Freie Marktwirtschaft (Geschichte)
Die freie Marktwirtschaft ist ein Wirtschaftssystem bzw. eine Wirtschaftsordnung, welche auf wenig staatlichen Einfluss setzt. Der Markt soll sich durch Angebot und Nachfrage selbst regeln. Man spricht auch von der Unsichtbaren Hand des Marktes.
Inhalt
Entstehung der freien Marktwirtschaft
Die Idee der freien Marktwirtschaft entstand im Zeitalter der Aufklärung. Ein früher Verfechter war Adam Smith (1723 – 1790), welcher eine minimale Einmischung von Staat und Regierung befürwortete.
Die Wirtschaftsmodelle des Mittelalters waren Feudalismus und Merkantilismus. Beide Systeme setzten auf Abschottung einer nationalen Volkswirtschaft, welche von staatlicher Seite gelenkt wurden.
Ein Merkmal des Merkantilismus waren hohe Zölle, welche bewirken sollten – dass die einheimische Wirtschaft geschützt wird und die Handelsbilanz positiv ausfällt.
Das merkantilistische System bewirkte im 18. Jahrhundert, dass die Wirtschaft sich nicht frei entwickeln konnte. Eine Unterversorgung von Alltagsgegenständen, Rohstoffen und Nahrungsreserven war die Folge. Größere Krisen wurden auch wirtschaftlich ausgelöst (Französische Revolution), da die Menschen keine Brotpreise mehr zahlen konnten.
Der freien Marktwirtschaft ging die Theorie von den Absoluten Kostenvorteilen voraus, welche ebenfalls von Adam Smith stammt. Laut dieser Theorie haben die verschiedenen Länder eine unterschiedliche Produktivität. Demnach machte es durchaus Sinn, aus Ländern mit hoher Produktivität (geringen Kosten) diverse Artikel zu importieren, da die Produktion im eigenen Land viel teurer ausfallen würde.
Die freie Marktwirtschaft sollte das Gegenmodell zu den staatlichen Wirtschaftsmodellen sein. Der Staat sollte sich weitestgehend raushalten, Handelsbilanzen sollten vernachlässigt werden und allein der Markt sollte das Wirtschaftsgeschehen regeln.
Innerhalb dieses Systems sollte jeder Wirtschaftsakteur sich selbst überlassen werden. Laut Adam Smith sollte das Eigeninteresse von Konsumenten, Produzenten und Händlern sowohl die Angebots- als auch die Nachfrageseite regeln. Die individuelle Freiheit des Einzelnen sollte Innovationen schaffen, Konkurrenz erzeugen und somit das Wirtschaftsgeschehen beleben.
Im englischen Rechtssystem spiegelten sich die wirtschaftlichen Forderungen bereits wider, weshalb die freie Marktwirtschaft am Ende des 18. Jahrhunderts den Merkantilismus in England ersetzte. In anderen europäischen Staaten wurde die Wirtschaft später ähnlich angestoßen.
Freie Marktwirtschaft und industrielle Revolution
Die industrielle Revolution breitete sich ab Mitte des 18. Jahrhunderts aus. Sie begann in Großbritannien, weitete sich dann nach Kontinentaleuropa und in die Vereinigten Staaten aus.
Ein Merkmal der industrielle Revolution war, dass die Produktionsarbeit nicht mehr manuell von Handwerkern verrichtet wurde, sondern durch Fertigungsmaschinen. Die Weiterentwicklung der Dampfmaschine durch James Watt (1769) wurde zur Schlüsselindustrie, um Maschinen mechanisch eintreiben zu können.
Die Handwerksbetriebe konnten bei der Produktivität einer industriellen Fertigung nicht mithalten, verursachten somit höhere Stückkosten und waren nicht wettbewerbsfähig. Der Freihandel, welche die Marktwirtschaft einforderte, sorgte dafür – dass Rohstoffe günstig importiert werden konnten. In den Industrieländern wurden die Rohstoffe mit Betriebsstoffen kombiniert, wodurch Waren entstanden – welche man teurer im Inland verkaufen oder ins Ausland exportieren konnte.
Die Industriellen lösten die Kaufleute als dominanten Faktor ab. Somit starb die Zunft der Patrizier aus, aber auch sämtliche Handwerkszünfte wurden abgeschafft. Denn die Handwerker brauchten sich nicht mehr organisieren, um ihre Preise am Markt mitbestimmen zu können. Ihre Produktion wurde nutzlos, da die industrielle Fertigung bereits eine Überversorgung zu Niedrigpreisen garantierte.
Der Industriekapitalismus bewirkte die Hingabe zur Fabrikfertigung, zu einer komplexen Arbeitsteilung und Spezialisierung. Diese industriellen Reformen begannen zuerst in der Textilfertigung in England, weiteten sich aber schnell über alle Wirtschaftssektoren aus.
