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Vormenschen


Ausstellung im Katalanischen Archäologiemuseum in Barcelona (Spanien) vom Australopithecus (Vormenschen) bis zum Neandertaler (Frühmenschen), Bildnachweis: WH_Pics / Shutterstock.com

Ausstellung im Katalanischen Archäologiemuseum in Barcelona (Spanien) vom Australopithecus (Vormenschen) bis zum Neandertaler (Frühmenschen), Bildnachweis: WH_Pics / Shutterstock.com


Vormenschen – wissenschaftlich als Australopithecina, Australopithecinen oder Australopithen bezeichnet – sind eine Gruppe innerhalb der Menschenaffen, deren einzelne Arten und Gattungen bereits ausgestorben sind. Zur Gruppe der Australopithecinen gehört die Gattung Australopithecus (deutsch: südlicher Affe) mit 7 Arten, die Gattung Paranthropus (deutsch: Nebenmensch) mit drei Arten und die Gattung Kenyanthropus (deutsch: Keniamensch) mit nur einer Art.

Steckbrief

Rekonstruktion eines Vormenschen (Australopithecus afarensis), ausgestellt im Naturwissenschaftlichen Museum in Trient, Italien, Bildnachweis: lorenza62 / Shutterstock.com

Rekonstruktion eines Vormenschen (Australopithecus afarensis), ausgestellt im Naturwissenschaftlichen Museum in Trient, Italien, Bildnachweis: lorenza62 / Shutterstock.com


Wissenschaftlicher Name:Australopithecina, Australopithecinen, Australopithen
Bedeutung:Vormenschen, Menschenaffen, welche vor dem Menschen lebten
Erstes Auftreten:Pliozän (vor 4,2 Mio. Jahren)
Aussterben:Pleistozän (vor 1 Mio. Jahren)
Lebensraum:Ostafrika, Südafrika
Systematik:
Ordnung:Primaten (Primates)
Überfamilie:Menschenartige (Hominoidea)
Familie:Menschenaffen (Hominidae)
Unterfamilie:
Homininae
Tribus:Hominini
ohne Rang:Australopithecina
Arten:Australopithecus mit 7 Arten:
Australopithecus afarensis
Australopithecus africanus (Typusart)
Australopithecus anamensis
Australopithecus bahrelghazali
Australopithecus deyiremeda
Australopithecus garhi
Australopithecus sediba

Paranthropus mit 3 Arten:
Paranthropus robustus (Typusart)
Paranthropus aethiopicus
Paranthropus boisei

Kenyanthropus mit 1 Art:
Kenyanthropus platyops
Körpergröße:geschätzte Körpergrößen von 1,00 bis 1,6 m (Australopithecus) und 1,50 m (Paranthropus)
Gewicht:30 bis 40 kg (geschätzt)
Gehirnvolumen:Australopithecus: 400 bis 550 cm³
Paranthropus: etwa 600 cm³
Nahrung:Pflanzenfresser
Aufrechter Gang:wird spekuliert und angezweifelt
Steinwerkzeuge:nein
Steinzeit-Waffen:nein
Feuerbeherrschung:nein
Steinzeit-Kunst:nein
Sprachentwicklung:nein
Weitere Merkmale:-anatomische Ähnlichkeiten zum Schimpansen

Was ist ein Vormensch

Als Vormenschen bezeichnet man eine Gruppe von Menschenaffen, welche in den Tribus der Hominini (Menschenähnlichen) eingeordnet werden, aber nicht zur Gattung Homo (deutsch: Mensch) gezählt werden.

Demnach werden alle Vormenschen in die Stammesgeschichte der Menschheit eingereiht, sind aber keine direkte Vorfahren des Jetztmenschen. Anders als Urmenschen und Frühmenschen werden die Vormenschen auch nicht zur Menschheit gezählt, da es sich bei den Vormenschen nicht um Menschenarten – sondern um Affenarten handelt.

Was ist der Unterschied zwischen Vormenschen, Ur- und Frühmenschen

Als Urmenschen werden die ersten Menschenarten zusammengefasst, welche vor 2,5 Mio. Jahren lebten. Dazu zählen Homo habilis und Homo rudolfensis. Ob diese beiden Menschenarten aus den Vormenschen hervorgingen, wird angenommen. Die vollständige Rekonstruktion des Stammbaums der Menschheit steht allerdings noch aus.

