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Aurignacien


Das Aurignacien ist die älteste Kultur des Jungpaläolithikums, dem letzten Abschnitt der Altsteinzeit. Jene Kultur wird mit dem Cro-Magnon-Menschen und dessen Ankunft in Europa in Verbindung gebracht. Demnach begann die Aurignacien-Zeit vor etwa 45.000 Jahren und endete mit dem Aussterben des Neandertalers vor etwa 30.000 Jahren. Während der Aurignacien-Zeit kam es zur Fortpflanzung zwischen Neandertaler und Cro-Magnon-Menschen, weshalb sich Neandertaler-Gene im Erbgut heutiger Europäer wiederfinden.

Steckbrief

Aurignacien
Bedeutung:Kulturstufe, archäologische Kultur
Beginn:vor etwa 42.000 Jahren
Ende:vor etwa 30.000 Jahren
Erdgeschichte:Pleistozän
Geschichtsepoche:Jungpaläolithikum (jüngere Altsteinzeit)
Vorgänger:Moustérien (Neandertaler-Kultur)
Nachfolger:Gravettien
Klimaereignisse:Laschamp-Ereignis
Ausbruch der Phlegräischen Felder
Verbreitung:Süd-,West- und Mitteleuropa
Kulturträger:Cro-Magnon-Mensch (Homo sapiens Linie)
Merkmale:Entwicklung von Kunst und Kultur
Venusstatuetten als Symbol diese Epoche
Leitfunde:Kleinkunst aus Knochen, Elfenbein oder Holz
neue Klingentechnik, Geschossspitzen aus Knochen

Was bedeutet Aurignacien

1860 fand Édouard Lartet in einer Höhle im französischen Aurignac diverse Steinwerkzeuge, welche man dem Cro-Magnon-Menschen (Homo sapiens) zuordnen konnte. Gleichwohl waren es die ersten Nachweise von Homo sapiens in Europa. Der Name des Fundortes wurde zum Namensgeber für die Aurignacien-Kultur und die Zeitepoche, in welcher diese Kultur bestand.

Was war vor dem Aurignacien

Die Kulturstufe vor dem Aurignacien wird als Moustérien bezeichnet. Träger dieser Kultur waren die Neandertaler. Das Moustérien begann vor etwa 120.000 Jahren und endete vor etwa 45.000 Jahren. Während der Moustérien-Zeit gab es keine Sapiens bzw. nennenswerte Sapiens-Population in Europa. Mit nennenswert ist gemeint, dass sich diese nicht genetisch verewigt haben.

Was geschah im Aurignacien

Das Aurignacien begann mit einer Einwanderungswelle nach Europa. Die Sapiens kamen aus dem Nahen Osten, fanden über das Schwarze Meer die Donau und wanderten nach Europa ein. Damals war die Donauroute wohlmöglich eine von wenigen Routen, um von Osteuropa nach Zentraleuropa gelangen zu können. Denn der Rest Europas war von Eispanzern bedeckt.

In Zentraleuropa mangelte es nicht an Grünland. Es gab Mammuts, Riesenhirsche und Rentiere. Jenes Großwild stand auf dem Speiseplan der Sapiens und der Neandertaler.

Im Schwarzwald und auf der Schwäbischen Alb muss es eine regelrechte Sammelstelle für frühe Kolonisten gegeben haben. Denn mit der Einwanderung begann dort eine künstlerische Hochzeit. Und solche Blütezeit ist nur möglich, wenn genügend Menschen vorhanden waren, welche Ressourcen und Nahrung beschaffen konnten.

In der Folge entstand auf der Schwäbischen Alb die erste Künstlerkolonie der Menschheitsgeschichte. Die Menschen schnitzten Pferde, Mischwesen – halb Löwe halb Mensch – und sie stellten Musikinstrumente her. Jene Musikinstrumente waren Flöten, geschnitzt aus Vogelknochen.

Löwenmensch von Hohlenstein-Stadel, Bildnachweis: MOUNTAINPIX/shutterstock.com

Löwenmensch von Hohlenstein-Stadel, Bildnachweis: MOUNTAINPIX/shutterstock.com

Eine große Tradition war das Herstellen sogenannte Venusstatuetten, welche einen Frauenkörper mit üppigen Rundungen zeigt. Die Tradition zur Produktion der Venusstatuen bleibt für mehrere Jahrtausende erhalten.

Venus von Willendorf, Bildnachweis: Dan Shachar/shutterstock.com

Venus von Willendorf, Bildnachweis: Dan Shachar/shutterstock.com

Warum kam es im Aurignacien zur Weiterentwicklung der Kunst

Für die Entwicklung der Kunst, während des Aurignacien, gibt es mehrere Erklärungsversuche. Viele Forscher glauben, dass die Wetterbedingungen dafür verantwortlich waren. So langweilten sich die Menschen in den Höhlen, während draußen der Winter tobte. Um Beschäftigung zu haben, widmeten sie sich künstlerischen Projekten.

Eine andere Theorie besagt, dass die Menschen in den Höhlen unter Sauerstoffknappheit litten. Dies führte zu Halluzinationen, zu außerkörperlichen Erfahrungen und zu einer Veränderung von Bewusstseinszuständen. Der Schamanismus wurde so erfunden und die Kunst war eine Huldigung an frühe Schamanen.

