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Barbaren


Illustration eines Barbaren

Illustration eines Barbaren

Barbaren waren im antiken Griechenland alle Menschen, welche nicht griechisch sprachen. Demnach ist der Barbar ein Mitglied eines Fremdvolkes gewesen. Abgleitet ist das Wort wohlmöglich von Stammeln oder Stottern. In späteren Epochen der Geschichte wurde der Begriff genutzt, um Völker mit niedrigerer Kulturstufe zu benennen. Demnach wurde barbarisch als abwertende Bezeichnung genutzt. In diesem Zusammenhang bedeutet barbarisch auch unzivilisiert oder unterentwickelt.

Im Mittelalter wurde der Barbaren-Begriff mit Gottlosigkeit (Heiden) gleichgesetzt. Nach der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus bezeichnete man die indigenen Ureinwohner der Neuen Welt als Wilde. Auch dieser Begriff ist ein Synonym für Barbar, genauso wie der Exot im Orient.

Steckbrief

Barbaren
Bedeutung:Kulturlose, Unzivilisierte
Antike:Nichtgriechen, Nichtrömer: dazu gehörten Slawen, Hunnen, Germanen, Perser, Babylonier usw.
Mittelalter:Nichtchristen (Heiden): dazu gehörten Muslime, aber auch Anhänger anderer Religionen (Mythologien, Polytheismus, Atheismus)
Neuzeit:Nichteuropäer (Wilde und Exoten): afrikanische Menschen, Indianer Nordamerikas, Menschen aus dem Fernen Orient

Was bedeutet Babaren

Die Griechen bezeichneten alle Nichtgriechen als Barbaren. In den Historien von Homer (430 v.Chr.) werden Barbaren zwar als Fremdvolk bezeichnet, aber deren Kulturleistung wurde anerkennend erwähnt.

Doch der Barbarenbegriff wandelte sich im antiken Griechenland. Denn die Perser fielen immer wieder in Griechenland ein und versuchten, laut griechischer Geschichtsschreibung, die Griechen zu unterwerfen. Aber die Griechen konnten die Fremdlinge abwehren und blieben souverän.

Fortan wurden alle Fremdvölker von den Griechen als Kulturlose oder Unzivilisierte herabgestuft, wodurch der Barbaren-Begriff – wie wir ihn heute nutzen – seine Bedeutung bekam.

Warum veränderte sich der Barbaren-Begriff der Griechen

Die Barbarenkultur wurde zum Narrativ, um die eigene Kultur gegenüber Fremdkulturen zu erhöhen. Dies geschah spätestens nach der Schlacht bei Marathon (490 v.Chr.). Diese Schlacht wurde in der griechischen Geschichtsschreibung zur heroischen Leistung gegen die Fremdvölker erhoben. Denn es gelang den Griechen, die Perser abzuhalten und ihre Kultur zu bewahren.

Die griechische Kultur blieb somit erhalten. Aber die Perserkriege veränderten das Verständnis der Griechen auf ihre Nachbarn. Demnach wurde die persische Kultur als unterlegen oder mangelhaft beschrieben, wodurch sich ein neues Barbarenbild ergab. Fortan waren Barbaren nicht nur Fremdvölker, sondern auch Kulturlose oder Unzivilisierte.

Durch die Perserkriege erhoben sich die Griechen selbst in den Stand einer überlegenden Kultur, welche vor barbarischen Einflüssen geschützt werden sollte. Diese Narrativ wurde mit einer Kriegsrhetorik verknüpft, um alle griechischen Stadtstaaten gegen die Perser zu mobilisieren.

Kam es zu einer Ent-Barbarisierung

Als Alexander der Große im 4. Jahrhundert v. Chr. das Perserreich eroberte, verschmolzen die persische und die griechische Kultur miteinander. Da sich die Griechen aber als überlegen sahen, wurde eine Hellenisierung des Orients angestrebt.

Die Griechen bezeichneten sich selbst als Hellenen. Demnach wurde die Epoche, in welcher sich die griechische Kultur im Orient verbreitete – als Hellenismus bezeichnet.

Die Hellenisierung betraf den Nahen Osten, das Alte Ägypten, Mesopotamien und Teile Zentralasiens. Das Alexanderreich war ein Weltreich und überall entstanden Kulturprojekte nach griechischen Vorbild.

So wurden neue Städte genauso angelegt, wie man es aus dem griechischen Mutterland kannte. Die griechischen Götter vermischten sich mit Göttern in Ägypten, in der Levante und in Anatolien. Griechisch wurde zur Verkehrssprache im Alexanderreich und in den späteren hellenistischen Großreichen.

