähige Kaiser, welche sich nicht durchsetzen konnten
- innerpolitische Konflikte (teilweise stritten sich bis zu 6 Kaiser gleichzeitig um die Macht)
- ständige Bedrohung durch die Germanen und Hunnen im Zuge der Völkerwanderung
Alle diese Punkte sind bereits erklärt worden, aber es gibt weitere Ursachen für den Untergang Westroms – welche im Folgenden erläutert werden.
Falsches Expansionsstreben
In seiner Blütezeit reichte das Römische Reich von Atlantischen Ozean bis zum Euphrat. Es war nahezu unmöglich, ein derart großes Gebiet regierbar zu halten. Zwar verfügte das Römische Reich über ein hervorragendes Straßennetz. Dennoch war es nicht möglich, ein derart gigantisches Reich zu verwalten und eine effiziente Kommunikation zu betreiben.
Rom musste sich ständig damit beschäftigen, ausreichende Truppen und Ressourcen zu bilden, um die Grenzen gegen Angriffe von außen zu verteidigen. In Mitteleuropa wurde der Limes in verschiedenen Abschnitten errichtet, um von Norden eindringende Germanenstämme zurückzuhalten. Im zweiten Jahrhundert musste Kaiser Hadrian in Britannien den Hadrianswall erbauen lassen, um aus dem Norden Britanniens angreifende Feinde zurückzuhalten. Der militärische Aufwand war gigantisch und die Unterhaltung aller Grenzanlagen verbrauchte Unsummen.
Wirtschaftlicher Rückgang
Neben zahlreichen Attacken durch auswärtige Kräfte, kam es im weströmischen Reich zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Ständige Kriege, die mit hohen Ausgaben verbunden waren, schwächten die Kasse des Reiches. Hinzu kamen eine hohe Inflation sowie permanente Steuererhöhungen, die den Unmut der Bevölkerung hervorriefen.
Um den hohen Steuerzahlungen zu entgehen, zogen viele wohlhabende Bürger Roms auf das Land und errichteten dort Lehen. Gleichzeitig fehlte es dem Reich an Arbeitskräften, da die Wirtschaft Roms stark von den Sklaven abhängig war, welche sich handwerklich betätigten und das Land bearbeiteten.
Zunächst gelang es Rom, dank der militärischen Erfolge, andere Völker zu Leibeigenen zu machen. Ab dem zweiten Jahrhundert schritt diese Expansion jedoch nicht mehr voran, sodass weitere Sklaven und Kriegsbeuten ausblieben. Im fünften Jahrhundert machten die „Vandalen“ Nordafrika und den Mittelmeerraum unsicher, was zu weiteren wirtschaftlichen Schwierigkeiten führte. So verlor das Reich zunehmend seine ursprüngliche Macht über ganz Europa.
Politische Instabilität
Alleine die Größe des Reiches und seine Verwaltung war schon schwierig. Hinzu kam eine ineffiziente Führung an dessen Spitze. Die römischen Kaiser lebten schon immer gefährlich und ihr Amt kam schon fast einem Todesurteil gleich. Einige „Kindkaiser“, wie Honorius oder Valentinian III, waren bestrebt, die Waffen gegen die eigene Regierung zu ergreifen, um dadurch ihre eigene Position zu stärken.
Zwar gelang es wiederum anderen Kaisern, die Regierungsgewalt zu behalten. Allerdings wurde die kaiserliche Regierungsgewalt zunehmend ausgehebelt. 454 erfolgte die Ermordung des weströmischen Generals Flavius Aetius, welcher die römische Herrschaft noch in Italien, Teilen Galliens sowie in Katalonien und Dalmatien aufrecht hielt. Nachdem 468 Kaiser Anthemius einen verzweifelten Versuch startete, Nordafrika wieder gewaltsam zu unterwerfen, verlor das römische Kaisertum immer mehr Autorität.
Schwächung der römischen Legion
Der Zerfall des Römischen Reiches hatte auch Auswirkungen auf das Heer. Es war nicht mehr möglich, eine ausreichende Zahl römischer Bürger als Soldaten zu rekrutieren. Manche Kaiser, wie Diokletian oder Konstantin bedienten sich ausländischer Söldner, um ihre Armeen zu stärken. Hinzu kamen eine große Zahl von „Barbaren“ und Goten, denen es an einer Bindung an das Römische Reich fehlte. Einige Heerführer wandten sich gegen ihre römischen Befehlsgeber und schließlich plünderten die „Barbaren“ Rom.
Welche Folgen hatte das Ende des Weströmischen Reiches
Als Folge bildeten die verschiedenen Stämme auf einst römischem Territorium eigene Reiche, während Rom sich nur noch auf Italien beschränkte. In Spanien bildete sich durch die Westgoten ein völlig neues Reich. Am Oberrhein gewannen die Franken die Oberhand, woraus das Fränkische Reich entstand.
Mit Ende des Weströmischen Reiches gilt auch die Antike als beendet. Doch von einigen Historikern wird der Untergang Westroms auch noch in die Spätantike verordnet. Demnach kann das Ende der Antike bzw. der Beginn des Mittelalters auch mit dem Einfall der Langobarden in Italien (568) oder mit der Islamischen Expansion (630-er Jahre) datiert sein.
Im Frühmittelalter versuchte man das Weströmische Reich wieder zu beleben. Sowohl das Frankenreich als auch das Heilige Römische Reich sahen sich als eine Fortführung des antiken Vorbildes.