Homo floresiensis (Flores-Mensch)
Der Homo floresiensis (deutsch: Mensch von Flores) ist eine ausgestorbene Menschenart, welche auf der indonesischen Insel Flores (Südostasien) lebte. Die Art starb vor etwa 60.000 Jahren aus. Im Vergleich zum Jetztmenschen waren die Flores-Menschen viel kleiner, weshalb man sie auch Hobbits nennt. Man geht davon aus, dass der Flores-Mensch vom Homo erectus abstammt. Genau wie sein Vorfahre gehört er in die Gruppe der Frühmenschen. Flores-Menschen lebten zeitlich parallel zum Jetztmenschen, zum Denisova-Menschen, zum Homo erectus und zum Neandertaler (siehe auch: Vorfahren des Menschen).
Inhalt
- 1 Steckbrief
- 2 Was bedeutet Homo floresiensis
- 3 Wer hat Homo floresiensis entdeckt
- 4 Von welcher Menschenart stammt Homo floresiensis ab
- 5 Wie groß waren die Flores-Menschen
- 6 Wie kam Homo floresiensis auf die Insel Flores
- 7 Warum war Homo floresiensis so klein
- 8 Welche besonderen Merkmale hatten die Flores Menschen
- 9 Wie groß war das Gehirn von Homo floresiensis
- 10 Welche Werkzeuge hatte Homo floresiensis
- 11 Konnten Flores-Menschen sprechen
- 12 Kannte Homo floresiensis das Feuer
- 13 Warum ist Homo floresiensis ausgestorben
Steckbrief
Homo floresiensis (Flores-Mensch) | |
Erstes Auftreten: | Pleistozän vor etwa 100.000 Jahren (Altsteinzeit) |
Aussterben: | Pleistozän vor etwa 60.000 Jahren (Altsteinzeit) |
Lebensraum: | Insel Flores, offenen Grasland, bewaldete Biotope (Mosaiklandschaften) |
Vorfahren: | Homo erectus (vermutet) |
Nachfahren: | keine |
Systematik | |
Ordnung: | Primaten (Primates) |
Überfamilie: | Menschenartige (Hominoidea) |
Familie: | Menschenaffen (Hominidae) |
Unterfamilie: | Homininae |
Tribus: | Hominini |
Gattung: | Homo |
Art: | floresiensis (benannt nach der Insel) |
Körperliche Merkmale: | |
Körpergröße: | etwa 1 Meter |
Gewicht: | minimal 15 bis 20 kg, maximal 25 - 30 kg |
Gehirnvolumen: | 426 cm³ |
Körperbau: | klein, schlank |
Lebensweise: | |
Nahrung: | Pflanzen, Wurzeln, Nüsse, tierische Kost (kleinere Nager) |
Lebensweise: | Jäger und Sammler |
Steinwerkzeuge: | ja |
Waffen: | ja |
Feuerbeherrschung: | ja |
Sprachentwicklung: | ungewiss |
Besondere Merkmale | |
Größere Füße im Verhältnis zur Beinlänge | |
längere Arme im Verhältnis zum kleineren Oberkörper |
Was bedeutet Homo floresiensis
Homo ist der Gattungsname, in welchem alle Menschenarten eingeordnet werden. Und eine Gattung ist ein Gruppe, in welchem man verschiedene Tierarten mit gleicher Abstammung zusammenfasst. Die Gattung der Menschen heißt Homo (deutsch: Mensch).
Nach dem Gattungsnamen folgt die Eigenbezeichnung für die jeweilige Tierart. Der Jetztmensch heißt Sapiens aus der Gattung Homo (Homo sapiens). Demnach setzt sich der Artname immer aus dem Gattungsnamen und der spezifischen Bezeichnung für die Art zusammen.
Beim Homo floresiensis wählte man als Eigenbezeichnung den Fundort, an denen man dessen Fossilien fand. Dies ist nicht ungewöhnlich. Denn auch der Neandertaler ist nach dem Fundort (Neandertal) benannt, genauso wie der Heidelbergmensch (Heidelberg).
