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Homo rudolfensis


Schädel Homo rudolfensis, Bildnachweis: Svet foto/shutterstock.com

Schädel Homo rudolfensis, Bildnachweis: Svet foto/shutterstock.com


Homo rudolfensis ist eine Menschenart des Pleistozäns und lebte wahrscheinlich vor 2,5 bis 1,9 Millionen Jahren. Gefundene Fossilien des Homo rudolfensis stammen aus Ostafrika vom Turkana-See in Kenia, welcher auch Rudolfsee genannt wird. Der Name dieser Menschenart leitet sich demnach von seiner Fundstelle ab. Homo rudolfensis wird, wie auch Homo habilis, zu den ursprünglichsten Menschenarten gezählt und in die Gruppe der Urmenschen eingereiht.

Steckbrief

Wissenschaftlicher Artname:Homo rudolfensis
Erstes Auftreten:Pleistozän vor 2,5 Mio. Jahren
Aussterben:Pleistozän vor 1,9 Mio. Jahren
Lebensraum:Afrika mit grasbewachsenen Savannen, Wasserläufen und Seen
Einordnung:Ausgestorbene Art der Urmenschen
Systematik:
Ordnung:Primaten (Primates)
Überfamilie:Menschenartige (Hominoidea)
Familie:Menschenaffen (Hominidae)
Unterfamilie:
Homininae
Tribus:Hominini
Gattung:Homo
Art:Homo rudolfensis
Stammesgeschichte:Vorfahren: Australopithecus (ungeklärt)

Nachfahre: H. ergaster / H. erectus (beide nicht eindeutig geklärt)
Körpergröße:etwa 1,5 Meter (geschätzt)
Gewicht:etwa 45 bis 50 Kilogramm (geschätzt)
Gehirnvolumen:ca. 750 cm³
Körperbau:menschenähnlichere Merkmale gegenüber anderen Menschenarten seiner Zeit
Nahrung:Pflanzen
Lebensweise:
Aufrechter Gang:aufrechter Gang wird angenommen
Steinwerkzeuge:Werkzeugbau kann archäologisch nicht nachgewiesen werden, wird aber angenommen
Steinzeit-Waffen:keine speziell gefertigten Jagdwaffen
Feuerbeherrschung:nein
Steinzeit-Kunst:nein
Sprachentwicklung:nein
Weitere Merkmale:kein Überaugenwulst

Was bedeutet Homo rudolfensis

Die Bezeichnung Homo ist der Gattungsname verschiedener Menschenarten, stammt aus dem Lateinischen und bedeutet Mensch. Somit gehört Homo rudolfensis der gleichen Gattung an wie der Jetztmensch (Homo sapiens). Der Artname „rudolfensis“ ist abgeleitet von der ersten Fundstelle am Rudolfsee in Kenia. Demnach bedeutet Homo rudolfensis übersetzt: Mensch vom Rudolfsee.

An welchen Fundstellen fand man Homo rudolfensis

Die ersten Fundstücke eines Homo rudolfensis wurden 1972 in Kenia gefunden. Es handelte sich bei diesem Fossil um einen abgeschabten Schädel mit teilweise erhaltenen Oberkiefer, aber ohne Unterkiefer. Auch die Zähne fehlten.

Gefunden wurde dieses Fossil durch das Forscherteam von Richard Leakey, welcher bereits die Erstbeschreibung eines Homo habilis (andere Menschenart) vornahm. Die Fundstelle des Fossils war der Turkana-See, welche zur damaligen Zeit noch Rudolfsee hieß.

Der Schädel wurde unter der Sammlungsnummer KNM-ER 1470 abgelegt und erstmals 1973 durch Richard Leakey wissenschaftlich beschrieben. Verwahrungsort der Funde ist das Kenianische Nationalmuseum in Nairobi. Die Sammlungsnummer (KNM) verweist auf das Kenianische Nationalmuseum und ER für East-Rudolf (Ostküste des Rudolfsees).

