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Unterschied Historische Quellen und Darstellungen


Wenn Wissenschaftler versuchen, die Vergangenheit besser verstehen zu können, greifen sie häufig auf historische Quellen oder Darstellungen zurück. Diese bieten einen zeitgenössischen Einblick in die vergangene Welt. Häufig werden diese beiden Hilfsmittel jedoch gleichgesetzt. Dies ist nicht korrekt, da gravierende Unterschiede zwischen ihnen bestehen.

Was bedeutet der historische Quellenbegriff

(siehe auch Hauptartikel: historische Quellen)

Eine historische Quelle ist eine Überlieferung aus der Vergangenheit. Solche Quellen können in verschiedensten Formen auftreten. Meist handelt es sich jedoch um schriftliche Quellen, also Texte, welche bestimmte Ereignisse, Zustände oder auch Denkweisen der Vergangenheit beschreiben. Doch auch Bilder können als historische Quellen herangezogen werden.

Üblicherweise werden historische Quellen in primäre und sekundäre Quellen unterteilt. Eine Primärquelle stellt originales Material dar. Das heißt, dass die enthaltene Information aus erster Hand stammt. Diese Quellen sind nicht gefiltert oder interpretiert. Das heißt jedoch nicht, dass die darin enthaltenen Informationen keine Interpretationen von Dingen beinhalten.

Sekundärquellen hingegen nehmen eine Primärquelle als Ausgangspunkt und gehen auf diese ein. Damit werden also Informationen aus zweiter Hand übermittelt. Meist werden mehrere Primärquellen zusammengefasst, gedeutet und interpretiert.

Was bedeutet der historische Darstellungsbegriff

(siehe auch Hauptartikel: Geschichtsdarstellung)

Unter Darstellungen versteht man Arbeiten, welche die Vergangenheit aus späteren Sichtwinkeln bearbeiten. Sobald eine historische Quelle nicht nur interpretiert, sondern auch rekonstruiert wird, handelt es sich um eine Darstellung.

Damit sind auch historische Aufarbeitungen der Vergangenheit als Darstellungen zu verstehen. Ein gutes Beispiel für solche Darstellungen sind Dokumentarfilme. Diese versuchen zwar, die Vergangenheit anhand verschiedener historischer Quellen (primär und sekundär) zusammenfassend zu erklären, müssen jedoch auch ungewisse Punkte zum besseren Verständnis rekonstruieren.

Darstellungen können auch nur vage an die realen Informationen angelehnt sein und diese sehr weiträumig interpretieren. Als Beispiel hierzu könnte man verschiedene Filme oder Computerspiele nennen, welche rund um eine historische Begebenheit eine fiktive Geschichte erzählen.

Die Trennung von historischen Quellen und Darstellungen

Grundsätzlich sollte in der Forschung eine strikte Trennung stattfinden. In der Praxis ist dies nicht immer sehr einfach möglich. Denn die Grenze kann zum Teil fließend verlaufen.

Insbesondere ältere Darstellungen der Vergangenheit können ihrerseits wiederum als Quellen verwendet werden. Denn diese können die Sichtweise einer (nahen) Vergangenheit auf eine noch ältere Vergangenheit widerspiegeln.

Damit ist also auch die Entstehungszeit einer Quelle oder einer Darstellung für deren Deutung bedeutsam. So wird beispielsweise ein Text über kriegerische Handlungen im antiken Griechenland, welcher um 500 v. Chr. verfasst wurde, als historische Quelle eingestuft. Eine ähnliche Betrachtung derselben Ereignisse, welche jedoch im 20. Jahrhundert entstand, muss als Darstellung interpretiert werden.

In historischen Forschungen ist die Art und Weise, wie diese beiden Arten von Informationen interpretiert werden können und sollen, stark unterschiedlich. Daher ist es von besonders hoher Bedeutung, sich vor der Arbeit mit einem Text klar zu machen, um welche Art der Information es sich handelt. Dies sollte auch in den entsprechenden Zitaten klar gekennzeichnet werden. Denn nur so kann ein außenstehender Leser den eigenen Text bestmöglich nachvollziehen.

Unterschiedliche Nähe zum historischen Geschehen

Die Quelle ist allgemein näher an einem historischen Ereignis als die Darstellung. Das bedeutet, dass Geschichtsquellen einen direkten Verweis zum Geschichtsereignis offenbaren. Die Geschichtsdarstellung stellt die Verbindung zum Ereignis zwar auch her, nutzt dafür aber die Quelle als Verweis.

So ist ein Bild, ein Wandteppich oder eine Vase aus dem Altertum eine historische Quelle. Sobald jemand über diese Gegenstände schreibt, diese bewertet und in den historischen Kontext setzt, ist es eine Darstellung.

Die Mona Lisa von Leonardo da Vinci wäre eine Geschichtsquelle, da man auf dem Ölgemälde die Maltechniken der Renaissance erkennen kann. Außerdem kann man Vermutungen und Theorien über die wahrhaftige Mona Lisa aufstellen. Historiker entwarfen dazu bereits verschiedene Theorien, wonach die Mona Lisa die Ehefrau eines Florentiner Tuchmachers gewesen sein soll und den bürgerlichen Namen Lisa del Giocondo trug.