Aus den Urmenschen entwickelten sich vor etwa 1,5 bis 2 Mio. Jahren die Frühmenschen. Zu diesen gehörten der Homo ergaster, Homo erectus und andere Menschenarten, wie Neandertaler oder der Heidelbergmensch. Wie sich die Frühmenschen aus den Urmenschen entwickelten, ist ebenfalls noch nicht eindeutig geklärt.

Selbst die Rekonstruktion zur Entwicklung des Jetztmenschen (Homo sapiens) ist noch nicht eindeutig geklärt. Man denkt aber, dass Homo sapiens in Afrika aus Homo erectus hervorging. Da die Entstehung des Jetztmenschen nicht sprunghaft geschah, führte die Forschung ein evolutionäres Bindeglied ein, welches als archaischer Homo sapiens bezeichnet wird. Auch dieser gehört zu den Frühmenschen.

Laut dem Stammbaum der Menschheit:

  • lebten die Vormenschen, vor den Menschen (Menschenarten) etwa vor 4 Mio. Jahren
  • lebten die Urmenschen als ursprünglichste Menschenarten vor etwa 2,5 Mio. Jahren
  • lebten die Frühmenschen als frühe Menschenarten vor etwa 2 Mio. Jahren bis vor etwa 30.000 Jahren

Wann lebten die Vormenschen

Die Vormenschen lebten vor den Urmenschen. Die wohl früheste Gattung war Australopithecus, welche vor etwa 4,2 Mio. zum ersten Mal auftrat und vor 2 Mio. Jahren ausstarb. Da sich der Zeitpunkt des Aussterbens mit dem Auftreten der Urmenschen überlagert, lebten sowohl Urmenschen als auch diese Vormenschen-Gattung eine Zeit parallel zueinander.

Die Gattung Kenyanthropus lebte vor 3,5 Mio. bis vor 3,2 Mio. Jahren, also lange vor den Urmenschen. Doch die Gattung Paranthropus lebte vor 2,8 Mio. bis vor 1 Mio. Jahren und war demnach Begleiter der Urmenschen und auch der ersten Frühmenschen.

Wo lebte der Vormensch

Die Vormenschen lebten ausschließlich in Afrika. Für den Australopithecus (deutsch: südlicher Affe) sind Funde in Südafrika (z.B. Kind von Taung), aber auch in Ostafrika (z.B. Lucy) belegt. Der Kenyanthropus (deutsch: Keniamensch) lebte in Ostafrika (Kenia). Die Gattung Paranthropus lebte in Ost- und Südafrika, wird von einigen Forscher als späte Varianten des Australopithecus gewertet.

Wie verhielten sich Vormenschen gegenüber Raubtieren

Die Vormenschen waren Menschenaffen, welche in Savannenlandschaften mit Flussnähe lebten. In sogenannten Galeriewäldern, welche typisch für die Savanne sind, waren die Vormenschen wohlmöglich Baumbewohner – welche das Dickicht der Bäume nutzten, um sich vor Raubtieren zu schützen.

Wie die meisten Menschenaffen waren sie Pflanzenfresser, welche in der Nahrungskette weit hinten stehen. Die Angst vor Raubtieren war vermutlich allgegenwertig und der Zusammenschluss zur Gruppe (Herde), wie es bei Schimpansen und Gorillas heute noch ist, schützte das einzelne Individuum.

Wie lebten die Vormenschen

Die Vormenschen waren Savannenbewohner, welche sich von Blättern, Früchten und Wurzeln der Bäume ernährten. Zahnschmelzanalysen beim Paranthropus zeigen, dass diese Gattung auf hartfaserige Gräser spezialisiert war.

Unterschiedliche Zahngrößen lassen darauf schließen, dass bei Australopithecus und Paranthropus ein Geschlechtsdimorphismus ausgeprägt war. Demnach hatten Weibchen deutlich kleinere Eckzähne als Männchen, was bei heutigen Menschenaffen immer noch typisch ist.

Es gibt Hinweise auf Exogamie, bei welcher die Weibchen das angestammte Gebiet zur Partnerschaft verließen und die Männchen zur Ortstreue tendierten. Diese Exogamie ist auch ein Fortpflanzungsmerkmal heute lebender Schimpansen.