Am 11. August 1991 fand Tyson Mskika, ein Mitarbeiter des deutschen Paläoanthropologen Friedemann Schrenk, den Unterkiefer eines Homo rudolfensis in Malawi (ebenfalls Ostafrika). Der genaue Fundort war ein Dorf, namens Uraha, am Westufer des Malawisees.

Das Fundstück erhielt die Sammlungsnummer UR 501 (UR= Uraha). Der Unterkiefer wurde auf ein Alter von etwa 2,5 Mio. Jahre datiert. Aufgrund dieser Datierung gehen einige Forscher davon aus, dass Homo rudolfensis als ältester Vertreter der Menschheit gedeutet werden kann.

Wo lebte Homo rudolfensis

Die Fundstellen von Homo rudolfensis lassen darauf schließen, dass diese Menschenart in Kenia, Malawi und Äthiopien lebte. Alle drei Staatsgebiete befinden sich in Ostafrika, weshalb diese Region als eine mögliche Wiege der Menschheit in Betracht gezogen wird.

Welchen Lebensraum hatte Homo rudolfensis

In den einzelnen Fundschichten, in denen Homo habilis gefunden wurde, gab es diverse Begleitfunden. Darunter die Überreste von Gazellen, Flusspferden, Pavianen und Elefanten. Da diese Tiergruppen überwiegend Graslandschaften mit Wassernähe bewohnen, ergeben sich Rückschlüsse für den Lebensraum des Homo rudolfensis. Demnach bewohnte diese Menschenart offene Savannenlandschaften mit Waldabschnitten in Flussnähe, sogenannte Galeriewälder.

Welche Ernährung bevorzugte Homo rudolfensis

Anhand der Zusammensetzung des Zahnschmelzes können Forscher auch Millionen Jahre später noch nachweisen, was eine Art gegessen hatte. Und Homo rudolfensis war Pflanzenfresser, genauso wie alle anderen Menschenaffen heute auch, außer dem Jetztmenschen und den Schimpansen – welche Allesfresser sind.

Zum Nahrungsspektrum des Homo rudolfensis gehörten überwiegend C3-Pflanzen. Zu dieser Pflanzengruppe gehören etwa 90 Prozent aller heutigen Landpflanzen, welche bei trockenen und heißem Wetter ihre Spaltöffnungen schließen, um so Verdunstung des Wassers zu vermeiden.

Etwa 60 bis 70 Prozent der Nahrung von Homo rudolfensis waren C3-Pflanzen. Die restliche Nahrung bestand aus C4-Pflanzen. Vermutlich ernährte sich Homo rudolfensis von Früchten, Blättern, Knollen und Wurzeln der Bäume, welche heute noch in der Savanne zu finden sind.

Wie entstand Homo rudolfensis

Die Stammesgeschichte der Menschheit ist bisher nicht vollständig rekonstruiert wurden. Doch laut Meinung der meisten Forscher ist Homo rudolfensis ein Glied im Stammbaum der Menschheit. Ob Homo rudolfensis von Australopithecus abstammt oder sich aus einer Abstammungslinie des Kenyanthropus entwickelte, wird noch diskutiert.

Was konnte Homo rudolfensis

Dass Homo rudolfensis aufrecht stehen und gehen konnte, wird angenommen. Allerdings wurde bisher kein zusammenhängendes Skelett gefunden, wonach man die Anatomie und Physiologie ableiten könne. Demnach sind alle Körperfunktionen unterhalb des Kopfes spekulativ.

Diverse Knochen von Extremitäten und ein Becken, welches man fand, ergab – dass sich dieser Körperbereich schon deutlich von den Vormenschen (Australopithecus) unterschied und dem der modernen Menschen glich. Allerdings kann der aufrechte Gang somit nur abgeleitet werden und nicht archäologisch belegt werden.