Freie Marktwirtschaft und Manchesterkapitalismus
Als Manchesterkapitalismus bezeichnet man eine Phase während der industriellen Revolution in England. Dort bewirkte die unsichtbare Hand des Marktes, dass Industrielle ihre Arbeiterschaft zunehmend ausbeuteten. So wurden Kinderarbeit, Hungerlöhne und willkürliche Behandlung zur gängigen Methoden.
Heute verwendet man dem Begriff als Synonym für Ausbeutung und Profitgier.
Doch die freie Marktwirtschaft, ohne staatliche Eingriffe, machte solche Verhältnisse möglich. Die Arbeiter wurden nicht nennenswert geschützt, wodurch die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinanderging.
Das Land, in welchem die industrielle Revolution begann, war zugleich das Land mit der ersten Arbeiterbewegung. Die Arbeiter prangerten die schlechten Arbeitsbedingungen, die Niedriglöhne und den fehlenden politischen Willen an.
Die soziale Frage in der freien Marktwirtschaft
Um die soziale Frage zu klären, stritten verschiedene politische Strömungen miteinander. Der Kommunismus forderte die Verstaatlichung von Betrieben. Die Arbeiter (Proletarier) sollten laut Karl Marx eine Revolution anstoßen, welche das kapitalistische System weltweit in ein klassenloses System überführt.
Ein Merkmal der freien Marktwirtschaft war das Privateigentum an Fabriken und Industriefertigungsanlagen. Laut den Kommunisten sollten die Industriellen enteignet werden und die Betriebe den Arbeitern übergeben werden. Dann sollten weiterhin Produkte gefertigt werden, um die Bevölkerung zu versorgen – aber mit der Prämisse – dass die Wohlfahrt aller Menschen nicht gefährdet werden würde.
1848 veröffentlichte Karl Marx das Manifest der Kommunistischen Partei, welches ein Grundsatzpapier des Befreiungskampfes werden sollte. Im Jahr 1867 erschien ein zweites Buch von Karl Marx, welches den Titel: Das Kapital trägt. In diesem Buch macht er deutlich, dass eine Klassengesellschaft durch Anhäufung von Kapital entstehe und dass die Verteilung dieses Kapitals eine Kernaufgabe der Arbeiterklasse sei.
Rückgang und Wiederkehr der freien Marktwirtschaft
Im 20. Jahrhundert stellten die europäischen Staaten ihr Wirtschaftssystem um. Grund waren die beiden Weltkriege, der Kolonialismus und andere Krisen. Die Kriegswirtschaft forderte ein, dass Exporte abnahmen und die Rohstoffversorgung im eigenen Land sichergestellt werden musste. Die Volkswirtschaften setzen auf Abschottung.
Eine Folge des Ersten Weltkriegs war, dass Europa seine Führungsrolle in der Welt an die USA verlor. Und am Ende des Zweiten Weltkriegs löste der US-Dollar den englischen Pfund als Leitwährung ab. Doch die europäische Wirtschaft sollte nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut werden. Dazu wurde 1948 der Marshallplan verabschiedet, welche US-Finanzhilfen für Europa vorsah.
Mit dem Wiederaufbau wurde auch das Wirtschaftssystem neu liberalisiert. Der Neoliberalismus aus den USA förderte den Freihandel zwischen den USA und Europa, machte das Wirtschaftswunder in den 1950-er Jahren möglich.
Als Gegenentwurf zur freien Marktwirtschaft etablierte sich in Osteuropa ein Wirtschaftssystem, welches staatlich gelenkt wurde. Der sogenannte Ostblock basierte auf den Ideen von Karl Marx und sah eine Zentralverwaltung durch den Staat vor. Sämtliche Betriebe waren verstaatlicht und das Wirtschaftsgeschehen wurde durch staatliche Vorgaben erfüllt.
Durch die Planung des Staates und der strikten Planeinhaltung durch die Betriebe wird die Zentralverwaltungswirtschaft auch Planwirtschaft genannt.
Planwirtschaft bestand in DDR und allen europäischen Staaten östlich davon. Die Sowjetunion sah sich als Schutzmacht gegenüber dem Westen und deren liberalen Wirtschaftssystem. Mit dem Zusammenbruch des Ostblocks (1989/90) gewann die freie Marktwirtschaft gegenüber der Planwirtschaft. Als Grund für den Zusammenbruch wird das Wettrüsten zwischen der USA und der Sowjetunion diskutiert, welches für die Sowjetunion irgendwann nicht mehr finanzierbar war.
Heutige freie Marktwirtschaft
Die absolut freie Marktwirtschaft gibt es solches nicht mehr. In allen Ländern ging man mehr oder weniger zu einer sozialen Marktwirtschaft über. Demnach überlässt man dem Markt weitestgehend das Wirtschaftsgeschehen, greift aber mit staatlichen Unterstützungen (Subventionen) und Gesetzen ein.
Die Politik gibt die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft vor, in welcher sich der Markt weitestgehend frei bewegen soll. Aber durch Bürokratie werden zusätzliche Hindernisse für die Akteure geschaffen, welche das freie Wirtschaftsgeschehen behindern.
Die soziale Frage ist durch staatliche Versicherungen (Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Krankenversicherung) geklärt.