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Australopithecus


Lucy (Australopithecus afarensis), aufgenommen in Madrid, Spanien – 24. Februar 2017, Bildnachweis: WH_Pics / Shutterstock.com

Lucy (Australopithecus afarensis), aufgenommen in Madrid, Spanien – 24. Februar 2017, Bildnachweis: WH_Pics / Shutterstock.com

Australopithecus ist eine ausgestorbene Gattung der Menschenaffen, welche lediglich in Afrika nachgewiesen ist. Die Stellung von Australopithecus im Stammbaum der Menschheit ist nicht eindeutig geklärt und wird immer wieder diskutiert. Dennoch wird die Gattung mit einigen anderen Gattungen in die Gruppe der Australopithecinen (Vormenschen) eingeordnet. Für einige Paläoanthropologen ist Australopithecus, aufgrund seines geringen Gehirnvolumen, überbewertet. Dennoch wird der aufrechte Gang für Australopithecus abgeleitet und 3,5 Mio. Jahre alte Fußspuren aus Laetoli (Tansania) deuten an, dass die Gattung wirklich auf zwei Beinen lief. Ob der Werkzeuggebrauch der Australopithecus-Arten dem eines Schimpansen überstieg, konnte ebenfalls noch nicht eindeutig geklärt werden.

Steckbrief

Wissenschaftlicher Artname:Australopithecus
Erstes Auftreten:Pliozän vor 4,2 Mio. Jahren
Aussterben:Pleistozän vor 2 Mio. Jahren
Lebensraum:Afrika, lichte Wälder und Waldgebieten an Flüssen
Einordnung:Ausgestorbene Gattung (7 Arten) der Vormenschen
Systematik:
Ordnung:Primaten (Primates)
Überfamilie:Menschenartige (Hominoidea)
Familie:Menschenaffen (Hominidae)
Unterfamilie:
Homininae
Tribus:Hominini
Gattung:Australopithecus
Arten:Australopithecus afarensis
Australopithecus africanus (Typusart)
Australopithecus anamensis
Australopithecus bahrelghazali
Australopithecus deyiremeda
Australopithecus garhi
Australopithecus sediba
Entdeckung:Kind von Taung 1924 in Südafrika entdeckt
Stammesgeschichte:Vorfahren: Ardipithecus (umstritten), Orrorin (umstritten), Sahelanthropus (umstritten)

Nachfahre: Homo habilis / Homo rudolfensis (beide nicht eindeutig geklärt)
Körpergröße:zwischen 1,00 m und 1,60 m
Gewicht:zwischen 30 bis 40 kg
Gehirnvolumen:etwa 400 bis 550 cm³
Körperbau:schimpansen-ähnlich mit anatomischen Merkmalen, welche den aufrechten Gang ermöglichen (siehe unten)
Nahrung:Pflanzen
Lebensweise:überwiegend auf Bäumen lebend
Aufrechter Gang:aufrechter Gang wird angenommen
Steinwerkzeuge:nein
Steinzeit-Waffen:nein
Feuerbeherrschung:nein
Steinzeit-Kunst:nein
Sprachentwicklung:nein
Weitere Merkmale:siehe unten

Wer war Australopithecus

Australopithecus ist der Gattungsname einer Menschenaffengattung, welche vor etwa 4 Mio. lebte. Insgesamt sind vom Australopithecus 7 verschiedene Arten bekannt, welche allesamt ausgestorben sind. Aufgrund von anatomischen Merkmalen werden alle 7 Australopithecus-Arten in den Stammbaum der Menschheit eingeordnet, obwohl die absolute Stellung noch nicht eindeutig geklärt ist.

Rekonstruktion eines Vormenschen (Australopithecus afarensis), ausgestellt im Naturwissenschaftlichen Museum in Trient, Italien, Bildnachweis: lorenza62 / Shutterstock.com

Rekonstruktion eines Australopithecus afarensis, ausgestellt im Naturwissenschaftlichen Museum in Trient, Italien, Bildnachweis: lorenza62 / Shutterstock.com

Neben Australopithecus existierten zwei ähnliche Menschenaffen-Gattungen, der Paranthropus und der Kenyanthropu. Alle drei Gattungen werden unter dem Begriff Australopithecina oder Vormenschen zusammengefasst.