Andere Historiker vertreten die Theorie, dass die Mona Lisa eine Markgräfin aus der Lombardei (Norditalien) war und den bürgerlichen Namen Isabella d’Este trug. Denn verschiedene Münzprägungen, auf welcher die Markgräfin zu sehen ist, weisen große Ähnlichkeit zur Mona Lisa auf.

Fakt ist, dass die Mona Lisa für die Geschichtswissenschaft eine Primärquelle darstellt, welche untersucht bzw. analysiert wird – wodurch ein direkter Bezug zum historischen Ereignis entsteht.

Leonardo da Vinci malte allerdings auch das Abendmahl. Dieses Bild zeigt, wie Jesus von Nazareth mit seinen Aposteln speist. Laut Bibelerzählung nahmen Jesus und seine 12 Apostel diese Mahlzeit am Abend vor dem Pessach ein. Das Pessachfest ist ein sehr wichtiges Fest im Judentum, erinnert an den Auszug aus Ägypten und an die Befreiung der Israeliten. Da Jesus und seine Apostel ebenfalls Juden waren, feierten sie dieses Fest bei ihrem Einzug in Jerusalem.

Das historische Ereignis fand im Jahr 30 oder 31 n.Chr. statt. Am Abend nach dem Fest wurde Jesus durch den Apostel Judas verraten, von den Römern verhaftet und schließlich gekreuzigt. Da die Mahlzeit die letzte gemeinsame war und die Tischgemeinschaft durch Jesus von Nazareth stets kultiviert und gepriesen wurde, entstanden im späteren Christentum ähnliche Rituale.

Aus dem Abendmahl wurde schließlich Das Letzte Abendmahl, welches seither zahlreich gemalt und nachgestellt wurde.

Leonardo Da Vincis Bild vom letzten Abendmahl ist demnach keine Geschichtsquelle, da der historische Bezug fehlt. Denn schließlich lebte da Vinci circa 1500 Jahre nach Jesu, weshalb er niemals Zeuge dieses Ereignisses war und dieses somit lediglich aus anderen Geschichtsdarstellungen kannte.

Aber da Vincis Abendmahl ist eine historische Darstellung des Ereignisses, bezieht sich auf historische Quellen im Neuen Testament der Bibel. Die Bibelberichte stammen mitunter von den Aposteln und überschneiden sich inhaltlich bei der Darstellung des Abendmahles, wobei die historische Glaubwürdigkeit der Zeugenberichte nicht eindeutig geklärt ist.

Sicher ist, dass das Bild vom Letzten Abendmahl – egal von welchem Males es stammt – lediglich eine Darstellung ist, da die historische Nähe zum tatsächlichen Ereignis fehlt.

Unterschiedlicher Raum für Spekulationen

Historische Darstellungen eines Ereignisses, wie das Abendmahl Jesu, werden im Film und Fernsehen gerne genutzt, um Geschichten darum aufzubauen. So wird da Vincis Abendmahl bspw. im Film „Das Vermächtnis der Tempelritter“ aufgegriffen.

Die Schatzjäger im Film vermuten eine geheime Botschaft, welche da Vinci im Bild versteckt haben muss. So wird die Körperhaltung von Jesus und Maria Magdalena analysiert – welche nebeneinander sitzen – aber voneinander abgewandt sind. Dadurch ergibt sich ein Zwischenraum, welcher einem V oder Kelch ähnelt. Diese Kelchform soll auf den Heiligen Gral hindeuten.

Geschichtsdarstellungen bieten immer Spielraum für Spekulationen, da – anders als bei historischen Quellen – niemals der Wahrheitsgehalt geprüft wurde. Historische Quellen hingegen werden einer Quellenkritik unterzogen, um die Echtheit zu prüfen. Denn jede historische Quelle soll als Puzzlestück für die Geschichtswissenschaft dienen.

Unterschiedliche Handhabung bei der wissenschaftlichen Arbeit

Historische Quellen können Bilder, Vasen, alte Rechnungen, Urkunden, Gesetzestexte oder ganze Gebäude sein. Denn all diese Gegenstände können als Zeugnis für die Geschichte dienen. Aber um als historische Quelle verstanden zu werden, müssen diese Gegenstände bestimmte Qualitätsmerkmale aufweisen. Und deshalb fertigt man eine Quellenkritik an, bei der die Echtheit der Quelle untersucht und herausgestellt wird.

So wird das Quellenmaterial bspw. mit anderen, bereits gesicherten Quellen, verglichen. Dadurch wird herausgefunden, ob es Überschneidungen im verwendeten Material, im Inhalt oder in der Verarbeitung gibt. Diese Schritte sind nötig, um die Echtheit einer Quelle festzustellen.