Dies erklärt, weshalb die Künstler den Löwenmenschen vom Hohlenstein-Stadel schnitzten. Auch die fülligen Venusstatuetten könnten ein Ausdruck jener Bewusstseinsänderung gewesen sein. Der Mensch schnitzte, was er im Traum sah oder sich wohlmöglich erträumte (volle Bäuche).

Viele Archäologen glauben allerdings auch, dass die Kunstwerke einen Statuseffekt hatten. Man konnte einen möglichen Sexualpartner beeindrucken, wenn man solche Schnitzereien präsentieren konnte.

Warum wanderten die Menschen im Aurignacien nach Europa

Man geht von drastischen Klimaveränderungen zu Beginn der Aurignacien -Zeit aus. So kam es vor etwa 40.000 Jahren zum sogenannten Laschamp-Ereignis, bei dem sich das Erdmagnetfeld kurzzeitig umkehrte. Jene Umkehrung dauerte 250 Jahre und hatte zur Folge, dass mehr kosmische Strahlung die Erde erreichte.

In der Folge kam es zu einigen Wetterphänomen auf der Erde. So weitete sich das Gletschereis in den Anden massiv aus. Der australische Kontinent trocknete aus, was zu einem Massenaussterben in Australien führte. Der Laurentidische Eisschild wuchs, wodurch es in Nordamerika und Eurasien zu einem Kälteeinbruch kam. Dazu traten elektrische Stürme auf, welche den Himmel erleuchten ließen.

In einer Studie aus dem Februar 2021 führen Forscher an, dass während des Laschamp-Ereignisses auch der Gehalt eines radioaktiven Kohlenstoff-Isotops (C14) anstieg. Jene atmosphärischen Veränderungen werden auf den Abbau der Ozonschicht zurückgeführt.

Es kam zu einer weltweiten Umweltkrise. Während sich auf der Südhalbkugel die Monsunwinde verlagerten, kühlte die Nordhalbkugel extrem ab. Um dem Eis zu entfliehen, wanderten die Menschen an der Donau entlang nach Zentraleuropa ein.

Wie endete das Aurignacien

Erschwerend hinzu kam, dass vor etwa 39.000 Jahren ein Supervulkan in der Nähe des Vesuvs (Italien) ausbrach. Die Region ist übersät mit Vulkanen, weshalb man von den Phlegräischen Feldern spricht.

Als diese Vulkane ausbrachen, verdunkelte sich der Himmel über ganz Europa und kühlte das Klima nochmal zusätzlich ab. Vulkanasche breitete sich bis nach Russland aus. An vielen Stellen war der Ascheregen so massiv, dass sich eine meterdicke Ascheschicht ergab.

Trinkwasser wurde giftig und die Vegetation, ging aufgrund der fehlenden Sonneneinstrahlung, zurück. Waren die Lebensbedingungen in Europa bis dahin nur sehr rau gewesen, wurden sie nun tödlich.

Es setzte vor 36.000 Jahren ein Massenaussterben der Tierwelt ein. Dadurch verschwanden afrikanische Tiere, wie Hyänen, Höhlenbären, Höhlenlöwen und Nilpferde aus Europa. An ihrer Stelle rückten später nähere Verwandte aus Eurasien.

Die Aurignacien-Menschen wanderten nach Westen und überlebten auf der Iberischen Halbinsel. Zeitgleich starben die Neandertaler aus. Die Ursache könnte der Vulkanausbruch sein. Man nimmt allerdings vielerlei Gründe an, warum die Neandertaler-Population stetig zurückging. Aber der Vulkanausbruch könnte dem Neandertaler einen endgültigen Todesstoß versetzt haben, wodurch auch die letzten Vertreter dieser Art starben.

Was kam nach dem Aurignacien

Auf das Aurignacien folgte das Gravettien, welches etwa 32.000 v.Chr. begann. Nachdem sich Klima und Vegetation etwas erholt hatten, wanderten wieder Menschen nach Zentraleuropa ein. Diese waren besser an das kalte Klima angepasst als ihre Vorgänger. Der genaue Ursprungsort der Gravettien-Menschen ist unklar, jedoch weiß man – dass sie aus dem Osten kamen.

Warum ist das Aurignacien so wichtig

Die Aurignacien-Menschen, welche auf die Iberische Halbinsel flohen – überdauerten dort bis zum Ende des Letzteiszeitlichen Maximums (18.000 v.Chr.). Dann kamen sie nach Mitteleuropa zurück.

Zwar gibt es keine Daten zur Zeit des Letzteiszeitlichen Maximums (24.000 – 18.000 v.Chr.), aber in der Zeit danach. Und die genetischen Daten der Spanier und Portugiesen, welche vor 18.000 Jahren lebten – stimmen mit den genetischen Daten der Aurignacien-Menschen überein.

Offenbar zogen diese vor etwa 32.000 Jahren in den Südwesten, um im Schutz der Pyrenäen zu überwintern. Jene spanischen und portugiesischen Gene sind heute noch im Genom der Europäer enthalten. Demnach sind die Aurignacien-Menschen die genetischen Vorfahren heutiger Europäer.

Die Gravettien-Menschen (auch Homo sapiens) wiederum starben während des Letzteiszeitlichen Maximums aus. Das vermutet man. Denn im Genom heutiger Europäer finden sich keine Genanteile, welche zu den Gravettien-Menschen passen.


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