Was bedeutet Australopithecus

Der Gattungsname Australopithecus ist abgeleitet vom lateinischen Wort australis, welches südlich bedeutet. Diese Bezeichnung wurde gewählt, da das Kind von Taung (Südafrika) der erste Australopithecus-Fund überhaupt war. Die hintere Worthälfte „pithecus“ ist griechisch und bedeutet Affe. Zusammengenommen bedeutet Australopithecus demnach: südlicher Affe.

War Australopithecus ein Mensch

Die 7 Arten der Australopithecus-Gattung werden zwar in den Stammbaum der Menschheit eingeordnet, aber nicht als Menschen betrachtet. Zu den Menschen gehören nur die Arten der Gattung Homo, welche den Gattungsnamen (Homo) im Artnamen tragen. Dazu zählen bspw. Homo sapiens (Jetztmensch), Homo neanderthalensis (Neandertaler) oder Homo erectus. Alle Lebewesen, welche kein Homo im Namen tragen, sind demnach keine Menschenarten.

Stattdessen wird Australopithecus als eine Gattung der Vormenschen hingestellt, welche vor der Menschheit existierte. Ob Australopithecus ein direkter Vorfahre der Urmenschen war, wird angenommen, ist aber bisher nicht eindeutig rekonstruiert wurden.

Wer war Lucy unter den Australopithecus

Lucy war, neben dem Kind von Taung, der bedeutendste Australopithecus-Fund. Das Kind von Taung war der erste Fund eines Australopithecus und Lucy eine lange Zeit der beste Fund, da 47 von insgesamt 207 Lucy-Knochen gefunden wurden. Diese Fülle war eine Sensation und Lucy wurde zum begehrten Untersuchungsobjekt der Paläoanthropologie.

Da im Forschungscamp am Tag der Lucy-Entdeckung mehrfach der Beatles-Song „Lucy in the sky with diamonds“ lief, wählten ihre Entdecker neben der Sammlungsnummer AL 288-1 (AL = „Afar Locality“) den Namen „Lucy“ für das Fossil.

Gefunden wurde Lucy im Afar-Dreieck in Äthiopien (Ostafrika). Demnach waren Australopithecus nicht nur in Südafrika beheimatet, sondern auch im Osten Afrikas verbreitet.

Das Alter von Lucy wurde auf 3,2 Mio. Jahre datiert. Sie starb im jungen Erwachsenenalter, war nur 105 cm groß und 27 kg schwer. Lucy war ein Australopithecus afarensis (Artname).

Welche Funde gab es vom Australopithecus

Vor Lucy war das Kind von Taung ein Durchbruch für die Paläoanthropologie. Denn bisher hat man die Vorfahren des Menschen lediglich in Asien vermutet und gesucht. Als dann im Herbst 1924 der Schädel eines Australopithecus africanus in der Ortschaft Taung (Südafrika) gefunden wurde, war dies eine Sensation für die Paläoanthropologie. Denn das Kind von Taung war damals das älteste Fossil eines menschlichen Vorfahren und gleichzeitig das erste Vormenschen-Fossil, welches in Afrika gefunden wurde.

Eine Datierung der umgebenden Segmentschichten ergab ein Alter von 2,4 bis 2,8 Mio. Jahren. Das Kind von Taung starb im Alter von drei bis vier Jahren. Die Erstbeschreibung dieser Art wurde dann im Februar 1925 von Raymond Dart (Entdecker) vorgenommen. Da der erste Fund eines Australopithecus in Südafrika gemacht wurde, wählte man den ortsbezogenen Gattungsnamen (Australopithecus = südlicher Affe).

Durch den Fund des Kindes von Taung wurde nicht nur die Gattung Australopithecus begründet, sondern der Australopithecus africanus als erste und typische Art der Gattung (Typusart) bestimmt. Vom Australopithecus africanus wurden weitere Exemplare gefunden, so etwa:

  • Mrs. Ples, ein Schädel – welcher 1947 im südafrikanischen Sterkfontein gesichert wurde.

Artgenossen von Lucy (Australopithecus afarensis) waren:

  • die First Family, welche im November 1975 in Hadar (Äthiopien, Ostafrika) entdeckt wurden
  • oder das Dikika Girl, welches am 10. Dezember 2000 in der Region Dikika (Äthiopien) entdeckt wurde.