Demnach bedeutet Homo floresiensis übersetzt: Mensch aus Flores. Der wissenschaftliche Artname ist übrigens immer Lateinisch.
Wer hat Homo floresiensis entdeckt
Das erste Exemplar eines Homo floresiensis wurde am 2. September 2003 auf Flores entdeckt. Das Entdeckerteam suchte eigentlich Beweise für die Migrationsroute des modernen Menschen von Asien nach Australien.
Geleitet wurde das Team von Mike Morwood und Thomas Sutikna vom Indonesian Centre for Archaeology in Jakarta. In der Liang Bua-Höhle entdeckte das Team einen vollständig erhaltenen Schädel eines Kleinwüchsigen. Das Fossil bezeichnete man als LB1.
In den nächsten Tagen wurde die gesamte Fläche um die Fundstelle abgesucht. Man fand die meisten seiner Knochen, darunter einige Röhrenknochen und den passenden Unterkiefer zum Schädel. Anhand der Breite des Beckens konnte die Forscher erkennen, dass es sich um eine Frau handelte. Durch Begutachtung der Zähne (Abnutzung) konnte sie auf das Alter schließen.
Beim Skelett handelte es sich um eine 34 Jahre alte Frau. Das Fossil erhielt zunächst den Namen „Little Lady of Flores“ bzw. den Spitznamen: Flo.
Am 28. Oktober 2004 erfolgte die Erstbeschreibung im Nature-Fachmagazin. Der Fund glich einer Sensation und die Medien berichteten über einen gefundenen Hobbit.
Weitere Ausgrabungen in der Höhle Liang Bua waren ergiebig. Denn man fand die Überreste von insgesamt 14 verschiedenen Individuen. Demnach war die Flores-Frau keine Anomalie, sondern tatsächlich ein Individuum einer eigenständigen Menschenart.
Von welcher Menschenart stammt Homo floresiensis ab
Die Abstammung von Homo floresiensis ist noch nicht vollständig geklärt. Man nimmt aber an, dass Homo erectus vor 1 Mio. Jahren auf Flores lebte. Und demnach hält sich die Hypothese, dass die Flores-Menschen von dieser Frühmenschenart abstammen.
Gestützt wird diese Hypothese durch Funde. Denn 2016 fand man in der Fundstätte Mata Menge, welche etwa 74 km von der Liang Bua Höhle entfernt ist, weitere Überreste einer bisher unbekannten Menschenart.
Die Fragmente gehörten zu mindestens 3 verschiedenen Individuen. Unter den Fundstücken befanden sich auch Milchzähne von mindestens zwei Kindern. Bis heute wurden in Mata Menge zehn Fossilien geborgen. Deren Alter beträgt allerdings 740.000 Jahre. Wohlmöglich gehören die Fossilien zu den Vorfahren von Homo floresiensis.
Untersuchungen ergaben, dass der Schultergürtel eines Flores-Menschen sehr dem eines Homo erectus ähnelt. Die Form des Schädels ähnelt wiederum Homo ergaster.
Weitere Untersuchungen machte 2005 die US-Anthropologin Dean Falk. Sie untersuchte die innere Schädeloberfläche und bemerkte dabei große Gemeinsamkeiten zum Erectus, insbesondere des Java-Menschen (Homo erectus Variante).
All dies führte zu dem Schluss, dass man den Flores-Menschen in eine Abstammungslinie zum Homo erectus stellte. Aber eindeutig geklärt, ist dies noch längst nicht. Denn es existiert noch eine zweite Meinung. So glaubt ein Teil der Forscher, dass vor etwa 1,8 Mio. Jahren einige Exemplare des Australopithecus oder kleinere Urmenschen, wie Homo habilis aus Afrika auswanderten und nach Flores gelangten.
Auch diese Hypothese stützt sich auf Tatsachen. Denn die Fußknochen vom Flores-Menschen haben große Ähnlichkeit zu den Fußknochen archaischer Menschenarten. Gegner behaupten, dass die Fußknochen lediglich das Ergebnis einer evolutionären Konvergenz (Umkehrung) sind und auf Nachbarinseln keine Habilis-Verwandte nachgewiesen sind. Deshalb tendiert man zum Erectus als Vorfahren.