Welche Völker waren barbarisch

Neben den Persern bezeichneten die Griechen auch die Römer als Barbaren. Und tatsächlich eiferte die römische Kultur der griechischen hinterher. Und so wurden im römischen Reich zunächst Kunstwerke der Griechen kopiert, teilweise deren Götter übernommen und schließlich wurde auch Alexander der Große verehrt.

Doch nach dem Tod Alexanders zerfiel das Weltreich. Die nachfolgenden Reiche wurden schließlich vom römischen Reich erobert, wodurch die griechische Kultur in die römische überging. Die Römer übernahmen die griechische Sprache als Bildungssprache und Latein wurde zur Verkehrssprache. Aber die Römer übernahmen auch sämtliche anderen Kulturleistungen der Griechen, wie Philosophie, Wissenschaft, Kunst und Religion. Und natürlich übernahmen die Römer auch den Barbaren-Begriff der Griechen. Und so bezeichneten auch die Römer alle Fremdvölker um sich herum als barbarisch.

Die Gebiete, in welchen die Barbaren lebten, wurden von den Römern als Barbaricum bezeichnet. Zu diesen Gebieten gehörte Gallien, Germania (Germanengebiet), das Hunnenland, das Land der Slawen und das Gebiet der Alanen.

Die dort lebenden Völker oder Stammeseinheiten wurden vom römischen Reich zu Barbaren erklärt. Sobald es zu Grenzüberschreitungen ins römische Reich kam, egal von welchem Volk, wurde dies als Barbareneinfall bezeichnet. Demnach war ein Barbar auch im römischen Reich ein Kulturloser bzw. ein Mitglied eines Fremdvolkes.

Wer waren die Barbaren im Mittelalter

In Mittelalter war der Barbarenbegriff ein christliches Narrativ, um Nichtchristen als Gottlose herabzustufen. Das Christentum entstand in der Antike, ging aus dem Judentum hervor, wurde im römischen Reich zur Staatsreligion erklärt und somit im damaligen Weltreich zur Weltreligion gemacht.

Das römische Weltreich einte Europa in seiner Kultur und Weltanschauung. Eine gemeinsame Religion stabilisierte das Reich nach innen, aber nicht nach außen. Am Ende der Antike wurde das römische Reich geteilt. Denn an beiden Grenzen kam es immer wieder zu Barbareneinfällen. Durch die Teilung entstand ein oströmisches Reich mit Konstantinopel als Hauptstadt und ein weströmisches Reich, in welchem Rom die Hauptstadt blieb.

In beiden Reichen gab es immer wieder Barbareneinfälle. So war die ganze Völkerwanderungszeit eine Aneinanderreihung von Barbareneinfällen und -aufständen. Hauptsächlich fielen irgendwelche germanischen Stammesverbände ins Weströmische Reich ein. Es bildeten sich Kleinreiche, wodurch das Weströmische Reich unterging (476 n.Chr.).

Die Barbaren der Völkerwanderungszeit waren überwiegend Goten, Langobarden, Hunnen, Alanen und Vandalen. Im ehemaligen Territoriums Westroms entstand das Ostgotenreich, das Westgotenreich, das Vandalenreich und Langobardenreich. Alle vier Reiche hatten ihre Wurzeln in germanischen Stammesverbänden. Demnach waren es Barbarenreiche.

Eine große Einigung Europas schaffte Karl der Große, welcher das Frankenreich (Karolingerreich) festigte und die Langobarden in Norditalien unterwarf. Unter Karl wurde Europa wieder christlich vereint, weshalb er den Titel „Vater Europas“ zugesprochen bekam. Das Frankenreich der Karolinger sah sich als legitimer Nachfolger des römischen Reiches, übernahm hierarchische Verwaltungsstrukturen, das Rechtssystem und den römischen Kaisertitel.

Karl der Große machte es sich zur Aufgabe, die Barbarei in Europa zu bekämpfen, die alte Ordnung (römische Reich) wiederherzustellen. Das karolingische Europa sollte ein christliches Europa werden.

Vom Barbaren zum Heiden

Karl gelang es, die Barbaren zu unterwerfen und ins christliche Europa zu integrieren. Dazu wurde aber ein neuer Begriff benötigt. Und dieser Begriff hieß Heidentum.

Ein Heide war ein Nichtchrist. Demnach waren die Germanen, welche an falsche Götter glaubten, Heiden – genauso wie die Wikinger in Nordeuropa. Die Slawen waren Heiden, genauso wie die Moslems in der arabischen Welt. Der kulturlose Barbar der Antike wurde nun mit dem gottlosen Heiden gleichgesetzt. Beides war eine Herabwürdigung.