Wer ist der Vormensch Lucy

Lucy ist der Name eines Skeletts von einem Vormenschen, welches man 1974 im Afar Dreieck in Äthiopien (Ostafrika) fand. Bei diesem Fund handelte sich um ein Fossil eines Australopithecus afarensis, welcher vor 3,2 Mio. Jahre lebte. Da im Forschercamp permanent der Beatles-Song „Lucy in the sky with diamonds“ lief, taufte man den Fund auf den Namen Lucy.

Lange war der Fund Lucy bahnbrechend für die Paläoanthropologie, da 47 von insgesamt 207 Knochen gefunden wurden und das Fossil zum besten erhaltene Skelett eines frühen Vertreters der Hominini erklärt wurde. Lucy lebte vor 3,2 Mio. Jahren, war weiblich, etwa 105 cm groß und circa 27 kg schwer. Sie starb als junge Erwachsene.

Wie sahen Vormenschen aus

Rekonstruktionen von Australopithecus-Skeletten ergab einen Körperbau ähnlich dem heutiger Schimpansen. Die Gattung Paranthropus war robuster und das Gebiss deutlich ausgeprägter, weshalb auch der Beiname „Nussknackermensch“ entstand.

Schädel eines Vormenschen (Paranthropus) mit markanten Gebiss, Replik ausgestellt im Katalanischen Museum in Barcelona (Spanien), Bildnachweis: WH_Pics / Shutterstock.com

Schädel eines Vormenschen (Paranthropus) mit markanten Gebiss, Replik ausgestellt im Katalanischen Museum in Barcelona (Spanien), Bildnachweis: WH_Pics / Shutterstock.com


Bei den meisten Arten waren die Arme gegenüber den Beinen verlängert, ähnlich wie bei Schimpansen und anders als bei heutigen Menschen. Dies deutet daraufhin, dass sich die Arten auf Bäumen fortbewegten und eine aufrechte Gangart lediglich kurzzeitig vollzogen.
Ausstellung eines Vormenschen (Australopithecus) in COSMOCAIXA, BARCELONA, Bildnachweis:  frantic00 / Shutterstock.com

Ausstellung eines Vormenschen (Australopithecus) in COSMOCAIXA, BARCELONA, Bildnachweis: frantic00 / Shutterstock.com

Wohlmöglich richteten sich die Vormenschen lediglich auf und standen auf zwei Beinen. Das Gehen oder Laufen auf zwei Beinen wird von vielen Forschern ausgeschlossen. Dennoch stammen die ältesten zweibeinigen Fußspuren der Welt vom Australopithecus afarensis, der Vormenschenart, welche auch Lucy angehörte.

Wie groß waren die Vormenschen

Australopithecus war etwa 115 cm groß. Für Paranthropus existieren Angaben zur Körpergröße von 1,60 Meter.

Welche Werkzeuge hatten die Vormenschen

Für die Vormenschen wird die Herstellung von Werkzeug ausgeschlossen. Als Erfinder des Werkzeugbaus werden die Urmenschen betrachtet. Dennoch fand man 2011 in unmittelbarer Nähe einer Kenyanthropus-Fundstelle diverse Steinwerkzeuge des Oldowan-Typs. Der Ort des Fundes ist Lomekwi in Kenia.

Einige dieser Werkzeuge befanden sich in Gesteinsschichten, welche auf ein Alter von 3,3 Mio. datiert werden konnten. Sollte die Datierung stimmen, handelt es sich um die ältesten Steinwerkzeuge der Welt und deren Entstehungszeitpunkt liegt weit vor dem Auftreten erster Menschenarten (Gattung Homo). Die Kultur der Steinindustrie in Lomekwi wird als Lomekwian bezeichnet.

Literatur

  • Gerhard Altenhoff, Australopithecus Superbus Procrustes: Die kurze Geschichte einer langen Evolution, ISBN: 3757560787*
  • Friedemann Schrenk, Die Frühzeit des Menschen: Der Weg zum Homo sapiens, ISBN: 3406577032*
  • Thomas Halliday, Urwelten: Eine Reise durch die ausgestorbenen Ökosysteme der Erdgeschichte, ISBN: 3548068812*

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