Wie groß waren die Flores-Menschen
Anhand der gefundenen Knochenfragmente lässt sich eine mögliche Größe rekonstruieren. Man nimmt an, dass Homo floresiensis im Durschnitt etwa 100 cm groß war. Dies entspricht in etwa der Größe eines Australopithecus. Auch Homo habilis war in etwa so groß. Das Körpergewicht eines Erwachsenen betrug etwa 16 bis 29 kg.
Wie kam Homo floresiensis auf die Insel Flores
Die Insel Flores gehört zu den Sundainseln. Im Süden grenzt die Sawusee, ein Randmeer des Pazifiks, an die Insel. Der Norden der Insel ist begrenzt durch die Bandasee, welche ebenfalls ein Randmeer des Südpazifiks ist.
Während der Eiszeiten sank der Meeresspiegel rundum die Sundainseln deutlich. Deshalb waren viele Inseln mit Hinterindien verbunden. Diese zusammenhängende Landmasse wird als Sundaland bezeichnet. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Vorfahren von Homo floresiensis so über die Inseln ausbreiten konnten. Flößerei war vermutlich dennoch nötig, um kleine Wasserabschnitte zu überwinden.
Warum war Homo floresiensis so klein
Isolation ist in der Biologie ein Evolutionsfaktor, welcher bei der Artentstehung mitwirkt. So entwickeln sich zwei Populationen einer Ursprungsart ganz unterschiedlich, wenn sie über einen sehr langen Zeitraum getrennt voneinander sind.
Da Inseln ein äußerst begrenzter Lebensraum sind, kommt es dort häufig zu einer Inselverzwergung oder zu einem Inselgigantismus. Erstere war wohlmöglich die Tendenz, welche bei der Artentstehung von Homo floresiensis zum Tragen kam.
Solche Inselverzwergung hat mehrere Ursachen. Zum Einen ist die Größe einer Art von Nachteil, wenn diese als Schutz nicht notwendig ist. Denn ein größerer Körper verlangt mehr Energie als ein kleinerer, weshalb mehr Nahrungsressourcen vorhanden sein müssen.
In einem begrenzten Lebensraum – wie einer Insel – wird die Anzahl an Individuen einer Art ganz natürlich mit dem Ressourcenangebot (Nahrung, Nistplätze usw.) reguliert. Und da kleinere Lebewesen weniger Ressourcen beanspruchen, können mehr Individuen bis zur Ressourcengrenze koexistieren.
In Gebieten außerhalb der Wohlfühltemperatur einer Art ist eine kleinere Körpergröße von Vorteil, da die Wärmeregulierung leichter fällt. Ist es sehr kalt, können sich kleinere Lebewesen besser warm halt. Und ist es sehr heiß, können sich kleinere Lebewesen besser abkühlen.
Die Größe einer Art ist nur dann von Vorteil, wenn es sehr viele Konkurrenten und Fressfeinde gibt. Denn Größe bietet Schutz und Dominanz.
In der Urzeit (lange vor dem Menschen) wurden Lebewesen immer größer, weil es einen Superkontinent gab und somit der Lebensraum geografisch weniger begrenzt war. Zudem gab es ausreichend Ressourcen so dass die Arten in ihrer Körpergröße hochrüsten konnten.
Bei Homo floresiensis nimmt man an, dass die Inselverzwergung eine evolutionäre Anpassung war – da die Konkurrenz fehlte, Ressourcen knapp waren und durch die Verringerung der Lebensgröße die biologischen Vorteile überwogen.
Welche besonderen Merkmale hatten die Flores Menschen
Neben der Körpergröße ist die Armlänge eine Besonderheit. Denn die Arme waren im Verhältnis zum Rest des Körpers deutlich länger als bei modernen Menschen. Das Verhältnis unterscheidet sich auch zu allen heutige Menschenaffen und erinnert an Paviane-Arme.
Auch das Fuß-Bein-Längenverhältnis war anders als bei heutigen Menschen. Die Füße waren gegenüber Beinen deutlich größer. Man nimmt daher an, dass Flores-Menschen nicht besonders schnell rennen konnten.