War Australopithecus ein Zweibeiner

Dass Australopithecus auf zwei Beinen stand und lief, beweisen archäologische Fußspuren in Laetoli (Tansania, Ostafrika). Dort entdeckten Forscher 1978 zwei parallel verlaufende Spuren eines zweifelfrei aufrecht gehenden Individuums. Die Spuren sind über 20 Meter hinweg erhalten.

Später wurden weitere Spurpfade entdeckt, so dass heute mehr als 70 separate Fußspuren bekannt sind. Die meisten Forscher ordnen die Doppelspur dem Australopithecus afarensis (Artgenossen von Lucy) zu. Die Erzeuger der Fußspuren waren vor etwa 3,6 Mio. Jahren dort entlang gegangen.

Ausstellung eines Vormenschen (Australopithecus) in COSMOCAIXA, BARCELONA, Bildnachweis: frantic00 / Shutterstock.com

Ausstellung eines Vormenschen (Australopithecus) in COSMOCAIXA, BARCELONA, Bildnachweis: frantic00 / Shutterstock.com

Waren Australopithecus aggressiv

Australopithecus waren pflanzenfressende Menschenaffen, welche in ihrem Körperbau den heutigen Schimpansen glichen. Die Aggression gegenüber Artgenossen ist begründet im Tierreich durch Konkurrenzkampf um Weibchen, Territorien und natürliche Ressourcen (z.B. Nahrung).

Der strategische Faktor, bei dem vorausplanend und gezielt getötet wurde, kam in der Menschheitsgeschichte wohlmöglich erst mit der Herrschaft über das Feuer. Durch diese Schlüsseltechnologie stiegen die Frühmenschen (etwa 2 Mio. Jahre später) zum Spitzenprädator in ihren Ökosystemen auf, da ganze Waldstücke abgefackelt werden konnten, um Raubtiere zu vertreiben oder Wildtiere zu rösten.

Welche Ernährung bevorzugte der Australopithecus

Aus dem Bau des Gebisses und Spuren im Zahnschmelz wurde abgeleitet, dass sich Australopithecus überwiegend pflanzlich ernährte. Diese Ernährungsweise trifft heute noch auf alle Menschenaffen, bis auf den Schimpansen und Jetztmenschen zu, welche als Allesfresser auch tierische Kost verdauen können.

Der Übergang zu tierischer Ernährung vollzog sich erst mit den Urmenschen (vor 2,5 Mio. Jahren), welche dann Knochenmark aus verendeten Tierknochen lutschten. Die These, dass Urmenschen bereits Aasfresser waren, ist höchst umstritten und wird von der Mehrheit der Forscher ausgeschlossen.

Der Übergang zu Fleischnahrung geschah wohlmöglich erst durch Homo erectus (vor 2 Mio. Jahren, Frühmenschen), welcher als Erfinder der Ausdauerjagd gilt.

Wo lebte der Australopithecus

Australopithecus lebte ausschließlich in Afrika. Das Verbreitungsgebiet beschränkt sich hauptsächlich auf Südafrika (Australopithecus sediba, Australopithecus africanus) und Ostafrika (Australopithecus afarensis, Australopithecus anamensis, Australopithecus deyiremeda, Australopithecus garhi). Lediglich Australopithecus bahrelghazali konnte im zentralafrikanischen Tschad nachgewiesen werden.

Als Habitat wählten die Australopithecus-Arten ein bewaldetes Gebiet mit Flussläufen, sogenannte Galeriewälder. Man geht davon aus, dass sie dort überwiegend auf Bäumen lebten und seltener auf dem Boden aufrecht gingen.

Da sich Australopithecus, als reiner Pflanzenfresser, überwiegend von den Blättern und Früchten des Baumes ernährte, waren die Baumkronen sowohl Schlafplatz, Rückzugsort vor Raubtieren und Fressstelle. Einzig zum Trinken verließen sie die Baumgipfel, mussten aber Schutz vor Raubtieren suchen.

Welchen Körperbau hatte der Australopithecus

Der Körperbau glich heutiger Schimpansen. Allerdings unterschieden sich bereits Becken, Hüftgelenke und Wirbelsäule – welche den aufrechten Gang mit einer Ausbalancierung über Schädel abwärts ermöglichte. Der Schädel saß oben auf. Dies beweist die Stellung des Schädellochs (Foramen magnum).

