Pleistozän
Das Pleistozän war ein Zeitabschnitt in der Erdgeschichte, welcher vor 2,58 Mio. begann und vor 11.700 Jahren endete. Da in diesem Zeitabschnitt die Erde immer wieder vergletscherte, wird das Pleistozän umgangssprachlich auch als Eiszeit bezeichnet. Tatsächlich war das Pleistozän ein Abschnitt mit wechselnden Warm- und Kaltzeiten.
Dem Pleistozän ging das Pliozän voraus. Auf das Pleistozän folgte vor 11.700 Jahren das Holozän, dem Erdzeitalter – in welchem sich die Erde heute befindet.
Ins Pleistozän fällt die Altsteinzeit als erste Epoche der Menschheitsgeschichte. Mit dem Ende der Eiszeiten und dem Beginn des Holozäns begann in Europa die Mittelsteinzeit. Während des Pleistozäns lebten alle ausgestorbenen Menschenarten und Homo sapiens war – laut heutigen Kenntnisstand – die einzige Menschenart, welche ins Holozän überging.
Inhalt
Steckbrief
Bedeutung: | Zeitabschnitt der Erdgeschichte |
Beginn: | vor etwa 2,588 Millionen Jahren |
Ende: | vor etwa 11.650 Jahren |
System: | Quartär (vor 2,588 Jahren bis heute) |
Vorgänger: | Pliozän (vor etwa 5,3 Millionen bis etwa 2,588 Millionen Jahren) als letzter Zeitabschnitt des Neogen (System) |
Nachfolger: | Holozän: vor etwa 11.650 Jahren bis heute (jüngster Abschnitt des Quartärs) |
Klima: | Gletscherverschiebungen an einigen Stellen bis zum bis zum 40. Breitengrad |
bei maximaler Gletscherausdehnung waren bis zu 30 % der Erdoberfläche von Eis bedeckt | |
Permafrost-Zone am Rand der Gletscher erstreckte sich nach Süden | |
in Nordamerika war die Permafrost-Zone einige Kilometer breit, in Eurasien einige hundert Kilometer | |
Jahresdurchschnittstemperatur am Rand der Eiszone -6 Grad Celsius | |
Jahresdurchschnittstemperatur am Rand der Permafrost-Zone 0 Grad | |
Fauna (Tierwelt): | Riesenhirsche (Megaloceros) |
Auftreten erster Bisons | |
Eucladoceros (Hirchgattung) zum Ende des Pliozäns und zu Beginn des Pleistozäns | |
Megantereon, Homotherium (Gattungen der Säbelzahnkatzen) | |
Pachycrocuta (Hyänen-Gattung) | |
Canis (Hunde-Gattung) | |
Mammut (Mammuthus) | |
eurasische Puma (Puma pardoides) | |
Riesenaffen (Gigantopithecus) | |
Schlankaffen (Presbytis) | |
kleinen Gibbons (Hylobates) und Orang-Utans (Pongo) | |
In Eurasien kamen afrikanische Tiere vor: Flusspferde (Hippopotamus), Wasserbüffel (Bubalus), Löwen und Leoparden | |
Beutellöwen (Thylacoleonidae) in Australien | |
Quinkana (landlebene Krokodile) | |
Riesenwarane (Megalania) | |
Donnervögel (Genyornis) | |
Riesengürteltier (Glyptodon) | |
Riesenfaultiere | |
Amerikanische Löwe (Panthera atrox) | |
Menschen: | Homo rudolfensis (bis vor 1,9. Mio. Jahren) |
Homo habilis (bis vor 1,5 Mio. Jahren) | |
Homo ergaster (bis vor 1,4 Mio. Jahren) | |
Homo erectus (Aussterbezeitpunkt nicht genau datiert) | |
Homo heidelbergensis (bis vor 200.000 Jahren) | |
Homo floresiensis (bis vor 60.000 Jahren) | |
Homo neanderthalensis (bis vor 40.000 Jahren) | |
Homo sapiens: vor 300.000 (archaischer Homo sapiens) bis heute |
Was bedeutet Pleistozän
Das Pleistozän ist das Zeitalter der Eiszeiten auf der nördlichen Erdhalbkugel. Jener Begriff stammt aus dem Altgriechischen (pleistos = am meisten, kainos = neu). Vermutlich entstand die Bezeichnung als eine Anlehnung an die biblische Sintflut. Deshalb wurde das Pleistozän bis ins 19. Jahrhundert noch als Diluvium (lateinisch: diluere = wegwaschen) bezeichnet.
