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Nationalstaat


Ein Nationalstaat ist ein Staat, dessen Bürger sich in ihrer gemeinsamen Sprache, Kultur, Geschichte und ihrem Brauchtum als eine Einheit verstehen, wodurch das Bewusstsein einer gemeinsamen Nationalität entsteht. Der Nationalstaat ist das Gegenmodell zum Vielvölkerstaat.

Steckbrief

Name:Nationalstaat, Einvolkstaat
Bedeutung:Staat mit homogener Bevölkerungsstruktur und gemeinsamer Nationalität
Gegenstück:Nationalitätenstaat, Vielvölkerstaat
Beispiele:sämtliche Länder Europas
Entstehung:im 18. und 19. Jahrhundert mit Aufkommen des Nationalismus

Was ist ein Nationalstaat

Ein Nationalstaat ist ein Staat oder Land, dessen Bevölkerung zum überwiegenden Teil einer Nationalität entspricht. Ist das Staatsvolk in seiner Nationalität verschieden, liegt ein Vielvölkerstaat vor.

Die Bundesrepublik Deutschland ist bspw. ein Nationalstaat, da der überwiegende Teil der Bevölkerung deutscher Abstammung und Herkunft ist. Anders ausgedrückt: In Deutschland existieren keine großen Gruppierungen, welche sich diesem Staat nicht zugehörig fühlen. Demnach ist der Nationalstaat und auch die Nationalität ein Konstrukt, welches durch innere Einstellung und inneres Zugehörigkeitsgefühl jedes einzelnen Bürgers getragen wird.

Welche Merkmale hat ein Nationalstaat

Die meisten Bürger in einem Nationalstaat haben ein Wir-Gefühl, eine gemeinsame Identität – welche eng an die Nation gekoppelt ist. So fühlen sich die meisten Bürger in Deutschland als Deutsche, sind von ihrer inneren Haltung her deutsche Staatsbürger und fühlen sich mit der Bundesrepublik mental verbunden.

Förderlich für einen Nationalstaat sind neben der nationalen Identität auch andere Gemeinsamkeiten, wie gleiche Religion oder gleiches Brauchtum.

In einem Nationalstaat wird das nationale Bewusstsein durch den Staat gefördert, indem es nationale Feiertage (z.B. Tag der Wiedervereinigung), eine Nationalflagge, nationale Gedenkstätten und andere Nationalsymbole (Nationalhymne, Nationalwappen) gibt.

Wie entsteht ein Nationalstaat

Um einen Nationalstaat zu gründen, muss eine Nation (Volk mit gleicher Nationalität) und ein Staat vorhanden sein. Ein Staat wiederum besteht aus einem Staatsterritorium, einer Staatsregierung und einem Staatsvolk. Letzteres besteht wiederum aus Menschen mit gleicher Nationalität. Durch Gesetze wird dann ein Nationalstaat gegründet, indem sich alle Bürger des Landes auf eine gemeinsame Sprache, Wertvorstellung und Ähnliches einigen. Grundlage des heutigen deutschen Nationalstaates ist das Grundgesetz, welches zugleich die Verfassung des Landes ist.

Seit wann gibt es Nationalstaaten

Die Idee von Nationalstaaten entstand in Europa während der Neuzeit. Vorher gab es keine gemeinsame Identität als Nation, sondern lediglich als Volk oder Sippengemeinschaft. So existierten auf dem Staatsterritorium des heutigen Deutschlands im Mittelalter noch staatliche Konstrukte, welche sich nicht als Einheit verstanden. (Königreich Sachsen, Königreich Bayern).

Noch im Dreißigjährigen Krieg (1618-48) kämpfte das Heilige Römische Reich mit einem deutschen Kaiser an der Spitze gegen das Kurfürstentum Sachsen oder die Landgrafschaft Hessen-Kassel. Beide Staaten sind heute Teil der deutschen Bundesrepublik. Doch damals war ein gesamtdeutscher Nationalstaat noch weit entfernt und noch nicht einmal gedacht worden.

Durch das Aufkommen des Nationalismus im 19. Jahrhundert wurde das Nationalstaatsprinzip als geistiges Konstrukt geboren. Ziel war es, entfernte und zersplitterte Territorien miteinander zu vereinen. Dadurch sollten einheitliche Sprachen in einem gewissen Gebiet als Verkehrssprachen geschaffen werden. Dies wiederum sollte der Wirtschaft dienen, indem Handel und Administration effektiver werden.

Im 18. Jahrhundert war das Wirtschaftsmodell noch der Merkantilismus und das Staatsmodell war der Absolutismus. Beide Modelle verschlangen Unsummen an Geld, waren aber miteinander verknüpft. Das bedeutet, dass es ohne Merkantilismus keinen Absolutismus gegeben hätte. Dennoch brachen die Volkswirtschaften in Europa zusammen, weshalb man dringend die oben beschriebenen Handelszonen brauchte.

