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Warum zählt Geschichte zu den Geisteswissenschaften


Geisteswissenschaft ist eine Sammelbezeichnung für verschiedene Fachbereiche, in denen der Mensch als kulturschaffendes Subjekt im Mittelpunkt steht. Anders als die Naturwissenschaften basieren Geisteswissenschaften nicht auf Experimente, Stichproben und empirische Daten, sondern auf Verstehen, Nachvollziehen und Begreifen. Die Geschichtsforschung und auch die daraus resultierende Geschichtsdarstellung sind zwei Elemente der Geschichte, welche auf den Prinzipien der Geisteswissenschaften aufbauen.

Warum ist Geschichte eine Geisteswissenschaft

Geisteswissenschaft lässt sich anhand der Unterschiede zur Naturwissenschaft erklären. Die Prinzipien der Naturwissenschaften sind Gesetze und Regeln (Naturgesetze), welche die Forschenden zu ergründen versuchen. Dabei wird eine Gesetzmäßigkeit anhand von Daten gemessen, nachgewiesen und angezweifelt. Solche Naturgesetze sind bspw. die Gravitation oder die Gesetze der Thermodynamik. In Versuchsreihen kann man diese Gesetze experimentell nachweisen, mathematisch abbilden und empirisch auswerten.

Die Geschichtswissenschaft kennt solche Gesetze nicht. Stattdessen müssen historische Quellen analysiert werden, deren Wahrheitsgehalt als richtig empfunden und diese in den historischen Kontext eingeordnet werden. Dadurch entsteht ein Ausschnitt aus der Vergangenheit, welcher – aufgrund anderer Teilausschnitte – als plausibel empfunden wird oder weiter angezweifelt wird. Belege für geschichtliche Ereignisse sind demnach lediglich Geschichtsquellen – wie Urkunden, Analen, Chroniken oder archäologisch belegbare Sachquellen (z.B. Vasen, Häuser)

Geschichte soll nicht erklärt, sondern verstanden werden

Naturwissenschaften können nicht verstanden werden. Stattdessen können lediglich gewisse Gesetze beobachtet werden, welche immer wiederkehrend sind. Dadurch ergibt sich eine scheinbare Logik in der Gesetzmäßigkeit. Aber diese Logik basiert lediglich auf eine beobachtbare Wiederholung. Das bedeutet, dass Naturgesetze keiner Logik unterliegen, sondern sich die Logik erst durch wiederholende Beobachtung scheinbar einstellt.

Logik ist demnach kein Naturgesetz, sondern – genauso wie die Mathematik – ein Regelwerk, um Wissenschaft erklärbar zu machen.

Die Geschichtswissenschaft unterliegt auch keiner Logik und ein logisches Regelwerk für die Geschichtsforschung anzusetzen, wäre unangebracht. Stattdessen soll Geschichte verstanden werden. Es ist demnach eine erklärende Wissenschaft, in welcher Ursachen und Folgen historischer Ereignisse angeführt werden. Aber anders als in den Naturwissenschaften – unterliegt die Geschichte keiner Wenn-Dann-Logik. Und Ursachen und Folgen können für Ereignis niemals vorausgeahnt werden, sondern erst im Nachhinein bestimmt werden.

Sämtliche Naturwissenschaften können Ursachen und Folgen lediglich als Modell abbilden, wobei stets nach gegensätzlichen Argumenten gesucht wird. In der Geschichte werden Ursachen und Folgen stattdessen als „wahr“ angenommen, wodurch sich ein Erzählstrang ergibt. Durch die Erzählform ist der Begriff „Geschichte“ in der deutschen Sprache auch verwässert worden, da die Erzählung ebenfalls als Geschichte bezeichnet wird. (z.B. Gute-Nacht-Geschichte).

Literatur

  • Stefan Haas, Geschichtswissenschaft: Eine Einführung, ISBN: 3825254011*
  • Stefan Jordan, Theorien und Methoden der Geschichtswissenschaft (Orientierung Geschichte), ISBN: 3825257606*
  • Christoph Cornelißen, Geschichtswissenschaften: Eine Einführung, ISBN: 359614566X*
  • Mehr Geschichtsbücher

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