Die Gleichsetzung von Pleistozän und Eiszeit ist allerdings ebenfalls nicht richtig, da es in der Erdgeschichte mehrere Eiszeiten gab. So begann das Känozoische Eiszeitalter bereits vor 34 Mio. Jahren, als die Antarktis zu vergletschern begann. Seitdem gibt es immer einen Wechsel zwischen Kaltzeiten (Glaziale) und Warmzeiten (Interglaziale).
Was geschah im Pleistozän
Im Pleistozän kam es zu verschiedenen Eiszeiten, welche auf der nördlichen Erdhalbkugel zu einer Vergletscherung der Landmassen führte.
Plattenwanderung und Änderung der Sonneneinstrahlung
Jener Wechsel von Kalt- und Warmzeit war wohlmöglich eine Folge von Bewegungen der Kontinentalplatten. Denn Nordamerika, Nordeuropa und die Antarktis kamen in der Nähe der Pole.
Eine Schwankung der Erdumlaufbahn um die Sonne veränderte dann die Sonneneinstrahlung. So berechnete es 1920 der serbisch-jugoslawische Geowissenschaftler Milutin Milanković.
Laut den Milanković-Zyklen treten Klimaänderungen im Abstand von 100.000, 40.000 und 20.000 Jahren auf. Jene Berechnungen überlappen sich mit den Eiszeiten des Pleistozäns.
Endgültiges Abklingen der Gebirgsbildung
Aber möglich ist auch, dass Gebirge eine wesentliche Rolle beim Wechsel von Kalt- und Warmzeiten gespielt haben könnten. Denn der Alpidische Gebirgsgürtel entstand zwar vor 135 Mio. Jahren, aber erlebte immer wieder Veränderungen. Die letzte wichtige Phase der Alpidischen Orogenese (Gebirgsbildungsphase) geschah vor etwa 35 Mio. Jahren und klingt seit etwa 5 Mio. Jahren ab.
Zum Alpidischen Gebirgsgürtel gehören die Alpen, der Himalaya, der Kaukasus, die Karpaten, Pyrenäen und weitere Gebirge in Eurasien. Durch die Gebirgsbildung strahlten die weißen Gipfel mehr Sonnenlicht ab, was die Region in Minusgrade versetzte.
Jenes Phänomen wird als Albedo-Effekt bezeichnet. Dass die Eis-Albedo-Rückkopplung einen nennenswerten Einfluss auf das Klima des Pleistozäns gehabt haben könnte, vermutete der schottische Naturforscher James Croll bereits im 19. Jahrhundert.
Bildung der mittelamerikanischen Landbrücke
Eine weitere Hypothese beschreibt, dass die Landbrücke, welche Nord- und Südamerika verbindet – das Pleistozän verursachte. Jene Landbrücke (Isthmus von Panama) entstand vor 3 Mio. Jahren.
Zuvor bestand eine Wasserstraße zwischen Atlantik und Pazifik, wodurch durch Wasser ausgetauscht werden konnte. Doch dann kam es zur Kollision von zwei Erdplatten, wodurch sich die Pazifische Platte allmählich unter die Karibische Platte schob. Dadurch wurde allmählich Panama (Mittelamerika) mit Südamerika verbunden.
In der Folge kam der Wassertausch zwischen Pazifik und Atlantik im mittelamerikanische Raum zum Erliegen. Der Golfstrom, welcher warmes Wasser transportiert, wurde nach Norden umgelenkt. Dadurch wurde die Luftfeuchtigkeit auf der Nordhalbkugel erhöht, was zu mehr Schneefällen führte. Und letztlich führte dies zur Bildung von Inlandeis.