Im Jahr 2008 wies eine australische Studie daraufhin, dass das Skelett eines Flores-Menschen deutliche Übereinstimmungen hat mit Menschen, welche am angeborenen Jodmangelsyndrom leiden. Die Forscher schlossen daraus, dass die Umbildungen im Skelett eine Folge von Mangelernährung sein könnten.
Wie groß war das Gehirn von Homo floresiensis
Das Gehirnvolumen des Homo floresiensis betrug etwa 426 cm³, weshalb etwa halb so groß war, wie das von Homo erectus (etwa 850 cm³). Die meisten Forscher gehen davon aus, dass diese Verkleinerung ein Begleiteffekt der Inselverzwergung war. Ein kleineres Gehirn verlangt dem Organismus weniger Energie ab, weshalb das Schrumpfen ebenfalls von Vorteil gewesen sein könnte.
Welche Werkzeuge hatte Homo floresiensis
Afrika gilt als Wiege der Menschheit und die afrikanischen Vorfahren des Flores-Menschen kannten bereits Chopper, Faustkeile und andere Steinwerkzeuge. Die ältesten Werkzeuge, welche man auf Flores fand, waren etwa 1. Mio. Jahre alt. Vergleiche zu Steinartefakten, welche man in Osttimor fand, weisen technologische Gemeinsamkeiten auf.
Als das Forschungsteam von 2003 die Steinwerkzeuge bei der Höhle Liang Bua entdeckte, schrieben sie: „as if fitted to tiny hands“ (deutsch: „als wären sie für kleine Hände gemacht).
Viele der gefundenen Steinwerkzeuge waren aus Vulkangestein oder Feuerstein gefertigt. Die Abschläge waren recht einfach. Unter den Werkzeugen befanden sich auch solche, welche als Jagdwaffen gedient haben könnten: Steinmesser, Speerspitzen aus Feuerstein.
Konnten Flores-Menschen sprechen
Lange ging man davon aus, dass lediglich der Jetztmensch zu Sprache fähig ist. Dem Neandertaler schrieb man die Sprachentwicklung ab, bis man ein gut erhaltenden Zungenbein bei einem Fossil fand. Ob Homo erectus sprechen konnte, wird von nicht wenigen Forschern angenommen, doch der archäologische Beweis dafür fehlt. Für die Flores-Menschen fehlt ebenfalls der Beweis zur Sprachentwicklung.
Kannte Homo floresiensis das Feuer
Die Feuerbeherrschung geht auf Homo erectus bzw. Homo ergaster zurück. Demnach brachten die Vorfahren des Homo floresiensis das Wissen zur Feuerzähmung mit auf die Insel. Zudem fand man einigen Fundschichten von Homo floresiensis diverse Reste von Holzkohle, was als archäologischer Beweis dient – dass die Flores-Menschen auch das Feuer beherrschten.
Warum ist Homo floresiensis ausgestorben
Vor etwa 60.000 oder 50.000 Jahren starb Homo floresiensis aus. Zu diesem Zeitpunkt erreichte der Jetztmensch die Insel Flores. Beide Ereignisse setzen die Forscher in einen direkten Zusammenhang.
Wohlmöglich war der Flores-Mensch für den Jetztmenschen zu ähnlich, um ihn zu ignorieren und zu unterschiedlich um ihn zu dulden. Demnach wäre Völkermord eine mögliche Ursache für das Aussterben.
Eine andere Theorie geht von biologischen Ursachen aus. Jetztmensch und Flores-Mensch konkurrierten in der gleichen ökologischen Nische. Und in der Biologie führt Nischenkonkurrenz immer zu einem Überleben der dominanten Art und zum Ausweichen der unterlegenen Art.
Da aber die Insel Flores rein geografisch schon sehr begrenzt ist, konnte die Rückzugsstrategie auf andere Nischen (andere Nahrung, Nachtaktiv usw.) für den Flores-Menschen nicht funktionieren. Demnach musste der Jetztmensch den Flores-Mann nicht aktiv ausrotten, sondern lediglich seine Ressourcen beanspruchen, um so dessen Lebensgrundlage zu nehmen.