Welche Körpergröße erreichte Homo rudolfensis

Anhand der Extremitäten und Beckenfunde (KNM-ER 1472 und KNM-ER 1481) wurde die Körpergröße für Homo rudolfensis lediglich abgeleitet bzw. geschätz. Demnach war das Individuum etwa 1,50 Meter groß und wog vermutlich 50 kg. Spätere Funde eines Oberschenkelknochens (KNM-ER 3728) ergaben eine Rekonstruktion der Körpergröße von 145 cm und einem Körpergewicht von 45 kg.

Welche Merkmale hatte Homo rudolfensis

Der Überaugenwulst, welchen Schimpansen und Gorillas haben, fehlte beim Homo rudolfensis. Die Füße und Oberschenkel hatten beim Homo habilis noch starke Ähnlichkeit zum Australopithecus. Beim H. rudolfensis gab es deutlichere Gemeinsamkeiten zur Anatomie heutiger Menschen. Auch das Gehirnvolumen stieg an.

Wie groß war das Gehirnvolumen von Homo rudolfensis

Das Gehirnvolumen eines Homo rudolfensis betrug vermutlich 750 cm³ (Schätzung). Damit war gegenüber dem Homo habilis (600 cm³) ein Anstieg von etwa 20 Prozent gelungen. Vormenschen, wie Australopithecus und Paranthropus hatten wohlmöglich lediglich ein Gehirnvolumen von etwa 400 cm³ bis 600 cm³.

Benutzte Homo rudolfensis das Feuer

Die erste Feuernutzung ist archäologisch für Homo erectus belegt. Für Homo rudolfensis wird die aktive Feuerbeherrschung, nach aktuellem Kenntnisstand, ausgeschlossen. Ob Homo rudolfensis sogeannte Wildfeuer einfangen und nutzen konnte, bleibt spekulativ.

Welche Werkzeuge hatte Homo rudolfensis

In der unmittelbaren Umgebung (Fundhorizont) von Homo rudolfensis wurden bisher keine Steinwerkzeuge gefunden. Dennoch wurden Steinwerkzeuge des Oldowan-Typs in geringfügig jüngeren Gesteinsschichten geborgen, was die Möglichkeit der Werkzeugnutzung für Homo rudolfensis nicht ausschließt. Die Nutzung und Herstellung von Steinwerkzeug durch H. rudolfensis kann allerdings archäologisch nicht belegt werden.

Wann lebte Homo rudolfensis

Die Datierung des Schädels von 1973 (KNM-ER 1470) ergab ein Alter von 2,6 Mio. Jahren. Spätere Messungen korrigierten das Alter auf 1,9 Mio. Jahre. Der Unterkiefer UR 501, welcher in Malawi geborgen wurde, konnte auf ein Alter von 2,5 Mio. Jahre datiert werden. Die allgemeinen Angaben, welche zum Alter gemacht werden – nehmen beide Datierungshorizonte als Grenze. Demnach lebte Homo rudolfensis vor 2,5 bis 1,9 Mio. Jahre.

Warum ist Homo rudolfensis ausgestorben

Es ist bisher nicht möglich zu erklären, warum Homo rudolfensis ausgestorben ist. Bei den großen Massenaussterben, welche auf der Erde mehrfach stattfanden, waren Klimaveränderungen oder Umweltkatastrophen die Ursachen. Dadurch kann die Forschung sehr gut herleiten, weshalb eine Art ausstarb.

Auch das Auftreten von neuer Konkurrenz kann das Aussterben einer Art vorantreiben. Beim Aussterbeakt des Homo rudolfensis wurden bisher keine Indizien gefunden, welche als Ursache in Betracht gezogen werden können.

Literatur

  • Dieter Hornemann, Gottes dritter Versuch: Das Rätsel der Menschwerdung, ISBN: 3825152545*
  • Josef H. Reichholf (Autor), Fritz Wendler (Illustrator), Das Rätsel der Menschwerdung: Die Entstehung des Menschen im Wechselspiel mit der Natur, ISBN: 3423330066*
  • Dierk Suhr, Das Mosaik der Menschwerdung: Vom aufrechten Gang zur Eroberung der Erde: Humanevolution im Überblick, ISBN: 3662568292*
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