Klimatische und geografische Veränderungen
In Europa gab es zwei große Vereisungsgebiete. Dies waren Nordeuropa und das Gebiet von den Alpen bis zu den Pyrenäen. Zwischen Nordamerika und Asien liegt heute das Beringmeer. Dieses war damals trocken bzw. vereist, weshalb sich eine Landbrücke ergab.
Die Beringbrücke (Beringia) ermöglichte, dass Tiere und Steinzeitmenschen aus Sibirien (Asien) nach Nordamerika einwandern konnten. Diese Menschen waren wohlmöglich die Ureinwohner Amerikas. Doch die Einwanderung geschah erst vor etwa 15.000 Jahren, also ganz am Ende des Pleistozäns. Demnach wanderten nur Homo sapiens nach Nordamerika. Alle anderen Menschenarten waren zu diesem Zeitpunkt bereits ausgestorben.
Die Antarktis war damals schon ein isolierter Kontinent. Dieser Umstand verhinderte, dass sich das Eis noch weiter ausbreitete. Demnach hätten die Eiszeiten des Pleistozäns noch viel heftiger ausfallen können. Dennoch gab es auch Eismassen in Südamerika und Südafrika, aber immer nur saisonal.
Der australische Kontinent war zu diesem Zeitpunkt recht grün. Denn in der Mitte des Kontinents befand sich ein See, welcher große Teile des Kontinents bedeckte und für ausreichend Feuchtigkeit sorgte. Aber Eis bindet Wasser und demnach sank auch der Meeresspiegel um Australien herum. Deshalb gab es eine Landverbindung zwischen Australien, Tasmanien und Neuguinea. Auch hier wurden Tierarten ausgetauscht.
Japan war ebenfalls von Asien über eine Landbrücke erreichbar. In Afrika gab es kaum Kälteperioden. Viele Tiere, welche wir heute nur aus Afrika kennen – lebten damals auch in Europa. So gab es Nilpferde und Wasserbüffel am Rhein. In Mosbach (Hessen) wurden Überreste von Löwen gefunden. Die Fossilien des Mosbacher Löwen (Panthera fossilis) befinden sich heute im Naturhistorischen Museums in Mainz und in Wiesbaden.
Während der Warmzeiten wanderte die Tierwelt Afrikas nach Norden. Über die Halbinsel Sinai gelangten die Tiere in den Nahen Osten und schließlich nach Eurasien. Als dann die Kältezeiten einsetzten, wanderten die Tiere wieder nach Süden, in den Mittelmeerraum oder zurück nach Afrika.
Wie lebten die Menschen im Pleistozän
Die Wiege der Menschheit ist Afrika. Denn in Süd- und Ostafrika wurden die ältesten Überreste von Vormenschen gefunden. Zu diesen Vormenschen gehörten Australopithecus (deutsch: Südaffe), Paranthropus (deutsch: Nebenmensch) und Kenyanthropus (deutsch: Kenyamensch).
Jene Vormenschenarten traten vor etwa 4 Mio. Jahren auf. Man zählt noch nicht zu den Menschenarten, aber bereits zu den Hominini.
Urmenschen
Vor etwa 2,5 Mio. Jahren tauchten dann die ersten Urmenschen in Ostafrika auf. Zu ihnen gehörten Homo rudolfensis (deutsch: Mensch vom Rudolfsee) und Homo habilis (deutsch: geschickter Mensch). Letzterer wird mit der Entwicklung der ersten Steinwerkzeuge in Verbindung gebracht, was zur Namensgebung führte. Beide gelten als erste Menschenarten und werden deshalb der Menschheit zugeordnet (Gattungsname: Homo).
Frühmenschen
Vor etwa 2 Mio. traten die ersten Frühmenschen auf. Bedeutendste Menschenart dieser Gruppe war Homo erectus (deutsch: aufgerichtete Mensch).
Bei Homo erectus geht man ganz eindeutig davon aus, dass er die meiste Zeit seines Lebens auf zwei Beinen verbracht hat. Doch auch bei Vormenschen vermutet man, dass diese aufrechten gingen. Auf jeden Fall hat Homo erectus die Jagd (Ausdauerjagd) erfunden und das Feuer als erstes genutzt (siehe Feuernutzung in der Steinzeit).