Der Echtheitsnachweis ist wichtig, da ansonsten alle möglichen Dokumente auftauchen, als Geschichtsquelle ausgegeben werden und mitunter die Sicht auf die tatsächliche Geschichte verschleiern bzw. verändern. Und die Geschichtswissenschaft ist, wie jede andere „echte Wissenschaft“, einer Wahrheitsfindung verpflichtet. Dies macht die Arbeit von Historikern besonders schwer, da sie bei jedem neuen Dokument eher skeptisch als euphorisch sein müssen.

Diese Skepsis hat sich bspw. bewahrheitet, als im Jahr 1983 die Hitler-Tagebücher durch das Nachrichtenmagazin Stern veröffentlicht wurden. Die Tagebücher wurden von dem deutschen Maler Konrad Kujau erstellt, waren eine Fälschung und wurden für 9,3 Millionen DM an den Stern verkauft.

In verschiedenen Untersuchungen wurde die Echtheit der Quelle geprüft, dazu das verwendete Material untersucht und analysiert. Bei der Buchbindung wurden allerdings Materialien verwendet, welche es zum Zeitpunkt des Zweiten Weltkrieges noch nicht gab. Somit wurde bewiesen, dass die Tagebücher keine historische Quelle sein konnten.

Wären die Hitler-Tagebücher als echt zertifiziert wurden, wäre deren Inhalt in die Geschichtswissenschaft eingeflossen, hätte das Bild von Adolf Hitler nachträglich verändert und somit die Geschichte verändert. Um solche Geschichtsverfälschungen zu verhindern, müssen historische Quellen genauestens untersucht werden, niemals einfach so hingenommen – sondern immer hinterfragt werden.

Bei Geschichtsdarstellungen, wie sie in Filmen, historischen Romanen oder bei den Werken von William Shakespeare (historia) stattfinden, findet keine Echtheitsprüfung durch die Wissenschaft statt. Denn kein Wissenschaftler wird seine Erkenntnisse über die Geschichte aus einem Film oder Roman beziehen.

Unterschiedliche Bedeutung für die Geschichtswissenschaft

Jeder historische Film oder Roman kann eine Darstellung der Geschichte sein. Die Darstellung kann dem Erkenntnisstand der Geschichtsforschung entsprechen oder leicht abgewandelt werden, um die Handlung spannender, ereignisreicher oder zuschauerfreundlicher zu gestalten.

Doch die verarbeiteten Ereignisse in einem Roman oder Film sind in eine historische Rahmenhandlung eingebettet, deren Bandbreite durch den Erkenntnisstand der Geschichtswissenschaft definiert sind. Auch ein Lehrbuch über Geschichte ist eine Geschichtsdarstellung, welche sich in den Bandbreiten der historischen Erkenntnis bewegt.

Die Erkenntnisse der Geschichte werden aus historischen Quellen gewonnen und schließlich in historischen Darstellungen verarbeitet. Und jede echte Geschichtsquelle dient als Mosaikstück, welche die Rekonstruktion der Geschichte ermöglicht oder erweitert. Diese Quellen müssen deshalb sorgfältig geprüft und historisch richtig eingeordnet werden, so dass sich das Gesamtbild eines vergangenen Ereignisses inhaltlich erweitern lässt.

Unterschiede ergeben sich durch den Forschungsschwerpunkt

Mitunter hängt die Abgrenzung zwischen Darstellung und Quelle auch vom Forschungsschwerpunkt ab, welchem nachgegangen wird. So schrieb der Geschichtsschreiber Manetho, welcher im 3. Jahrhundert v. Chr. in Ägypten lebte, ein Geschichtswerk – namens Aegyptiaca.

Zu dieser Zeit wurde Ägypten bereits fremdregiert und die griechische Dynastie der Ptolemäer stellten die letzten Pharaos, bevor die Römer auch dieses Gebiet unterwarfen.

Manetho fertigte also für die Griechen eine Geschichtsdarstellung an, damit der damalige Pharao Ptolemaios II. die Geschichte Ägyptens besser verstehen würde. In seiner Aegyptiaca gliederte Manetho die 4000 Jahre alte Geschichte Ägyptens nach Dynastien.

Einige Teile der Aegyptiaca sind, im Laufe der Geschichte, verschwunden und wurden neu verfasst. Andere Teile wurden übersetzt oder abgeschrieben. Letztlich stellt die Vervielfältigung und auch die originale Aegyptiaca lediglich eine Darstellung der altägyptischen Geschichte dar.

Doch Manethos Werk wird als Geschichtsquelle angesehen. Und die Einteilung nach Dynastien wurde in der Ägyptologie übernommen. Zwar fassen modernere Darstellungen die Dynastiezeiten in Reiche zusammen und stellen eine Reichsgründung und Reichsteilung in den Mittelpunkt, wodurch das Alte Reich, das Mittlere Reich und das Neue Reich sich als Konvention durchsetzen. Aber auch diese Reichsdarstellung basiert auf Manethos Dynastiedarstellung.

Ähnliche Geschichtsdarstellungen, welche ebenfalls den Status einer Geschichtsquelle erhielten, stammen von antiken Geschichtsschreibern – wie Georgios Synkellos (Byzanz) oder Herodot.