Aufgrund der Unterversorgungen und hohen Staatsschulden fand der Nationalismus großen Anklang in Europa. Schnell wurden Minderheiten als Ursache des Übels ausgemacht, wodurch der Nationalismus als Idee einer einheitlichen Staatsbevölkerung an Zulauf gewann.

Und schließlich waren auch verschiedene Kriege in Europa darauf zurückzuführen, dass sich Völker mit gleicher Abstammung nicht als Einheit sondern als Feinde verstanden, welche um Ressourcen (Land, Vermögen, Titel) stritten. Durch die Nationalstaaten, welche in Europa im 19. Jahrhundert entstanden – wurden diese innervölkischen Streitigkeiten begraben.

Welche Staaten sind keine Nationalstaaten

Sämtliche Staaten, in denen verschiedene Ethnie um das Vorrecht im Staat kämpfen, sind keine Nationalstaaten. Die Länder Afrikas waren bis ins 20. Jahrhundert noch europäische Kolonien. Die Europäer setzen eine Ethnie des jeweiligen Landes als Verwalter ein und gaben ihnen gewisse Privilegien. Das privilegierte Volk herrschte dann über andere Ethnien im Land.

Als die Europäer im 20. Jahrhundert die Kolonialherrschaft aufgaben, diese Länder zu souveränen Staaten wurden – kam es zu Bürgerkriegen und Genoziden. Der Grund war, dass die bis dahin privilegierte Ethnie – ohne europäische Militärunterstützung – der unterdrückten Ethnie ausgeliefert war.

Viele Genozide und Kriege, wie der Völkermord in Ruanda (1994), der Nahostkonflikt oder die Jugoslawienkriege – haben ihre Ursache im Nichtvorhandensein eines Nationalstaates mit homogener Bevölkerungsstruktur.

Prominente Staaten, welche keine Nationalstaaten darstellen, sind:

  • Russland
  • die Volksrepublik China
  • Indien
  • Iran
  • oder Südafrika

Wann wurde Deutschland ein Nationalstaat

Die Bundesrepublik Deutschland wurde am 23. Mai 1949 gegründet und bildete den Nationalstaat der Westdeutschen. Ebenfalls im Jahr 1949 (7. Oktober) wurde die DDR geründet und bildete den Nationalstaat der Ostdeutschen. Durch die deutsche Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 wurden die Ostdeutschen in die BRD integriert, wodurch sich eine gesamtdeutsche Nation ergab.

Der Vorgängerstaat zum heutigen Deutschland war das Deutsche Reich, welches ebenfalls als Nationalstaat gegründet wurde. Die deutsche Reichsgründung geschah 1871 durch Reichskanzler Otto von Bismarck und gilt als Entstehung des deutschen Nationalstaates. Zuvor gab es den deutschen Bruderkrieg von 1866 zwischen vielen deutschen Staaten, dem deutschen Bund und dem preußischen Staat. Der Staat Preußen wurde dann im Deutschen Reich (1871) zur Führungsmacht und stellte den deutschen Kaiser.

Wann wurde Italien ein Nationalstaat

Das Risorgimento (deutsch: Wiedererstehung) ist eine Epoche der italienischen Geschichte, welche 1815 begann. Diese Epoche begann mit den Beschlüssen des Wiener Kongresses (1814/15), welcher die Machtverhältnisse in Europa nach den Napoleon-Kriegen neu ordnete. Im Zuge des Wiener Kongresses sollten die Fürstentümer auf der italienischen Halbinsel zusammengeführt werden. Darunter waren das Königreich Sizilien, Königreich Sardinien, das Großherzogtum Toskana oder das Königreich Venetien.

Fortan strebte Italien nach einer Nationalstaatlösung, welche 1861 mit dem Ausruf des Königreichs Italien vollzogen wurde. Im Jahr 1870 wurde dann der Kirchenstaat militärisch eingenommen, wodurch Rom ab 1871 zur Hauptstadt wurde. (vorher Florenz ab 1864, davor Turin zwischen 1861 bis 1864).

Was ist der Unterschied zwischen Nation und Nationalstaat

Eine Nation ist das Staatsvolk in einem Nationalstaat, welches sich über eine gemeinsame Nationalität definiert. Die Nationalität ist im rechtlichen Sinne die Staatsangehörigkeit und äußert sich in einem Zugehörigkeitsgefühl, welche sich durch gemeinsame Werte, Sprache, Identität und Geschichtsbewusstsein einstellt.