Unter Karl dem Großen begann die Zwangschristianisierung der Heiden, wodurch diese von einer gottlosen Kultur in eine gottesfürchtige Kultur überführt wurden. In den Sachsenkriegen machte Karl der Große die heidnischen Sachsen zu kulturlosen Barbaren, zwangschristianisierte diese und integrierte sie somit in den christlichen Kulturkreis.

Als dann im Frühmittelalter die Wikingereinfälle auf den Britischen Inseln begannen, begriff man dies als neue Welle von Barbareneinfällen. Um 845 setzten sich die Wikinger in Frankreich fest, überfielen und belagerten Paris.

Laut einer Legende soll der Wikingerfürst Ragnar Lothbrok die Barbaren angeführt haben. Als dieser in England festgenommen und durch König Aelle von Northumbria hingerichtet, mobilisierten Ragnars Söhne ein großangelegten Wikingerüberfall auf England.

Diese Wikingerarmee fiel nach 865 in England ein und wird als Großes Heidnisches Heer beschrieben. In England eroberten die Wikinger fast ganz England und so entstand ein neues Barbarenreich.

Die Briten waren bestrebt, die Besatzung der Wikinger zu beenden, indem sie diese in die christliche Kultur überführen würden. Dies gelang schließlich auch, weshalb das dänische Barbarenreich (Danelag) allmählich ins christliche England überging. Letztlich wurden die restlichen Wikingergebiete durch das Königreich Wessex erobert, was schließlich zur Einigung Englands unter einer Krone führte und die Heptarchie (Kleinkönigtum) für immer beendete

Wer waren die Barbaren der Neuzeit

In der Renaissance bezeichnete der Künstlerbiograf Giorgio Vasari den Baustil des Nordens (Langobardenreich, Frankenreich) als gotisch. Damit erfand er den Begriff der Gotik, welcher als Kunstepoche heute noch verwendet wird.

Mit gotisch meinte Vasari allerdings eine Abwertung der nördlichen und mittelalterlichen Kunst, welche er als barbarisch empfand. Gotisch (von Goten) ist demnach ein Synonym für barbarische bzw. kulturlose Kunst gewesen.

Die Renaissance war eine Kulturepoche zwischen dem Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit. Parallel zur Kulturepoche wurde der Humanismus wieder belebt. Dieser war eine Emanzipationsbewegung, welche den Menschen gegenüber Gott erhob.

Der Mensch begriff sich fortan als Individuum mit besonderen Fähigkeiten und Potentialen. Das alte Menschenbild im Mittelalter, wonach der Mensch ein Geschöpf Gottes war und diesem einzig diente, schien überholt.

Diese neue Gedankenwelt wurde in der Kunstwelt übernommen (Renaissancekunst), aber auch auf andere gesellschaftliche Aspekte übertragen. Während der Renaissance begann die Entdeckerzeit und das humanistische Europa fand neue Barbaren außerhalb davon.

In Amerika erklärte man die Indios (Südamerika) und die Indianer (Nordamerika) zu Barbaren. Man verwendete nun aber einen neuen Begriff dafür. So bezeichnete man sie als Wilde, was mit Kulturlosigkeit, Gottlosigkeit und Rechtlosigkeit aber gleichzusetzen war. Gab es unter den Wilden dennoch Gelehrte, bezeichnete man diese als „Edle Wilden“.

Um die Neue Welt (Amerika) zu erschließen, zu entdecken und zu unterwerfen – wurde zuerst die indigene Bevölkerung Amerikas versklavt. Als die Wilden wegstarben, bediente man sich in Afrika an neuen Sklaven. Der transatlantische Sklavenhandel erblühte und diese Menschen bezeichnete man als Exoten. Aber auch der Exot war lediglich ein Barbar, welche nun unter humanistischen Motiven, bekehrt werden sollte.

Fernsehserie: „Barbaren“

Auf Netflix wurde die Fernsehserie „Barbaren“ im Oktober 2020 erstausgestrahlt. Gezeigt werden die Ereignisse um die Varusschlacht (9 n.Chr.). Als Barbaren dienen hier die Germanen, welche sich den Römern wiedersetzen.

Der Protagonist der Serie ist Arminius. Jener stammt von den Cheruskern (germanischer Stamm) ab und schaffte es, die verschiedenen germanischen Stammesverbände zu vereinen. Dadurch gingen die Germanen erstmalig gemeinsam gegen die Römer vor und konnten die Varusschlacht gewinnen.

Bei der Schlacht fiel der römische Statthalter Germaniens (Publius Quinctilius Varus), nach welchem die Schlacht benannt worden ist. In der DDR wurde die Varusschlacht auch als Schlacht im Teutoburger Wald oder als Hermannschlacht bezeichnet (Arminius = Hermann der Etrusker).

In der deutschen Geschichte dient die Varusschlacht mitunter als Geburtsstunde der Deutschen.


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