Lage des Schädellochs (Foramen magnum) beim Menschen (links), Schimpansen und Vierbeinern (Wolf, rechts)

Lage des Schädellochs (Foramen magnum) beim Menschen (links), Schimpansen und Vierbeinern (Wolf, rechts)


Vergleich des Schädels von Primaten, Australopithecus und des Menschen (Homo sapiens)

Vergleich des Schädels von Primaten, Australopithecus und des Menschen (Homo sapiens)

Durch das Tragen des Schädels auf dem Rumpf wird der vollständig aufrechte Gang möglich. Bei Schimpansen befindet sich das Schädelloch weiter hinten, Richtung Rücken, weshalb der Kopf nach vorn getragen und nicht komplett nach oben ausgerichtet ist.

Welche Werkzeuge gebrauchte Australopithecus

Ob die Nutzung von Werkzeugen des Australopithecus der Werkzeugnutzung von Schimpansen glich oder diese überstieg, wird diskutiert und ist bisher nicht eindeutig geklärt wurden.

Die ältesten archäologisch gesicherten Werkzeuge der Menschheit werden dem Oldowan-Typ zugeordnet. Als Erfinder dieser Werkzeuge werden Homo habilis und Homo rudolfensis herangezogen, obwohl der Gebrauch bei Letzterem ebenfalls als ungesichert gilt. Mit dem Werkzeuggebrauch vor 2,5 Mio. Jahren begann die Homo-Reihe (Menschenreihe).

Dennoch gibt es Spuren von älteren Werkzeugen, welche zwar nicht Australopithecus, aber Kenyanthropus (andere Vormenschengattung) zugeschrieben werden. Diese fand man in Lomekwi in Kenia. Laut Datierung sind diese Werkzeuge 3,3 Mio. Jahre alt und somit älter als die bisherigen Werkzeuge des Oldowan-Typs. Ob Australopithecus ebenfalls Werkzeuge dieses Typs nutzte, kann bisher nicht archäologisch bewiesen werden.

Wer waren die Vorfahren des Australopithecus

Die Vorfahren der Vormenschen werden mitunter als Affenmenschen (populärwissenschaftlich) bezeichnet.

Zu den möglichen Vorfahren des Australopithecus und anderer Vormenschengattungen werden Ardipithecus (in Äthiopien), Orrorin (in Kenia) und Sahelanthropus (im Tschad) gezählt. Deren Stellung im Stammbaum der Menschheit werden genauso diskutiert, wie die Frage ob diese Gattungen wirklich Vorfahren der Vormenschen waren.

Schädelfunde dieser Gattungen zeigen eine ähnliche Stellung des Schädellochs, welche als Indiz für den aufrechten Gang und somit für die Voranstellung im Stammbaum herangezogen werden.

Aber der aufrechte Gang der Primaten wurde wohlmöglich mehrfach und unabhängig voneinander in der Evolutionsgeschichte vollzogen. So gab es bspw. vor etwa 12 Mio. Jahren eine Menschenaffengattung, namens Danuvius, von der vermutet wird, dass diese ebenfalls aufrecht ging.

Zu dieser Zeit trennten sich gerade die Entwicklungslinien von Orang-Utans und den anderen Menschenaffen (Schimpanse, Gorilla, Mensch) auf. Die Stammeslinie zwischen Mensch und Schimpanse wurde erst vor 6 Mio. aufgetrennt, weshalb man die Danuvius-Gattung keineswegs als Vorläufer der Menschheit in Betracht zieht.

Wieso ist der Australopithecus ausgestorben

Anhaltspunkte für ein Massenaussterben liefern prähistorische Klimaänderungen oder Naturkatastrophen. Anhand solcher Anhaltspunkte kann die Rekonstruktion einer Aussterbewelle erfolgen.

Im Zeitalter der Australopithecus war das Klima warm und stabil. Am Ende des Pliozäns kam es zu einer allgemeinen Abkühlung, wodurch vor 2,5 Mio. Jahren das Pleistozän mit wechselnden Warm- und Eiszeiten begann. Ob Australopithecus durch Klimaänderungen oder durch neue Konkurrenzsituationen mit dem Auftreten der Urmenschen ausstarb, ist nicht geklärt.

Literatur

  • Thomas Geissmann (Autor), Vergleichende Primatologie (Springer-Lehrbuch), ISBN: 3540436456*
  • Julia Fischer (Autor), Affengesellschaft, ISBN: 3518423029*
  • Jutta Hof (Autor), Volker Sommer (Autor), Menschenaffen wie wir: Porträts einer Verwandtschaft, ISBN: 3898234355*

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