Vor etwa 1,8 Mio. Jahren wanderten dann einzelne Homo erectus über den Nahen Osten nach Eurasien aus. Wohlmöglich folgten sie dem Jagdwild. Fortan verbreitete sich Homo erectus auch in Europa und Asien.
Als dann die Eiszeiten wieder einsetzten, kam es beim europäischen Homo erectus vermutlich zu einer evolutionären Anpassung. Die Menschen wurden robuster und widerstandsfähiger gegen Kälte. Es entstanden aus der europäischen Homo-erectus-Linie der Homo heidelbergensis und später der Homo heidelbergensis (Neandertaler).
Jetztmenschen
Während der Neandertaler als dominante Menschenart ganz Europa beherrschte, entwickelte sich vor etwa 300.000 Jahren in Südafrika eine neue Menschenart. Als Vorgänger wird die in Afrika verbliebene Population des Homo erectus gehandelt. Jene neue Menschenart ist Homo sapiens, welcher ebenfalls auswandern wird.
Beim Homo sapiens gab es mehrere Auswanderungsversuche, welche aber zunächst scheiterten. Denn während der Kaltzeiten des Pleistozäns wanderten auch die Neandertaler immer wieder von Norden nach Süden. So wurde England bspw. 9 mal besiedelt und 9 mal wieder verlassen.
Als sich Homo sapiens vor etwa 100.000 Jahren erstmalig in den Nahen Osten vorwagte, blieben sie dort nicht lange und migrierten nach Afrika zurück. Der Grund war der Neandertaler, welcher im Nahen Osten zur damaligen Zeit noch heimisch war.
In Afrika muss der Jetztmensch aber irgendeine Wandlung gemacht haben. Denn nach 70.000 Jahren kehrten sie wieder zurück und ließen sich nicht noch einmal verdrängen. Zu diesem Zeitpunkt begann das Aussterben des Neandertalers und aller anderen Menschenarten.
Noch im Pleistozän besiedelte der Jetztmensch sämtliche Kontinente (bis auf Antarktika). Nach Eurasien folgte Australien vor etwa 45.000 Jahren und schließlich erreichte man vor etwa 15.000 Jahren auch Nordamerika. Da Mittelamerika nun mit Südamerika verbunden war (siehe oben), gelang es der Menschheit sich auch dort auszubreiten.
Wie und Warum endete das Pleistozän
Die oben genannten Milanković-Zyklen waren dafür verantwortlich, dass es wieder wärmer wurde. Denn die Neigung der Erdachse und die Veränderung der Erdumlaufbahn bewirkten, dass die Sonneneinstrahlung sich erneut ändern konnte.
In der Folge wurde es wärmer auf der nördlichen Erdhalbkugel, was das Eis zum Schmelzen brachte. Durch die Eischmelze wurde Süßwasser freigesetzt, welches nun in die Ozeane gelangte. Das neuformierte Zusammenspiel von Süß- und Salzwasser im Ozean hatte Auswirkungen auf die Meeresströmungen, wodurch das Klima weiter erwärmt wurde.
In der Folge wurden Treibhausgase (Methan, Kohlendioxid) freigesetzt – welche den Treibhauseffekt stabilisierten. Jener Treibhauseffekt bewirkt, dass sich eine Art Dunstglocke um die Erdoberfläche bilden kann, welche das Innere mollig warm hält.
Das Ende des Pleistozäns ist zugleich das Ende der Altsteinzeit und der Beginn der Mittelsteinzeit. Von allen Menschenarten und Vormenschen, welche über Jahrmillionen hinweg parallel auf der Erde gelebt hatten – war am Ende des Pleistozäns nur noch Homo sapiens (Jetztmensch) übrig.
Viele Tierarten, wie Mammuts oder Säbelzahnkatzen gab es noch. Doch überall wo der Jetztmensch auftrat, starb binnen von einigen 10.000 Jahren diese Megafauna aus.